30 juni 2013

Carl Grimberg und die schwedische Geschichte für Jedermann

Carl Grimberg wurde am 22. September 1875 als Sohn des Volksschullehrers Joel Grimberg und dessen Frau Charlotta Andersson in Göteborg geboren und starb am 11. Juni 1941 in Djursholm bei Stockholm. Grimberg war ab 1919 mit Freiherrin Eva Carlsdotter Sparre verheiratet.

Über die Kindheit und die Jugend von Carl Grimberg ist nichts bekannt, so dass seine Biographie im Jahre 1893 mit der Hochschulreife in Göteborg beginnt. Noch im gleichen Jahr schrieb sich Grimberg an der Universität Göteborg ein um dort Geschichte und nordische Sprachen zu studieren. Im Jahre 1896 machte er die Kandidatur in Philosophie, sechs Jahre später das Lizenziat und 1903 schloss er seine Studien endgültig mit einer Doktorarbeit ab.

Carl Grimberg, Svenska folkets underbara öden, Oscar II:s tid, Ungdomsupplaga, Norstedt, Stockholm, 1928

Wie um diese Zeit die Mehrheit der Absolventen humanistischer Studien, so wählte auch Carl Grimberg nach der Universität die Lehrerlaufbahn. Während er während seiner Studien noch in Göteborg unterrichtete, ging er nach dem Doktorat an die Lundsbergs skola, die er jedoch bereits 1906 gegen eine Dozentur in Geschichte an der Universität in Göteborg eintauschte, wobei Grimberg ab 1907 zusätzlich mit einem Lektorat in Uppsala betraut wurde. Aber schon 1908 gab er das Lehramt auf und akzeptierten das Angebot Norstedts dort als literarischer Berater zu arbeiten.

Seine literarische Aktivität begann Carl Grimberg im Jahre 1907 mit Lehrbüchern für die Grundschule, die Realschule und das Gymnasium. Während der rechte Flügel des Landes diese Werke nahezu überschwänglich lobte, zeigte sich der linke Flügel unter Hjalmar Branting eher kritisch und verurteilte die Werke als nationalistisch und als Kriegsverherrlichung. Dies ging schliesslich so weit, dass die Werke Grimbergs im Parlament diskutiert wurden, was jedoch seinen positiven Ruf nur vergrößerte. Da Grimberg sich jedoch politisch unabhängig zeigen wollte, begann er die nationalistische Tendenz der Werke abzumindern und erreichte damit eine umfassende Popularität.

Im Jahr 1910 hatte Carl Grimberg dann die Idee eine komplette Geschichte Schwedens zu schreiben, die zwischen 1913 und 1924 unter dem Titel Svenska folkets underbara öden erschien. Sein Verleger war nicht sehr leicht von der Idee zu überzeugen, aber als der Schriftsteller auf jeden Vorschuss verzichtete, wagte er im Jahr 1913 das erste Heft der Reihe.

Die Bedenken des Verlegers waren berechtigt, da um diese Zeit sehr viele Autoren eine schwedische Geschichte schrieben, aber keiner unter ihnen auch den Durchbruch erreichte. Hier zeigte sich der Vorteil von Carl Grimberg, der nicht nur extrem belesen war und die gesamte Geschichte des Landes kannte, sondern auch in der Lage war den Stoff auf eine unterhaltsame populärwissenschaftliche Weise darzustellen, was keinem seiner Konkurrenten gelungen war.

Der Erfolg von Carl Grimberg lag allerdings nicht nur an seiner Fähigkeit die schwedische Geschichte lebendig zu machen, sondern er folgte auch den Spuren von Anders Fryxell, dessen Geschichtswerk mittlerweile veraltet war, aber den gleichen Enthusiasmus spiegelte und der steigende Erfolg lag auch daran, dass Grimberg im Jahre 1919 die Verlagsfrau Eva Sparre heiratet, wodurch auch der Schriftsteller ein Mitglied des ältesten Hochadel Schwedens wurde, was ihm jede Tür öffnete.

Im Gegensatz zu Fryxell lieferte Carl Grimberg eine nahezu vollständige Geschichte Schwedens in der auch das Bergwerk, die Landarbeit, das Schulwesen oder die Hexenverfolgungen zu finden sind, was letztendlich auch dazu führte, dass das Werk in zahlreichen Auflagen veröffentlicht wurde und noch heute eines der wichtigsten kulturgeschichtlichen Werke Schwedens ist, zumal der Schriftsteller immer wieder Originaldokumente zitiert und Quellen nennt.

Natürlich darf dieses Sammelwerk nicht als moderne populärwissenschaftliche Geschichte betrachtet werden, denn Carl Grimberg schreibt im Geiste der Zeit und macht die schwedische Bevölkerung zum Übermenschen, während Dänen und Russen eher zu Gaunern und Schurken gehören. Grimberg verherrlicht natürlich auch kritiklos die Errungenschaften von Engelbrekt Engelbrektsson, Gustav Vasa oder Gustav II. Adolf und spiegelt daher die schwedische Gedankenwelt und wissenschaftliche Strömung zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Auf Grund des enormen Erfolges des Werkes Svenska folkets underbara öden erlaubte ihm Norstedt sich ab 1926 ganz dem Verfassen eines Folgewerkes zu widmen, einer Weltgeschichte. Mit diesem Sonderabkommen wurde Carl Grimberg einer der ersten schwedischen Schriftsteller, die ausschließlich vom Schreiben leben konnten und dabei auch noch gut lebten, denn einen Großteil des Werkes schrieb der Autor auf seinem Segelboot mit dem er oft im Mittelmeer unterwegs war.

Allerdings konnte Carl Grimberg seine Weltgeschichte nicht mehr zu Ende führen und kam nur noch bis zum Jahre 1715 da er dann in seinem Heim in Djursholm starb.

Copyright: Herbert Kårlin

29 juni 2013

Gösta Oswald, ein Sprachkünstler der schwedischen Literatur

Gösta Oswald wurde am 9. Juni 1926 als Sohn des Typographen Eric Gustaf Adolf Oswald und dessen Frau Judit Blenda Östeberg in Stockholm geboren und ertrank am 26. Juli 1950 im Alter von 24 Jahren bei Väskinde vor der Küste Gotlands. Oswald war ab 6. April 1950 mit der Journalistin Jörel Emfred Jöransdotter Sahlgren verheiratet.

Der spätere Schriftsteller Gösta Oswald wuchs in sehr bescheidenen Verhältnissen auf, da die Familie sich mit einem einzigen Zimmer begnügen musste, wobei sich der Junge sehr früh mit Kunst beschäftigte, denn mit zwölf Jahren versuchte er bereits Hjalmar Söderberg mit seinen Stockholmschilderungen nachzueifern und mit 16 begann er bei Erland von Koch Komposition und Musiktheorie zu studieren. Seine frühen literarischen Versuche waren zwar nicht ausgereift, aber schon um diese Zeit verband er Musik mit Schriftstellerei und gab seinen Worten und Sätzen einen Klang.

Gösta Oswald, Skrifter I - Den andaktsfulle visslaren. Christinalegender, Bokförlaget Atlantis, Stockholm, 2000

Nach seinen Musikstudien schien sich Gösta Oswald jedoch für eine Karriere als Komponist vorzubereiten, denn ab 1942 schrieb er mehrere Werke für das Piano, die leider bis heute kaum nach ihrem wahren künstlerischen Wert ausgewertet wurden und lediglich eine einzige seiner Kompositionen erschien 1968, also lange nach seinem Tod, auf Schallplatte.

Als Gösta Oswald seine Musikstudien begann, wechselte er auch in das Stockholmer Gymnasium Norra Latin, wo er aus seiner künstlerischen Isolation, die er während der Hauptschulzeit empfand, befreit wurde, denn hier kam er in die gleiche Klasse wie Vilgot Sjöman und in der literarischen Vereinigung Concordia traf er auf Lars Forsell und Carl-Eric Nordberg, die die gleichen Interessen hatten wie er selbst. Da Oswald zwischen 1943 und 1946 eine rege Korrespondenz mit Sjöman führte, kann man dem Schaffensdrang des Autors in jener Epoche in längeren Zügen folgen.

Im Jahre 1945 legte Gösta Oswald die Hochschulreife ab und arbeitete den Sommer über als Privatlehrer bei Eksjö, bevor er sich im Herbst an der Universität Stockholm einschrieb. In diesen Monaten muss der Schriftsteller auch mit seinem Lyrikband Den andaksfulla visslaren begonnen haben, seinem ersten Buch, das bereits im Herbst des Folgejahres beim Bonniers förlag erschien und von der ersten Sekunde an die Kritiker überzeugte, da Oswald eine lyrische Reife zeigte, die so mancher Lyriker nie erreicht.

Da die ersten Gedichte von Gösta Oswald im Aufbau und Stil jenen von Erik Lindegren nahe kamen, wurde Oswald mit seinen Werken unmittelbar in die Diskussion um den Modernismus einbezogen, was den Autor dazu veranlasste innerhalb von zwei Tagen sein künstlerisches Manifest Nysymbolismen zu schreiben und er beginnt an seinem Meisterwerk, den Christinalegender zu schreiben, einem Werk, das erst posthum erschien. Auch wenn bei diesem Werk die Ausgangsfigur Christina von Stommeln ist, so bearbeitet Oswald in diesem Werk alle großen Denker der Geschichte in mystischer Form, insbesondere die Frauen unterschiedlichster Epochen.

