29 maj 2013

Nils Fredrik Sander und populärwissenschaftliche Mythologie

Nils Fredrik Sander wurde am 26. September 1828 als Sohn des Landwirts Lars Nilsson und dessen Frau Cathrina Larsdotter in Vintrosa in Närke geboren und starb am 30. Mai 1900 im Alter von 71 Jahren in Stockholm. Sander war nie verheiratet.

Über die Kindheit und die Jugend von Nils Fredrik Sander ist nichts bekannt, außer dass er in  Örebro die Schule besuchte, dort 1850 die Hochschulreife ablegte um anschließend an der Universität Uppsala zu studieren. Sander beendete sein Studium im Jahre 1857 mit einem Magister in Philosophie und begann anschließend als Notar im Priesterstand zu arbeiten.

Nils Fredrik Sander, Foto: Ölands Hembygdsförbund, Himmelsberga, Fotograf: W. A. Eurenius & P. L. Quist, Stockholm, Sammlung: Familjen Hildebrand, Skedemosse, Köping, Öland

Wann Nils Fredrik Sander zu schreiben begann, ist ebenfalls nicht bekannt, sicher ist jedoch, dass er 1853, im Alter von 25 Jahren, der Svenska Akademien ein Manuskript mit 600 Seiten vorlegte damit diese seine Gedichte bewerten sollte. Die Lyrik von Sanders wurde nicht nur für sehr gut befunden, sondern die Akademie wählte auch 33 seiner Gedichte aus und verlieh ihm dafür den großen Preis der Svenska Akademien. Das gesamte Werk sollte dann jedoch erst im Jahre 1858 unter dem Titel Den fallande stjernan: sånger till Selma erscheinen.

Bereits am 1855 arbeitete Nils Fredrik Sander, gemeinsam mit Robert von Kraemer, Carl Rupert Nyblom und Carl August Strandberg am Poetischen Kalender Qvartetten mit und wiederum ein Jahr später veröffentlichte Sander seinen ersten Gedichtband unter dem Titel Karlvagnen in dem auch einige seiner Werke des Selma-Zyklus zu finden waren.

Dass Nils Fredrik Sander, der vom Elternhaus her keinerlei Beziehungen aufbauen konnte, bereits mit seinen Liebesgedichten an Selma einen so bedeutenden Erfolg hatten, kann mehrere Gründe haben, denn zum einen waren diese Gedichte sehr stark von Frans Michael Franzén und von Bernhard Elis Malmström beeinflusst, die beide bereits früher den großen Preis der Svenska Akademien erhalten hatten, und zum anderen konnte er bereits während seines Studiums die Bekanntschaft von Oscar II. machen, dem Sander wertvolle Tipps gab als dieser eine Gedichtsammlung bei der Akademie einreichen wollte.

Nach der Veröffentlichung der Gedichtsammlung an Selma im Jahre 1958 bleibt der Dichter längere Zeit stumm. Als Nils Fredrik Sander dann 1870 erneut an die Öffentlichkeit tritt, hat er eine bedeutende Wandlung erlebt, denn Sander hat sich in der Zwischenzeit sehr intensiv mit der neugriechischen Literatur und vor allem mit der nordischen Mythologie beschäftigt und er wirkt sowohl als Übersetzer als auch als wissenschaftlicher Autor, der mehrere sehr bedeutende Studien über die Edda vorlegt. Mit seiner Übertragung der Sage Sämund den Vises Skaldeverk gelingt es Sanders nicht nur ein historisches Werk in modernem Schwedisch zu präsentieren, sondern er kann auch 25 Künstler dazu gewinnen, das Werk mit 170 Zeichnungen zu ergänzen.

In dieser zweiten Schreibphase von Nils Fredrik Sander entstehen nur noch wenige Gedichte und der Autor entwickelt sich mehr und mehr zu einem wissenschaftlichen Schriftsteller, der die schwedische Vorzeit wieder lebendig macht. Da Sanders jedoch nur mit den ältesten Texten arbeitet und die Sagen und Skaldenstücke auf eine neue Weise interpretiert und übersetzt, gewinnt er in dieser Zeit zahlreiche Feinde, die den „klassischen“ Weg Schwedens in der Mythologie sehen wollen und keine Modernisierung.

Die modernen Übersetzungen der nordischen Mythologie waren auch das größte Hindernis für eine Wahl in die Svenska Akademien, denn diese Werke wurden damals als persönliche Phantasie des Autors betrachtet. Erst als Nils Fredrik Sander davon Abstand genommen hatte, wurde er 1889, nach Vilhelm Erik Svedelius, auf den Stuhl Nummer 7 der Akademie gewählt.

Als Nils Fredrik Sander seine mythologischen Werke schrieb, schuf er im Grunde, parallel zu Viktor Rydberg, eine neue Art der Literatur, denn er bearbeitete historischen Stoff mit romantechnischen Methoden und legte daher mehr Wert auf das Verständnis eines Textes als seine wörtliche Übersetzung, was auch Ende des 19. Jahrhunderts noch einen Widerstand unter den Historikern und Politologen verursachte, die in der nordischen Mythologie immer noch den Ursprung der Welt sahen und für die die Edda mit einer Bibel oder einem Koran verglichen werden muss, die nicht interpretiert werden durften.

Nils Fredrik Sander gehört zu den schwedischen Schriftstellern, die heute nahezu vergessen sind und nur noch wenige seiner Gedichte werden in den Anthologien zur schwedischen Dichtkunst aufgenommen. Dies liegt jedoch nicht nur daran, dass er ab 1870 zur populärwissenschaftlichen Literatur überging, sonder auch daran, dass er sich damit mehr und mehr von den einflussreichen Kreisen des Landes entfernte, ein Problem, das ihn gewissermaßen bis heute verfolgt, da Literaturwissenschaft selten Forschung bedeutet, sondern herkömmliche Linien zu übernehmen.

Copyright: Herbert Kårlin

Inga kommentarer:

Skicka en kommentar