Mit seinem modernistischen Prosaklassiker En privatmans vedermödor, den Gösta Oswald im Jahre 1949 unter dem Pseudonym Peter Sergius veröffentlicht, legt der Schriftsteller einen Roman über die Eifersucht vor, ein Werk, das die Kritiker mit Friedrich Hölderlins Hyperion vergleichen und sein Verhältnis zur Norwegerin Ranveig Boleyn-Drewry schildert mit der er zwischen 1946 und 1950 ein sehr intensives Verhältnis mit zahlreichen Höhepunkten und vielen Tiefpunkten hatte.

Im Frühjahr 1949 erhält Gösta Oswald ein Reisestipendium, das ihn in Begleitung von Axel Liffner erst nach Irland führt und anschließend nach Paris, wo er Kontakt mit Erik Lindegren, Rut Hillarp und anderen schwedischen Autoren aufnimmt.

In Paris machte Gösta Oswalds Roman Rondo, den er in Irland begonnen hatte, große Fortschritte, bis der Schriftsteller erfährt, dass Ranveig für ein Jahr nach Amerika gehen wird. Der Roman bleibt nun liegen und Oswald kehrt nach Schweden zurück, nicht nur mit zersplitterten Gefühlen, sondern auch vollkommen pleite.

Erst als Gösta Oswald in Uppsala seine zukünftige Frau Jörel Sahlgren trifft, beginnt er wieder an Rondo zu arbeiten, einer Art mystischen Autobiographie. Als von den fünf Teilen des Romans zwei abgeschlossen sind und drei als Fragmente existieren, ertrinkt Oswald vor Gotland. Seine Frau veröffentlichte den Roman anschließend unvollendet, hatte ihn jedoch leicht bearbeitet, damit er für den Leser verständlich wurde.

Obwohl Gösta Oswald bis zu seinem frühen Tod nur sehr wenige Werke veröffentlichte, zählt er mit zu den bedeutendsten Autoren Schwedens der 40er Jahre und beeinflusste zahlreiche andere Autoren durch seine musikalische Lyrik und Poesie. Noch heute wird er als einer der großen Sprachkünstler der schwedischen Literatur bezeichnet. Seine Werke wurden im Jahre 2000 von der Svenska Akademien in der Reihe Svenska Klassiker in zwei Bänden veröffentlicht.

Copyright: Herbert Kårlin

28 juni 2013

Karl Gabrielsson, der erste Arbeiterdichter Schwedens

Karl Gabrielsson wurde am 20. Juni 1861 als Sohn des Eisenbahnarbeiters Olaus Gabrielsson und dessen Frau Stina Kajsa Eriksdotter in Fredsberg geboren und starb am 31. Oktober 1901 im Alter von 40 Jahren in Stockholm. Gabrielsson war ab 1890 mit Klara Maria Karlsdotter verheiratet.

Auch wenn man über die Kindheit und die Jugend von Karl Gabrielsson nicht viel weiß, so ist sicher, dass er in sehr armen Verhältnissen aufwuchs und als Kind nur die notwendigste Schulbildung jener Zeit erhielt. Mit 17 begann Gabrielsson im Bergbau zu arbeiten, eine Tätigkeit, die er bis 1891 fortsetzte. Die letzten beiden Jahre als Bergmann war der Schriftsteller, der sich sehr früh der Gewerkschaftsbewegung anschloss, Sprecher der Grubenarbeiter.

Karl Gabrielsson (Karolus), Glömmen oss ej!, ABF Skaraborg, 1991

Durch die Gewerkschaftsarbeit wurde Karl Gabrielsson auch sehr bald klar, dass er Bildung benötigte, die er sich zwischen 1883 und 1888 beim Orden der Guttempler holte, einer Organisation, die um diese Zeit nicht nur den Alkoholkonsum bekämpfte, sondern Arbeitern auch eine breite Bildung verschaffte.

Da die Schulbildung allein den Wissensdurst von Karl Gabrielsson nicht stillen konnte, begann er in dieser Epoche so oft wie möglich Vorlesungen am Arbeiterinstitut in Stockholm zu besuchen, wo Gabrielsson auch die gebildetere Arbeiterschicht traf, die später einen bedeutenden Einfluss auf die Sozialisierung des Landes haben sollte.

In der gleichen Epoche versuchte sich Karl Gabrielsson auch als Dichter, wobei bereits seine ersten Versuche im Nya Sverige, in Kasper und im Social-Demokraten abgedruckt wurden, was den Arbeiterdichter dazu ermunterte literarisch weiterzuarbeiten, auch wenn seine politische Arbeit immer ausgedehnter wurde und Gabrielsson ab 1898 auch im sozialistischen Zentralverband in Stockholm sehr aktiv war und sowohl am Parteikongress 1894 in Göteborg als auch jenem 1897 in Stockholm teilnahm.

Karl Gabrielsson, der ein naher Freund Hjalmar Brantings war, gilt als Idealist der Arbeiterbewegung, der, vermutlich unter dem Einfluss der Guttempler, Bildung als den Schlüssel sah, der den Arbeitern den Weg in die Zukunft bieten kann, wobei der Schriftsteller dabei Viktor Rydberg als Ideal und Vorbild betrachtete.

In der Bibliothek des Arbeiterliteraten Karl Gabrielsson fand man eine große Breite an Literatur, die von William Shakespeare, Johann Wolfgang von Goethe und Miguel de Cervantes bis Arthur Schopenhauer und Karl Marx führte, wobei Gabrielsson in seinem Bestreben den Arbeiter zu bilden, außer einem Teil der Werke von Karl Marx und Engels, auch Gotthold Ephraim Lessings „Nathan der Weise“ übersetzte.

Neben den Übersetzungen und dem Schreiben von eigenen Werken setzte sich Karl Gabrielsson auch dafür ein kulturelle Beiträge im Folkbladet, bei dem er seit 1894 als Redakteur arbeitete, zu veröffentlichen, denn im Gegensatz zu den Kämpfern der Arbeiterbewegung, die auf Streik und einen materiellen Kampf setzten, war es Gabrielsson wichtiger den ideellen Marxismus von Karl Marx zu verbreiten und war davon überzeugt, dass man den Arbeitern nur Wissen bieten musste, damit sie am Wohlstand teilhaben können. In diesem Punkt stand Gabrielsson Ellen Key mit ihrem positiven Denken näher als den Kämpfern der Arbeiterbewegung jener Tage.

In den wenigen Jahren, die Karl Gabrielsson zum Schreiben hatte, war er extrem produktiv, da er neben Gedichten, Novellen, Kurzbiografien, Naturschilderungen und Nachrufen auch kulturelle Artikel und soziale Reportagen in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichte. Leider wurden nur sehr wenige seiner Werke, die er unter dem Pseudonym Karolus veröffentlichte, später neu aufgelegt oder in Sammelwerken mit aufgenommen.

Zudem gelang es Karl Gabrielsson nie mit seiner Lyrik, die mit zur ausdrucksfähigsten seiner Epoche zählt, auch als Arbeiterdichter anerkannt zu werden, da er für die „gehobenen“ Literaten zu sehr Arbeiter war und für viele Arbeiter zu intellektuell, was ihm als Schriftsteller eine Randposition gab.

Bedauerlicherweise starb Karl Gabrielsson bereits im Jahre 1901, vermutlich an den Folgen einer Erkältung oder Lungenentzündung, die er sich bereits während der Maidemonstration 1899 zugezogen hatte. Die Arbeiterpartei Schwedens veröffentlichte im Jahre 1902 posthum die gesammelten Gedichte des Schriftstellers.

Copyright: Herbert Kårlin

27 juni 2013

Tove Jansson schrieb nicht nur Mumintrollen

Tove Jansson wurde am 9. August 1914 als Tochter des finnischen Skulpteurs Viktor Jansson und der schwedischen Illustratorin Signe Hammarsten in Helsingfors (Helsinki) geboren und starb am 27. Juni 2001 ebenfalls in der finnischen Hauptstadt. Jansson hatte im Laufe ihres Lebens mehrere Verhältnisse mit beiden Geschlechtern, war jedoch nie verheiratet.

Die Illustratorin und Schriftstellerin Tove Jansson wuchs in einer typischen Künstlerfamilie auf in der nahezu jeder Tag ein neues Abenteuer war. Die Winter verbrachte das Mädchen mit der Familie im Atelier und die Sommer auf Blidö in den Schären vor Stockholm. Sehr früh war Jansson klar, dass auch sie Künstlerin werden wolle, was auch dazu führte, dass sie mit 15 von der Schule abging um mit 16 am Konstfack in Stockholm, später auch in Helsingfors und Paris Kunst studierte. So nebenbei begann die Künstler auch zu schreiben und schließlich verband sie beides zu einem einzigen künstlerischen Beruf.
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Tove Jansson, Det osynliga barnet, Förlag Alfabeta, Stockholm, 2004, Illustration: Tove Jansson

Als Illustratorin begann Tove Jansson kurz vor dem Zweiten Weltkrieg für die satirische schwedischsprachige Zeitschrift Garm in Helsingfors zu arbeiten. Ihre Zeichnungen waren über Jahre hinweg ein Protest gegen Hitler und die finnische Zusammenarbeit mit dem Nazideutschland, was jedoch ein gewisser Widerspruch ist, da man Garm eine Nähe zur rechten Politik des Landes zusprach. Die Signatur, die Jansson in dieser Zeit anwendet, ähnelt bereits dem späteren Mumintrollet.

Wann genau Tova Jansson ihr erstes Mumintroll-Buch schrieb, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Sicher ist nur, dass der erste Band im Jahre 1945 erschien, wobei auch nicht bekannt ist inwieweit ihr Bruder Lars Jansson bereits an diesem ersten Buch mitarbeitete, da die offizielle Zusammenarbeit erst im Jahre 1958 beginnt und die Arbeit anschließend immer mehr vom Bruder übernommen wird.

Der Durchbruch kam für Tove Jansson mit dem Buch Trollkarlens hatt im Jahre 1948, dem dritten Band aus der Reihe der Mumins, da dieser Band auch ins Englische übersetzt wurde und anschließend den Weg der Trolle in andere Länder öffnete. Bald kauften sich die Geschwister Jansson dann die Schäreninsel Klovharun bei Pellinge, die Tove im Jahre 1995 dem Heimatverein in Pellinge schenkte und heute im Sommer mit seiner Stuga gemietet werden kann.

Ab 1955 lebte Tove Jansson mit dem Illustrator und Professor Tuulikki Pietilä zusammen, ein Verhältnis, über das beide nie viel sprachen und heute von vielen Literaturkritikern als rein freundschaftlich bezeichnet wird und eine Familienfassade für die Umwelt gewesen sein kann. Als Janssons Mutter im Jahre 1970 starb, begaben sich auf jeden Fall Jansson und Pietilä auf eine lange Reise, die auch ein Bruch im Schaffen der Schriftstellerin mit sich brachte.

Nach Ende der Reise illustriert zwar Tove Jansson noch einige Kinderbücher, aber sie ging nicht mehr an die neunbändige Serie der Mumintrollen, die sie nun als abgeschlossen empfand. In den Folgejahren erscheinen, außer zwei autobiographischen Werken, insbesondere Novellen und Romane für Erwachsene, die jedoch weitaus weniger als ihre „Trollbücher“ ankommen, denn ihr Name wird zu sehr mit der Sagenwelt der Mumintrolle verknüpft

Den persönlichsten Roman veröffentlicht Tove Jansson im Jahre 1989 unter dem Titel Rent spel, die Geschichte der Freundschaft von zwei Frauen, die beide Künstlerinnen sind und in zwei Wohnungen des gleichen Hauses leben. Es geht hierbei um Annäherung, um Kompromisse und das gemeinsame Überleben in den Veränderungen der Welt und auch der persönlichen Beziehung.

Alle Bücher von Tove Jansson, angefangen von ihren Kinderbüchern bis zu ihren Novellen und Romanen, kreisen um die Suche nach dem Sinn des Daseins, oft jenes eines Künstlers, der ständig unter dem Schaffensdruck steht und Angst vor einer kommenden Katastrophe hat. Ob diese Gedanken mit Janssons Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg kommen oder persönliche Erfahrung aus eigenen Beziehungen sind, ist unter Literaturwissenschaftlern umstritten und kaum zu beantworten, da Jansson sehr selten über ihre Gefühlswelt sprach.

Obwohl Tove Jansson auch Gemälde malte, das Lied Höstvisa schrieb, mehrere Bücher für Erwachsene veröffentlichte und J. R. R. Tolkiens Bilbo sowie Alice in Wonderland von Lewis Carroll illustrierte, so wird die Schriftstellerin und Illustratorin, der 1995 der Professorentitel verliehen wurde, bis heute fast ausschließlich mit den Mumins in Verbindung gebracht, die sie jedoch nur während eines kleinen Teiles ihres Lebens beschäftigten.

Tove Jansson erhielt für ihre Werke zahlreiche Auszeichnungen und Preise. Bereits 1953 wurde der Schriftstellerin die Nils Holgersson-Plakette verliehen, 1994 erhielt sie für ihre literarische Arbeit den großen Preis der Svenska Akademien und 1978 wurde Jansson die Ehrendoktorwürde der Universität in Åbo (Turku) verliehen.

Copyright: Herbert Kårlin

26 juni 2013

Jacob Mörk und die ersten Romane Schwedens

Jacob Mörk wurde Ende 1714 oder zu Beginn 1715 als Sohn des Getreidehändlers Hindrich Olofsson Mörk und dessen Frau Brita Larsdotter Bark in Stockholm geboren und starb am 26. Juni 1763 im Alter von 48 Jahren in Bro bei Uppsala. Mörk war ab 1745 mit Catharina Staaf verheiratet.

Da die Eltern von Jacob Mörk sehr früh starben, wuchs der Junge bei seinem Schwager, einem Seidenhändler, auf, der die Intelligenz Mörks sehr schnell entdeckte und ihn daher nach der Grundschule in Västerås nicht in seinem Geschäft aufnahm, sondern ihn auch das Gymnasium besuchen ließ und ihm anschliessend ermöglichte zwischen 1734 und 1739 an der Universität Uppsala zu studieren.

Jacob Mörk, Adalriks och Giöthildas äfwentyr, Zweiter Band, Peter Jöranson Nyström, 1743

Nach Abschluss seiner Studiums arbeitete Jacob Mörk erst einige Zeit als Privatlehrer im Bohuslän, legte dann jedoch im Jahre 1743 das Examen zum Priester ab und bereits ein Jahr später wurde er nach Bro geschickt um dort die relativ kleine Kirchengemeinde zu übernehmen. Trotz zahlreicher Bewerbungen in den folgenden Jahren gelang es Mörk nicht mehr diesen Ort zu verlassen.

Die ersten literarischen Versuche von Jacob Mörk gehen bis in seine Studienzeit zurück, als er Verse für Begräbnisse und einige Gedichte schrieb. Das einzige bedeutendere Werk dieser Zeit, eine Allegorie über die verschiedensten religiösen Bewegungen der Zeit, ist leider nicht in seiner Originalversion erhalten, sondern erschien erst 1757 in einer überarbeiteten Version. Schon dieses Werk zeigte jedoch den Kämpfer, der in Mörk steckte, was sich auch in Bro sehr stark auswirkte, als er aktiv gegen jeden nicht offiziellen religiösen Einfluss kämpfte.

Allerdings war Lyrik nicht die wahre Stärke von Jacob Mörk, denn seine Bedeutung innerhalb der schwedischen Literaturgeschichte gewann er erst mit seiner Prosa, wobei man Mörk oft auch den ersten Romanautor Schwedens bezeichnet, da der zwischen 1742 und 1744, in Zusammenarbeit mit seinem Studienkamerad Anders Törngren, seinen ersten Roman, und damit den ersten Roman Schwednes, unter dem Titel Adalriks och Giöthildas äfwentyr veröffentlichte. Durch den Stil des Buches liegt der Verdacht nahe, dass während des Fortschritts des Romans Mörk immer mehr die Oberhand über den Inhalt gewann und nur die ersten Teile in Kollaboration entstanden.

Auch wenn dieser erste Roman Jacob Mörks noch stark an die Heimskringla und die nordische Mythologie anlehnt ist und dabei auch klare Parallelen zum höfischen Roman des 17. Jahrhunderts aus Frankreich und Deutschland zeigt, den der Schriftsteller sehr gut kennen musste, so zeigt das Werk Mörks eine Besonderheit, denn er bringt in verschlüsselter Form auch die zahlreichen Probleme der damaligen Epoche in kritischer Weise in den Handlungen unter, wobei er hier so gekonnt arbeitet, dass diese Finesse der Zensur nicht auffiel.

Seinen zweiten Roman Thecla schrieb Jocob Mörk allein, wobei er hier zu einem biblischen Motiv griff und die Geschichte Palästinas als Hintergrund nimmt. Allerdings erfindet hier der Schriftsteller die Geschichte jener Zeit zum grossen Teil und schreibt vor allem über das Dreieckverhältnis von Nero, seiner Frau Sabina und Thecla. Mörk interessiert sich bei diesem Werk vor allem für die einzelnen Personen und deren Konflikte, wobei der Autor hier auch Elemente des Dramas verwendet.

Auch bei seinem Roman Thecla spielt Jacob Mörk immer wieder verschlüsselt auf damals aktuelle politische Ereignisse an und verficht seine Theorie, dass jede freikirchliche Bewegung den wahren Glauben zerstört. Mörk ist in seiner Einstellung als konservativer Royalist zu sehen, der die Größe Schwedens bei einem starken Königshaus und der ursprünglichsten Form des protestantischen Glaubens sieht.

Mit seinem Werk Printz Theodorik eller Dät öfvermodiga och straffvärda dårskapens rike hat Jacob Mörk im Jahre 1749 bei der Zensur dann jedoch weniger Glück, denn diese befand, dass lebende Personen in den Handlungen wiedererkannt werden können und bat den Schriftsteller daher das Werk zu überarbeiten, was jedoch bedeutete, dass es, zumindest offiziell, nie erschien. Mehrere Literaturwissenschaftler nehmen jedoch an, dass grosse Teile daraus etwas später anonym erschienen, was dem Charakter Mörks voll entsprechen würde.

Auch wenn es Jacob Mörk nicht gelang seine kirchlichen Vorgesetzten davon zu überzeugen, dass diese ihm eine größere und bedeutendere Gemeinde geben, so war die literarische Leistung des Schriftstellers bemerkt worden, denn er wurde 1949 in die Vetenskapsakademien gewählt und wurde dort innerhalb von zehn Jahren sechs Mal gebeten einen Ehrenrede zu verfassen.

Obwohl Jacob Mörk eine wichtige Rolle in der schwedischen Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts spielte, sind seine Leistungen heute nahezu vergessen und seine Werke sind in Archiven für die Allgemeinheit verschwunden.

Copyright: Herbert Kårlin

25 juni 2013

Willy Kyrklund und die existentielle philosophische Literatur Schwedens

Willy Kyrklund (Paul Wilhelm Kyrklund) wurde am 27. Februar 1921 als Sohn des Ingenieurs Gunnar Kyrklund und dessen Frau Ingeborg Hörhammer in Helsingfors (Helsinki) geboren und starb am 27. Juni 2009 im Alter von 88 Jahren in Danmark bei Uppsala. Kyrklund war ab 1945 in erster Ehe mit Birgitta Persdotter Ekwall und ab 1982 in zweiter Ehe mit Karin Kebbon verheiratet.

Seine ersten Lebensjahre verbrachte Willy Kyrklund in seinem Geburtsort. Als der Junge zehn Jahre alt war, zog die Familie nach Harlu in Karelien, was jedoch bedeutete, dass Kyrklund nur die Ferien bei den Eltern verbrachte, jedoch weiterhin das schwedische Gymnasium der finnischen Hauptstadt besuchte und beim Poeten Emil Zilliacus wohnte. Nach seiner Hochschulreife  im Jahre 1938 begann Kyrklund Ästhetik und Mathematik in Åbo (Turku) zu studieren. Er musste seine Studien jedoch abbrechen, da er 1940 zum Kriegsdienst einberufen wurde. Als er 1944 die Genehmigung für einen Aufenthalt an der Stockholmer Universität erhielt, blieb der Schriftsteller ganz in Schweden.

Willy Kyrklund, Prosa, Albert Bonniers Förlag, Stockholm, 1995

In Schweden begann der finnlandschwedische Willy Kyrklund erst in einem Architekturbüro auf Lidingö zu arbeiten, begann jedoch gleichzeitig seine literarische Karriere vorzubereiten. Kyrklund studierte dann in den 50er Jahren noch Philosophie, Chinesisch, Russisch und Mathematik in Stockholm, ein Studium, das er 1953 mit einem Kandidatenexamen in Philosophie abschloss.

Die literarische Aktivität Willy Kyrklunds reicht bis 1945 zurück, als er seine Novelle Prognos negativ bei einer Ausschreibung des Verlages Åhlen & Åkerlund einreichte und dabei den ersten Preis gewann. Im Jahre 1948 veröffentlichte Kyrklund dann seine erste surrealistische Novellensammlung Ångvälten, in der man auch seine Novelle Prognos negativ findet, und nur ein Jahr später erscheint der Roman Tvåsam in dem er die Bürokratie der Epoche mit ironischen philosophischen Gedanken aufnimmt. Dieser Roman zeigt noch gewisse Parallelen mit den Werken von Lars Gyllensten und Lars Ahlin und ist der Übergang zu einem persönlichen Schaffen Kyrklunds, der anschließend mit allen literarischen Konventionen bricht.

Der Durchbruch kommt für Willy Kyrklund im Jahre 1951 mit seinem Roman Solange, dem einzigen seiner Werke, das ein breites Publikum anspricht, da das Thema nahezu jeden Schweden der 50er Jahre betrifft. Die Hauptfigur Solange verteidigt hier ihre Träume, ihre Wünsche und ihre Verletzlichkeit gegen die schwedische Wirklichkeit, während ihr Gegenpol Hugo sich allen gesellschaftlichen Normen der Zeit unterwirft.

In den folgenden 20 Jahren findet man in den Werken von Willy Kyrklund immer mehr den Einfluss der fernöstlichen Philosophien, die er als eine Art Gegenpol zum westlichen Dominanzdenken sieht und vom Leser eine sehr gute Bildung und freies Denken fordert. Den Höhepunkt dieser Denkweise Kyrklunds findet man in seinem Werk Polyfem förvandlad aus dem Jahre 1964 in dem der Schriftsteller ausdrücken will, dass die gesprochene Sprache zum Ausdruck des Lebens und des Gefühls nicht ausreicht. Kyrklund überschreitet damit die Grenzen der literarischen Gesetze und zeigt sich gleichzeitig als Meister des Wortes und der Stilistik, auch wenn die Mehrheit der Leser dem Text teilweise hilflos gegenübersteht.

Ab 1980 geht Willy Kyrklund nahezu zu einem mathematischen Existentialismus über und greift dabei zur griechischen Mythologie, holt Elemente des Alten Testamentes und bearbeitet die Fragestellungen nach dem Inhalt des Lebens aus allen wissenschaftlichen Bereichen. Die Handlungen in seinen Büchern dieser Zeit bergen die Botschaft, dass es dem Menschen nur ums Überleben geht und er dabei alle anderen Werte auf der Strecke lässt. Auch wenn diese Werke in die Tiefe der Seele steigen, so begibt sich der Schriftsteller hier auf einen isolierten Weg, dem immer weniger Leser folgen, was auch ein Zeichen dafür sein kann, dass Kyrklund die Seele des Menschen literarisch entschlüsselt hat. Die Philosophie des Schriftstellers scheint dabei in vielen Punkten ein Fortsetzung des Werkes „Also sprach Zarathustra“ von Friedrich Nietzsche zu sein.

Vor allem in den 70er Jahren veröffentlichte Willy Kyrklund, außer Prosa, auch einige Schauspiele, die allerdings nur auf Experimentalbühnen, unter anderem jener des Dramaten in Stockholm, aufgeführt wurden. Auch hier bewegt sich der Schriftsteller auf mehreren Ebenen, die teilweise auf die persische Dichtkunst aufbauen und ein Dilemma zwischen Realität und Sprache aufzeigen.

Die Einmaligkeit und die Tiefe der Werke von Willy Kyrklund wurde von der literarischen Welt Schwedens erst ab den 80er Jahren erkannt, was wiederum dazu führte, dass sich die literarischen Preise in den 90er Jahren häuften. Kyrklund wurden in diesem Jahrzehnt der Pilotpreis, der Aniarapreis und der große nordische Preis der Svenska Akademien verliehen. Im Jahre 1995 wurde dem Schriftsteller, im Alter von 74 , auch die Ehrendoktorwürde in Philosophie der Universität Uppsala verliehen.

Copyright: Herbert Kårlin

24 juni 2013

Axel Ideström und die Kritik zur westlichen Religion

Axel Ideström wurde am 30. Juni 1873 als Sohn der Telegraphisten Gustav Leonard Ideström und dessen Frau Anna Elisabet Fornander in Kalmar geboren und starb am 17. April 1959 in Stockholm. Ideström war nie verheiratet.

Außer dass Axel Ideström in einem bürgerlichen Milieu aufwuchs und 1892 in Kalmar die Hochschulreife machte ist aus der Kindheit und der Jugend von Axel Ideström kaum etwas bekannt. Nach der Hochschulreife begann Idestöm im Telegraphieamt zu arbeiten, wo er langsam aufstieg und bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1935 tätig war.

Axel Ideström, Korsets seger. En romersk berättelse, Wahlström & Widstrand, Stockholm, 1917

Als Schriftsteller trat Axel Ideström mit seinem Roman Sarons Liljor erstmals im Jahre 1901 an die Öffentlichkeit, mit einem Roman bei dem die Hauptfigur Redakteur einer religiösen Zeitschrift ist, die Handlung dabei jedoch die christliche Lehre der Zeit als Satire behandelt.

Bereits mit diesem ersten Werk zeigt sich eine klare Linie von Axel Ideström, der die Ethik über die Religion stellt und das Dogma der Religion als bequem und damit gefährlich betrachtet, da sich der Glaube gegen die Freiheit der Person und die Freiheit des Denkens richtet. Ideström entwickelt bei seinen Werken daher die Theorie, dass der westliche Glaube zur Verlogenheit und Unehrlichkeit der Gesellschaft führt.

Diese Auseinandersetzung zwischen Religion und Ethik findet man auch in den Folgebänden des Schriftstellers Axel Ideström, der bereits 1903 mit En idealist seinen zweiten Roman vorlegt und die ethischen Fragen selbst bei seinem einzigen Arbeiterroman Snickar Logren im Jahre 1913 noch in den Vordergrund stellt, auch wenn der einzige Arbeiterroman des Schriftstellers zeigt, dass er das Leben der Arbeiter der Epoche nicht kennt und deren Dasein idealisiert.

Neben einigen theoretischen Abhandlungen zur Ethik und Religion beschäftigt sich Axel Ideström vor allem mit kulturhistorischen Studien, was dazu führt, dass er mehrere seiner Romane, Novellen und historischen Erzählungen in der Vergangenheit spielen lässt und der Schriftsteller auch in der Religion einen Schritt nach Rom oder Ägypten unternimmt um das Christentum unter den verschiedensten Warten zu beleuchten und die Schwachstellen der Religion immer wieder aufzuzeigen. Ideström wird dadurch einer der ersten Autoren Schwedens, die die unterschiedlichen Einstellungen und Glaubensrichtungen bereits als Konfliktsituation betrachten und damit in die Zukunft sehen.

Für Axel Ideström ist der Geschichtsroman immer eine Auseinandersetzung mit der Kultur eines Landes, wobei die Kultur wiederum vom jeweiligen Glauben getragen wird. Ideström hat hierbei intensive Forschungen betrieben und zeigt an Hand seiner Werke, dass er ebenso mit der Mythologie der frühen Glaubensrichtungen vertraut ist wie mit den verschiedensten Glaubensrichtungen der östlichen und westlichen Welt. Seine Romane sind daher eine bedeutende kulturelle Darstellung der multikulturellen Denkweise zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Im Laufe der Jahre zeigt Axel Ideström immer mehr die Neigung in seinen Romanen die östlichen Religionen über jene des Westens zu stellen, da, in seinen Augen, die westliche Religion den Krieg fördert während Buddhismus und Hinduismus eher die Tendenz haben Kriege zu vermeiden, da dort der neutrale ethische Gedanke in den Vordergrund gerät und daher auch eine größere Toleranz gegenüber anderen religiösen Strömungen zeigt.

Wenn Axel Ideström über Indien schreibt, so ist der Buddhismus natürlich nicht das Thema des Buches, sonder der Schriftsteller greift zu Naturschilderungen und Handlungen, die lediglich die Auswirkung des buddhistischen Denkens spiegeln. Die Stärke seiner indischen Romane ist umso erstaunlicher, da der Schriftsteller Indien erst 1930 besuchte und er seine Romane vorher ausschließlich auf Dokumentationsarbeit aufbaute.

Da Axel Ideström die westliche Ideologie in allen seinen Werken in Zweifel stellte und damit gegen den Strom schwamm, gelang es ihm nie wirklich in der literarischen Welt anerkannt zu werden in der der protestantische Glaube als Grundpfeiler galt. Seine Ideologie wurde in Schweden erst in den 70er Jahren offener aufgenommen, als der Schriftsteller bereits seit über zehn Jahren tot war. Aber gerade seine Kritik zur Religion macht Ideström zu einem Autor, der als Literat eine bedeutende Rolle in der Geschichte der schwedischen Literatur einnimmt und sehr persönliche Werke veröffentlichte. Ideström schrieb gegen die Intoleranz noch bevor sich die Mehrheit der Bevölkerung einen Gedanken zur Toleranz machte, sondern Ideologien als die größten Werte ansah.

Copyright: Herbert Kårlin

23 juni 2013

Martin Koch und die frühe Arbeiterliteratur Schwedens

Martin Koch wurde am 23. Dezember 1882 als Sohn des Graveurs Peter Iwar Koch und dessen Frau Agnes Viktoria Petersson in Stockholm geboren und starb am 22. Juni 1940 im Alter von 57 Jahren in Hedemora in Dalarna. Koch war in erster Ehe mit Hilda Ingeborg Gustavsson und in zweiter Ehe mit Signe Vilhelima Holmen verheiratet.

Die ersten Jahre seines Lebens verbrachte Martin Koch in einer kleinbürgerlichen Familie, die sozial jedoch am Abstieg war als der Vater sich zu einem Bohemien verwandelte, der nur noch sporadisch arbeitete und 1888 die Familie ganz verließ. Die willensstarke Mutter erzog ihre zwei Söhne dann in einer kleinen Wohnung auf Södermalm, wobei auf Koch jedoch beide Elternteile ihren Einfluss ausübten, denn durch den Vater kam er an die Musik und die Mutter brachte ihm die Literatur näher.

Martin Koch, Martin och Ingebrog, Briefe, Redaktion: Alli Svedberg, Sober Förlag, Martin Koch Sällskapet, 1996

Spannungen zwischen den beiden Brüdern führten dazu, dass Martin Koch zwischen 1893 und 1895 in Jönköping zur Schule ging und bei seinem Onkel mütterlicherseits wohnte. Die Sommer verbrachte der spätere Schriftsteller auf dem Lande in der Nähe von Strängnäs, was Koch dazu führte, dass er immer einen gewissen Gegensatz zwischen Land und Stadt sah und er das Leben auf dem Hof geradezu als idyllisch demokratisch bezeichnete.

Nachdem Martin Koch keine besonderen Leistungen in der Schule brachte, verließ er 1899 das Södra Latinläroverket in Stockholm ohne jeden Abschluss und begann anschließend eine Ausbildung als Maler, begleitet von Kursen an der Althins målarskola. Da ihm seine Berufswahl jedoch wenig zusagte, entschloss sich Koch im Jahre 1904 an der Kunstakademie zu studieren um anschließend als Maler, Musiker oder Skalde tätig zu werden. In diesem Punkt wollte Koch die Zukunft entscheiden lassen.

Die ersten Gedichte, die allerdings noch keine klare Linie zeigten, schrieb Martin Koch noch vor der Jahrtausendwende, ohne damit jedoch irgendwelches Aufsehen zu erregen. Das unstete Leben von Koch hatte eine Wendung, als er sich ab 1906 beim Templerorden engagierte, wo er Selbstdisziplin und Verantwortung lernte. Ab dieser Zeit lernte der Autor auch zahlreiche Arbeiter kennen, die er später als Charaktere in seinen Romanen einbaute. Auf Grund der Empfehlung des Lexikographen Ferdinand Schulthess wurde Koch 1909 in der Bibliothek der Templer beschäftigt.

Als wirklichen literarischen Beginn von Martin Koch bezeichnet man in der Regel das Jahr 1906, als der Schriftsteller in der Zeitung Pax sein Gedicht Akropolis veröffentlichte. Nur ein Jahr später erschienen dann auch im Stockholms Dagblad die ersten Werke des Schriftstellers.

Im Jahre 1911 wurde dann der erste Roman Martin Kochs unter dem Titel Ellen publiziert, die Geschichte seiner Liebe zur Arbeiterin Ellen Johansson, die in diesem Jahr an Tuberkulose starb. Der Schriftsteller schildert hier die Machtlosigkeit vor dem Tod und die Grenze der Wissenschaft, die die Schwelle erreicht an der nur noch der Glaube an Gott Hilfe bringen kann.

Nur ein Jahr später erscheint mit dem Buch Arbetare einer der ersten Arbeiterromane Schwedens, der nur zwei Jahre nach Ur en fallen skog von Gustav Hedenwind-Eriksson erschien und ein ausgereiftes Werk Martin Kochs war. Diesem Werk sollten Timmerdalen und Guds vackra värld folgen, Werke, die sehr realistisch das Leben der Arbeiter dieser Epoche schildern. Auch wenn Koch stilistisch bei seinen Werken von August Strindberg und Emile Zola beeinflusst war, so beeinflusste er von der Thematik wiederum Autoren wie Maria Sandel, Moa Martinson oder Ivar Lo-Johansson, auch wenn die letztgenannten öffentlich mehr Erfolg hatten als der Pionier der Arbeiterliteratur.

Die Mehrheit der 16 Bücher von Martin Koch erschien in einem Zeitraum von nur zehn Jahren, denn nach dem Roman Legend aus dem Jahre 1920 zog Koch nach Paris und arbeitete überwiegend als Korrespondent für den Social-Demokraten und begann ein Buch über den Katholizismus, das nie vollendet wurde. Während dieser acht Jahre in Paris  gelang es dem Schriftsteller nicht ein geregeltes Leben zu führen und die Einkünfte reichten gerade einmal fürs Überleben. Da Unterstützungen für Literaten nur von der gehobenen Schicht Schwedens vergeben wurden, war es Koch auch nicht möglich Stipendien oder eine andere Unterstützung zu erhalten.

Als Martin Koch im Jahre 1928 nach Schweden zurückkehrt, heiratet er seine Jugendfreundin Signe Holmen und schreibt insbesondere Artikel für die Presse und vort allem Lieder, von denen ein Teil im Jahre 1929 unter dem Titel Dansvisor bei Bonniers erscheint. Sein autobiographisches Werk Mauritz, dessen erster Teil 1939 erschien, konnte der Schriftsteller leider nicht mehr zu Ende führen.

Die letzten Jahre seines Lebens hatte Martin Koch, gemeinsam mit seiner Frau, bereits ein Pensionat in Hedemora betrieben, damit sie finanziell über die Runden kamen. Ein Jahr nach dem Tode des Schriftstellers veröffentlichte Thorsten Jonsson die ausgewählten Werke von Martin Koch, die seine wahre Bedeutung innerhalb der Geschichte der Arbeiterliteratur Schwedens zeigten, aber für den Autor kam diese „Auszeichnung“ zu spät.

Copyright: Herbert Kårlin

22 juni 2013

Per Wahlöö und der politische Kriminalroman Schwedens

Per Wahlöö wurde am 5. August 1926 als Sohn des Journalisten Waldemar Wahlöö und dessen Frau Karin Svensson in Tölö im Halland geboren und starb am 22. Juni 1975 im Alter von 48 Jahren in Malmö. Wahlöö war von 1954 bis 1957 mit der Pressefotografin Inger Barbro Andersson verheiratet und zwischen 1957 und 1968 mit Sylvia Maria Elisabet Nilsson, lebte jedoch am 1963 mit der Journalistin Maj Sjöwall zusammen.

Seine ersten zwei Lebensjahre verbrachte Per Wahlöö in Göteborg, wuchs dann jedoch in Lund auf, wo sein Vater als Journalist arbeitete. Das Elternhaus war gut bürgerlich, wobei die Familie vor allem in antinazistischen Künstlerkreisen verkehrte, was sicher auch seine Spuren bei Wahlöö hinterlassen hat.

Sjöwall - Wahlöö, Den skrattande polisen, Piratförlaget, Stockholm, 2012, Titel: Dan Jonsson

Der Schulbesuch von Per Wahlöö war problematisch, da die Mehrheit der Lehrer der Katedralskolan in Lund extrem rechts eingestellt war und der spätere Journalist und Schriftsteller seinen Mund nicht halten konnte. Sehr bald war er daher gezwungen von dieser Schule in eine Privatschule zu wechseln in der die Probleme etwas gemindert waren, ihn aber, trotz guter Noten, nicht davon schützten, dass er die mündliche Abschlussprüfung nicht bestand und im Dezember 1947, sechs Monate später, nachmachen musste.

Bereits im Sommer 1947 begann Per Wahlöö, auf Vermittlung seines Vaters, ein Praktikum bei der Tageszeitung Sydsvenskan, wo er anschließend als Korrektor eingestellt wurde. Im Jahre 1949 begann er freiberuflich bei der Kvällsposten, die ihn im Folgejahr als fest angestellten Reporter übernahm. Zwischen 1953 und 1959 arbeitete Wahlöö wieder freiberuflich und im Sommer 1959 zog er mit seiner damaligen Frau Sylvia nach Stockholm und begann bei der Veckorevyn zu arbeiten.

Ab 1959 begann Per Wahlöö auch schriftstellerisch zu arbeiten, auch wenn die ersten sechs Bücher sehr wenig Erfolg hatten und das letzte Buch dieser Reihe bereits ein Thriller war, den er schrieb als er bereits mit Maj Sjöwall zusammenlebte und als Vorläufer der gemeinsamen zehnbändigen Reihe mit Kommissar Martin Beck zu sehen ist.

Ab 1965 erschienen von Per Wahlöö, außer zwei eigenen Romanen und einigen Filmmanuskripten, nur noch die Kriminalromane, die eine Kollaboration des Paares Sjöwall-Wahlöö waren und als Erneuerung des schwedischen Kriminalromans betrachtet werden, obwohl man mit dieser Aussage sehr vorsichtig umgehen muss, denn der Einfluss von Per Wahlöö und seiner Partnerin erstreckt sich nur auf den Teil der Dramaturgie der Handlungen und nicht deren politische Aussage.

Für Per Wahlöö und Maj Sjöwall, die beide Marxisten waren, war das Schreiben der Kriminalromane ein Mittel um auf unterhaltsame Weise eine politische Botschaft zu vermitteln, selbst wenn dies der Leser auf den ersten Blick nicht immer erfasst. Schon bei der Verfilmungen ließ man diese Botschaft zur Seite um den schwedischen Krimi zu einem neutralen Vorbild einer neuen Krimigeneration zu machen.

Das Paar Sjöwall-Wahlöö vorbereitete eine Reihe, die aus weitaus mehr als den zehn vorhandenen Kriminalromanen bestehen sollte, sehr intensiv und benutze die ersten drei Bände vor allem um die Charaktere darzustellen ohne die Handlungen in der Tiefe auszuarbeiten, da dies erst in den folgenden Bänden geschieht. Die beiden planten ebenfalls die politische Aussage und die Kritik an der Sozialdemokratie im Hintergrund ablaufen zu lassen, damit der Leser in erster Linie einen Krimi liest und ganz nebenbei ein etwas manipuliertes Bild Schwedens geboten bekommt. Diese Konzeption war auch das Problem, warum die Reihe lange benötigte um wirklich zum Erfolg zu werden, denn es mussten Leser entstehen, die die marxistischen Züge nicht unmittelbar erfassen konnten.

Per Wahlöö und Maj Sjöwall schrieben die zehn Kriminalromane mit Kommissar Martin Beck nahezu alle nachts, wenn ihre Kinder schliefen, wobei jeder auf einer Seite des Tisches arbeitete und die fertigen Teile immer dem Partner gab, der den Text ins Reine schrieb. Durch diese Art der Arbeit konnte ein gemeinsamer Faden entstehen. In diesen Teilen findet man auch kleine Nachrichten versteckt, die nur an den Partner gerichtet waren und vom Leser kaum entdeckt werden können.

Wer den Kriminalroman Polismördaren aus dem Jahre 1974 liest, stellt allerdings auch fest, dass Per Wahlöö und Maj Sjöwall bei der Darstellung des Verfalls des schwedischen Systems kaum Grenzen kannten und bei der Symbolisierung zu mehreren rassistischen Vorurteilen griffen, denn sie schrieben in diesem Buch von einem ungepflegten Arzt, der das Hemd bis zum Nabel offen hatte und einen Fehler hatte, dass er nämlich aus Afghanistan kam. Kaum ein Leser, und sicher keiner außerhalb Schwedens, erkennt dabei das Symbol der schlechten ärztlichen Versorgung und versteht, dass das aufgeknöpfte Hemd die mangelnde Hygiene in Ärztehäusern symbolisieren soll.

Als Ironie kann man es fast bezeichnen, dass Per Wahlöö und Maj Sjöwall die ersten nicht englischsprachigen Autoren waren, die für ihre Krimis den weltweit erstrebten Edgar Award for Best Mystery erhielten, eine Auszeichnung, die sie auf Grund der Verfilmungen erhielten, die jedoch kaum etwas mit den Büchern gemeinsam haben, da die amerikanischen Versionen nicht ein Wort der politischen Botschaft übernommen haben, die den beiden Autoren sehr wichtig waren.

Die Leistungen von Per Wahlöö und Maj Sjöwalls in der Geschichte des schwedischen Kriminalromans sind sehr bedeutend, da sie die Gesellschaftskritik im Krimi einführten und mit ihren Kriminalromanen sehr viele Autoren in allen Ländern beeinflussten, aber es ist dennoch bedauerlich, dass durch die Verfilmungen die wirkliche Bedeutung der Bücher vollkommen in den Hintergrund gedrängt wird.

Copyright: Herbert Kårlin

21 juni 2013

Hans-Krister Rönblom, ein Pionier des schwedischen Kriminalromans

Hans-Krister Rönblom wurde am 22. Juni 1901 als Sohn des Majors Karl Zacharias Rönblom und dessen Frau Astrid Eidem-Andersson in Karlskrona geboren und starb am 4. Februar 1965 im Alter von 64 Jahren in Stockholm. Rönblom war in erster Ehe mit Rut Jenny Marianne Lsestadius verheiratet und, nach ihrem Tod, in zweiter Ehe mit Hertha Elisabet Nilsson.

Als einziges Kind des Ehepaares wuchs Hans-Krister Rönblom in einem bürgerlichen Heim auf und machte im Mai 1918 auf Östermalm in Stockholm die Hochschulreife. Noch im gleichen Jahr schrieb sich der Schriftsteller auch an der Universität Uppsala ein. Später wechselte Rönblom zur Universität Stockholm über, wo er seine Studien mit einem Doktorat in Staatswissenschaft abschloss.

Hans-Krister Rönblom, Tala om rep, 3. Auflage, Norstedts Förlag, 1958, Titel: Tage Fredriksson

Nach Studienkollegen zeichnete sich Hans-Krister Rönblum weniger durch seine wissenschaftlichen Interessen und Leistungen aus, sondern durch seine gesellschaftlichen Aktivitäten, seinem Engagement im liberalen Studentenverband Verdani und anderen Vereinigungen. In diesen Jahren schrieb Rönblom auch das Lied Egeisk skärgårdsflirt, das nach heute jedes offizielle Essen der Stockholms Nation, dem Studentenverband der Stockholmer Studenten in Uppsala, gesungen wird und Teil des humoristischen Schauspiels Ariadnes tråd war.

Bis 1931 war Hans-Krister Rönblom, überwiegend als Redakteur, an der Universität in Uppsala beschäftigt, zwischen 1932 und 1944 arbeitete er als politischer Redakteur beim Västerbottens-kuriren, anschließend wurde er Herausgeber des Västernorrlands allehanda und von 1948 bis 1962 arbeitete er in der Redaktion der AB tidningen. Ab 1938 war der Schriftsteller und Journalist zudem politisch als Vertreter der schwedischen Volkspartei (Folkpartiet) aktiv, unter anderem in Umeå und in Härnösand. Parallel hierzu war Rönblom auch in der Bewegung der Antialkoholiker tätig.

Die literarische Aktivität von Hans-Krister Rönblom geht auf das Jahr 1954 zurück, als er den Kriminalroman Död bland de döda veröffentlichte in dem der Geschichtslehrer Paul Kennet erstmals nach einem Mörder sucht, eine Figur, die auch in den folgenden neun Kriminalromanen des Schriftstellers die Hauptfigur bleibt und der seine Tätigkeit nur aufgibt, weil der Autor des Werkes bereits mit 64 Jahren stirbt.

Hans-Krister Rönblom wird in der Regel als einer der vier Schriftsteller genannt, die den Kriminalroman in Schweden bekannt machten, wobei er unter der Gruppe Maria Lang, Stieg Trenter, Vic Sunesson und Hans-Krister Rönblom der einzige ist, der mit seinem bürgerlichen Namen zu seinen Werken stand und keinen Pseudonym benutzte.

Die Kriminalromane von Hans-Krister Rönblom gehören zu den sogenannten Puzzlekrimis, wobei der Autor seine Handlungen überwiegend in das Kleinstadtmilieu Schwedens legt und dabei die Veränderung der Gesellschaft zeigt. Eines seiner typischen Zeichen ist auch, dass in jedem seiner Krimi eine Person ein Stück aus der Vergangenheit behalten will, da die gesellschaftlichen Veränderungen keinen Rücksicht auf Erinnerungen nehmen.

Im Gegensatz zu Lange und Trenter vermeidet Hans-Krister Rönblom das mondäne Großstadtleben in seinen Büchern und setzt seine Stärke in das schwedische Folkhemmet des „Normalmenschen“. Ein weiterer Unterschied ist dabei, dass die tatsächliche Handlung nahezu zur Nebensache wird, da der Geschichtslehrer Paul Kennet eher eine gemütliche, Pfeife rauchende Person ist und die Romane viel Humor des Alltagslebens beinhalten. Beeindruckend bei den zehn Kriminalromanen des Schriftstellers sind auch die Milieuschilderungen, die es dem Leser erlauben auch das Umfeld und die Einflüsse zu entdecken, die für die Handlungen eine Rolle spielen.

Nur wenige Monate nachdem Hans-Krister Rönbloms letzter Kriminalroman Mannen som höll sig undan veröffentlichte, erschien Roseanna von Maj Sjöwall und Per Wahlöö, die dem schwedischen Kriminalroman eine komplette Wende geben sollten. Rönblom legte daher noch kurz vor seinem Tode den letzten klassischen schwedischen Krimi vor.

Auch wenn Hans-Krister Rönblom neben seinen zehn Kriminalromanen weitere vier politische Bücher schrieb, so träumte er von einem wirklichen Roman, den er bereits im Kopf hatte und über den er mit seinem Verleger gesprochen hatte. Durch den plötzlichen Tod des Schriftstellers kam es jedoch nicht mehr zu diesem Werk.

Der zweite Kriminalroman von Hans-Krister Rönblom, Höstvind och djupa vatten, der im Jahre 1955 erschien, wurde von der Jury der Svenska Deckarakademin unter die 50 besten schwedischen Krimis aller Zeit gewählt.

Copyright: Herbert Kårlin

20 juni 2013

Arnold Norlind und die Faszination für Dante Alighieri

Arnold Norlind wurde am 17. Juni 1883 als Sohn des Priesters Lars Christensson und dessen Frau Johanna Norlind in Vellinge in Skåne geboren und starb am 17. Februar 1929 im Alter von 45 Jahren in Stockholm. Norlind war ab 1922 mit der Schriftstellerin Emilie Maria Fogelklou verheiratet.

Durch den Privatunterricht im Haus und seinen Vater kam Arnold Norlind sehr früh in Berührung mit den klassischen Sprachen, was vermutlich auch der Anlass dazu war, dass er 1901 nach seiner Hochschulreife an der Universität Lund Geografie, Literaturgeschichte,  Kunstgeschichte, romanische Sprachen, Geschichte, Deutsch, Astronomie und Ästhetik studierte.

Arnold Norlind, Skapande liv - Studier och bekännelser, Albert Bonnier Förlag, Stockholm, 1929

Nach Abschluss seines Studiums im Jahre 1912 wurde Arnold Norlind Dozent für Geografie in Lund. Als 1922 sein Dozentenstipendium auslief, verließ Norlind die Universität um Lehrer an der Birkagårdens Volkshochschule Lehrer zu werden. Allerdings dauerte diese Tätigkeit nur wenige Jahre, da Norlind an einer TBC an der Luftröhre erkrankte an der er wenige Jahre später auch sterben sollte.

Auch wenn Arnold Norlind bereits ab Ende seiner Studienzeit als Autor bekannt wurde, so erschienen bis 1917 nur wissenschaftliche Werke, insbesondere zur Geografie, später auch zur Entdeckungsgeschichte und der Kolonisation. Ob Norlind um diese Zeit bereits Gedichte schrieb, ist nicht zu sagen, da zahlreiche Gedichte und Essays erst sehr viel später nach Manuskripten veröffentlicht wurden. Auch die Tagebuchaufzeichnungen des Schriftstellers erschienen erst posthum.

Das erste rein literarische Werk von Arnold Norlind ist das Buch Grekiska hjältesagor aus dem Jahre 1917, dem Jahr, in dem er auch sein Lebenswerk, seine Arbeiten über Dante Alighieri, beginnt, wobei der Schriftsteller hierbei nur einige Teile der Divina Commedia übersetzt, da ihm wichtiger ist dem Gesamtwerk des philosophischen Schriftstellers eine neue Deutung zu bieten und das Leben und Wirken Dantes zu beleuchten.

Dantes Werk faszinierte Arnold Norlind nicht nur von philosophischen und psychologischen Aspekten, sondern er konnte auch seine wissenschaftlichen Kenntnisse in Geographie einbinden, was man bereits beim ersten dieser Werke feststellen kann, denn Norlinds erstes Werk über Dante behandelt die Beziehungen zwischen Wasser und Erde in der bekannten Welt.

Da Arnold Norlind jedoch alle Aspekte beschreiben wollte, die Dante beeinflussten und dabei selbst die politischen und sozialgeographischen Beziehungen der Zeit für wichtig nahm, konnte der Schriftsteller das Werk durch seinen frühen Tod nicht mehr zu Ende führen, auch wenn seine Arbeiten zu jener Zeit die bedeutendsten waren, die über Dante existierten und heute noch eine wichtige Quelle für Dante-Forscher aus aller Welt sind.

Auch die Reisen von Arnold Norlind, die vor allem seinem Interesse an Geografie galten, führten zu einer Reihe an populärwissenschaftlichen Abenteuerbüchern von kulturhistorischem Treffen, da der Schriftsteller nicht erfinden wollte, sondern seine Werke nach Dokumenten schrieb. Sein Buch Henrik Sjöfararen aus dem Jahre 1918 beschrieb, zum Beispiel, eine Reise rund um Afrika aus dem 15. Jahrhundert und seine Studie Fernäo Magalhäes bietet eine Übersicht über die bedeutendsten Forschungsreisen der Vergangenheit.

Eine gewisse Sonderrolle nehmen einige Übersetzungen Arnold Norlinds ein, die er bereits während seiner Studienzeit ausführte und die vor allem in Zeitschriften veröffentlicht wurden. Da es sich dabei vor allem um holländische Gedichte und einige Übersetzungen von Friedrich Hölderlin handelt, die wenig mit den Hauptinteressen des Autors zu tun haben, ist es schwer zu sagen ob diese Übersetzung nur der Geldeinnahme dienten oder aber ob Norlind um diese Zeit vorhatte Schriftsteller zu werden.

Erst im Jahre 1944, 15 Jahre nach dem Tod von Arnold Norlind, veröffentlichte seine Frau, die Schriftstellerin Emilie Maria Fogelklou, das Buch „Arnold“ in dem sie ihr Leben mit dem Autor erzählt. Dieses Buch entwickelte sich zu einem Kultwerk und wird regelmäßig neu aufgelegt, letztmals im Jahre 2009, was zeigt, wie bedeutend Norlind innerhalb der schwedischen Literaturgeschichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts tatsächlich war.

Copyright: Herbert Kårlin

19 juni 2013

Gunnel Vallquist und die moderne katholische Literatur Schwedens

Gunnel Vallquist wurde am 19. Juni 1918 als Tochter des Oberleutnants Gunnar Vallquist und dessen Frau Lily Söderberg in Stockholm geboren. Vallquist lebt seit einigen Jahren im Josephinahemmet in der schwedischen Hauptstadt.

Wie bei sehr vielen Gegenwartsautoren Schwedens, so weiß man auch über die Kindheit und die Jugend von Gunnel Vallquist relativ wenig, weswegen man auch nicht weiß, was Vallquist wirklich dazu bewegt hat im Jahre 1939, also mit 19 Jahren und nach einem intensiven Religionsunterricht bei den Dominikanern in Stockholm, zum katholischen Glauben überzutreten, denn an der Universität Uppsala studierte sie anschließend Literaturwissenschaft, romanische Sprachen und nordische Sprachen, ein Studium, das sie 1946 mit einem Magister beendete.

Gunnel Vallquist, Dagbok från Rom : Andra vatikankonciliet - en kamp om förnyelse, Artos Norma Bokförlag, Skellefteå, 1999

Nach ihrem Studium ging Gunnel Vallquist nach Frankreich um dem katholischen Glauben näher zu stehen. In Frankreich nahm die Schriftstellerin Kontakt mit dem sehr konservativen Schriftsteller und Literaturkritiker Sven Stolpe auf, der Frankreich als das moderne katholische Zentrum beschrieb, und arbeitete anfangs weiterhin nahezu ausschließlich für katholische Zeitschriften, später auch für das BLM (Bonniers Litterära Magasin) und die Dagens Nyheter. Ab 1952 wurde Vallquist dann für das Svenska Dagbladet Essayist und schrieb kulturelle Beiträge.

Bereits ab 1950 hatte sich Gunnel Vallquist an die Übersetzung eines Mammutwerkes gemacht, das sie über sehr viele Jahre hinweg beschäftigte und zwischen 1965 und 1982 in schwedischer Übersetzung erschien. Die Schriftstellerin und Übersetzerin hatte sich an Marcel Prousts À la recherche du temps perdu gemacht. Parallel dazu leistet Vallquist in Form von literarischen Beiträgen in schwedischen Zeitungen einen bedeutenden Beitrag bei der Einführung französischer Literaten in Schweden.

Erst als Gunnel Vallquist Mitte der 50er Jahre nach Rom gezogen war, veröffentlichte sie ihr erstes Buch Något att leva för, eine Sammlung an Essays, die 1956 i Schweden erschienen. Zwei Jahre später kehrte die Schriftstellerin wieder endgültig nach Schweden zurück.

Wieder zurück in der Heimat schrieb Gunnel Vallquist mehrer sehr religiöse Romane, die jedoch keine Bestseller wurden. Ihr Durchbruch als Schriftstellerin kam mit ihrem vierbändigen Werk über das zweite vatikanische Konzil in Rom, das von 1964 bis 1966 erschien und vom Buch Kyrkor i uppbrott gefolgt wurde. Die Schriftstellerin schreibt hier über die Modernisierung der Kirche, die sie bereits vorher verfochten hat und sieht damit den katholischen Glauben für eine größere Schicht offen, die vom konservativen Gedankengut vieler Priester abgeschreckt wurde. Diese Arbeit sollte Vallquist im Jahre 1976 auch die Ehrendoktorwürde in Theologie der Universität Lund einbringen.

Zwischen 1973 und 1980 war Gunnel Vallquist sehr aktiv in der Bibelkommission, da sie der Meinung war, dass man eine moderne Bibel benötigen würde, die auf die Gegenwart besser angepasst ist.  Allerdings verließ sie die Kommission dann, da ihr die gemeinsame Übersetzung als platt vorkam, die kaum einen neuen Weg zum Glauben bringen kann. In ihren Augen war nicht nur der Inhalt zu konservativ, sondern sie fand den Vorschlag so schlecht, dass sie diese Bibel in keiner Weise als Kirchenbibel betrachten konnte.

Auch wenn Gunnel Vallquist überwiegend Essays geschrieben hat und als Übersetzerin tätig war, so legte sie auch Gedichte und Prosa vor, die jedoch alle gemeinsam hatten, dass sie stark religiös geprägt waren und bisweilen nahezu an eine Missionsarbeit heranragten, die den katholischen Glauben als Ideal betrachtet und Zweiflern rät sich mit katholischen Religionsfragen zu beschäftigen. Die Autorin trägt mit diesen Werken bedeutend dazu bei, dem Katholizismus eine moderne literarische Form zu geben, die in manchen Punkten der Philosophie näher kommt als der klassischen Theologie, was sicher auch damit zusammenhängt, dass Vallquist nach einer idealen Erneuerung des Glaubens strebt. Dies drückt sich in gewisser Weise auch an den Vorworten zu den älteren Psalmbüchern aus, die die Schriftstellerin für die Neuauflage der Klassikerausgabe der Svenska Akademien schrieb.

Gunnel Vallquist wurde 1981 der staatliche Titel eines Professorin verliehen und ein Jahr später wurde sie, nach Anders Österling, auf den Stuhl Nummer 13 der Svenska Akademien gewählt. Das letzte bedeutende Werk, das Vallquist veröffentlichte, war eine Biografie über die Schriftstellerin Helena Nyblom, die 1987 in der Reihe Svenska Akademiens minnesteckningar erschien. Helena Nyblom war 1895 ebenfalls zum katholischen Glauben übergetreten.

Herbert Kårlin

18 juni 2013

Fredrik Cederborgh und die unterhaltsame Literatur einer Epoche

Fredrik Cederborgh wurde am 17. Juni 1784 als Sohn Industriellen Nils Reinhold Cederborg und dessen Frau Maria Fredrika Victorin auf der Dalkarkshyttan, einer Eisenhütte in Lindesberg, geboren und starb am 19. Januar 1835 ebenfalls dort. Cederborgh war ab 1823 mit Karolina Kristina Rosensvärd verheiratet.

Seine Kindheit und seine Jugend verbrachte Fredrik Cederborgh in einem Elternhaus, das keine finanziellen Probleme kannte und ihm daher jede Freiheit gab, die er sich wünschte. Nach dem privaten Grundschulunterricht schrieb sich Cederborgh im Jahre 1798 an der Universität Uppsala ein, wechselte dann jedoch 1800 den Studienort um ein Jahr später das Kanzleiexamen in Lund abzulegen.

Fredrik Cederborgh, Ottar Trallings lefnads-målning / Ur Enke-Prostinnan Skarps gömmor benäget meddelad, Sällskapet Bokvännerna, 1951

Seite literarische Karriere bereitete Fredrik Cederborgh bereits während seiner Jahre in Uppsala vor, denn mit 18 schrieb er eine etwas ironische Autobiografie, die man zwar noch nicht als literarische Leistung betrachten kann aber dennoch gewisse Züge zeigt, die man auch in den späteren Werken des Schriftstellers wiederfindet. Der Autor zeigt sich von Beginn an als Beobachter der Gesellschaft und schildert auf sehr unterhaltsame Weise das Alltagsleben.

Als Fredrik Cederborgh nach seinem Examen nach Stockholm ging, zeigte sich sehr schnell dass der Schriftsteller kaum für den Beruf eines Beamten geeignet war, denn seine Karriere stagnierte und der junge Cederborgh bevorzugte das oberflächliche Gesellschaftsleben der schwedischen Hauptstadt. In dieser Zeit versuchte sich Cederborgh auch an Lyrik, die vor allem von Johan Henric Kellgren, Anna Maria Lenngren und Carl Gustaf af Leopold beeinflusst war ohne jedoch ein tiefes Gefühl für Lyrik zu gewinnen.

Die Umbruch geschah für Fredrik Cederborgh im Jahr 1808, als der Schriftsteller auf Prosa überging und die Erzählung Herman Bergström schreibt. Diese Erzählung ist zwar noch nicht ausgereift und Cederborgh lässt sie in der Schublade, aber in diesem Manuskript findet man bereits die Elemente der folgenden Novellen des Autors, der im Detail die Schwächen anderer beschreibt und in gewisser Weise bereits mit Stockholm abschließt und abrechnet.

Bereits ein Jahr nach seinem unveröffentlichten Roman veröffentlicht Fredrik Cederborgh unter einem Pseudonym seine Novelle Uno von Trasenberg. Der Schriftsteller schildert hier auf sehr ironische Weise das Geheimordenwesen in Stockholm und das Wachstum der Spielhallen. Auch wenn Cederborgh keine echten Namen nennt, so wird sein Sviagriserorden sehr schnell mit den Freimaurern in Verbindung gebracht

Der Roman Uno von Trasenberg wurde unmittelbar ein Erfolg und mehrere Auflagen konnten verkauft werden. Fredrik Cederborgh wurde daher gebeten die Fortsetzung zu schreiben, die dann noch im gleichen Jahr erschien. Da jedoch Cederborgh im folgenden Jahr die Beamtenlaufbahn aufgab und zurück nach Bergslagen ging, änderte der Schriftsteller seine Hauptpersonen und er veröffentlichte nun die ersten Beiden Teile seines Werkes Ottar Tralling, die Geschichte eines Jungen, der keine Eltern hat und als Dienstbote arbeiten muss, eine sehr realistische Erzählung mit zahlreichen Schilderungen der Landschaft. Manche Literaturwissenschaftler bezeichnen dieses Werk als das Meisterwerk Cederborghs. Wenig später schließt er dann jedoch auch den dritten Band über Uno von Trasenberg ab und gibt der Geschichte eine positive Wendung.

Allerdings kehrte Fredrik Cederborgh bereits 1813 dem Land wieder den Rücken und kehrte nach Stockholm zurück, wo er nicht nur erneut in den Beamtendienst eintritt, sondern auch eine Buchdruckerei kauft und wenig später die liberale Wochenzeitung Anmärkaren herausgibt. Nur ein Jahr später veröffentlichte er dann den dritten und letzten Teil des Romans Ottar Tralling und erklärte, dass seine Leser auch das Recht hätten ein vollständiges Werk zu lesen. Die Ursache kann jedoch auch gewesen sein, dass sich der Schriftsteller von den Imitationen seiner Werke absetzen wollte, die bereits um diese Zeit erschienen und seine Thematik auf banale Weise behandelten.

Die Aktivität als Drucker und Verleger von Fredrik Cederborgh war ziemlich bescheiden, auch wenn die Zeitung Anmärkaren schnell einen gewissen Einfluss zeigte. Als der Schriftsteller jedoch Teilhaber aufnehmen musste, ging die Qualität nach unten und 1823 überließ Cederborgh alle Probleme Per Adolf Granberg, einem seiner Teilhaber.

Nach dem Verkauf des Anmärkaren kehrte Fredrik Cederborgh nach Dalkarlshyttan zurück, heiratete und widmete sich nahezu ausschließlich seinen Gütern und der Familie. Der Schriftsteller blieb nun dem Landleben treu und die einzige „Ausschreitung“ war, dass er 1834 seine gesammelten und vollständig überarbeiteten Werke in drei Bänden veröffentlichte. Der Titel Ungdoms tidsfördrif sollte darauf hinweisen, dass sich Cederborgh nie als professioneller Schriftsteller betrachtete, sondern schrieb, weil es ihm Spaß machte und Schreiben ein angenehmer Zeitvertreib war. Vermutlich wurde sich der Autor nicht einmal bewusst darüber wie stark seine Werke den Lauf der schwedischen Literaturgeschichte formten und wie viele Leser er tatsächlich hatte.

Erst ein Jahr vor seinem Tod wurde auch die literarische Welt Schwedens auf die Leistungen von Fredrik Cederborgh aufmerksam, als Johan Erik Rydavist einen Aufsatz über Cederborgh in der Svenska litteraturföreneingens tidning schrieb und ihn damit zum Rang eines professionellen Literaten erhob.

Copyright: Herbert Kårlin

Messetermine in Göteborg

17 juni 2013

Thekla Knös und der literarische Salon Knös in Uppsala

Thekla Knös wurde am 17. Juni 1815 als Tochter des Professors Gustaf Knös und dessen Frau Alida Maria Olbers in Uppsala geboren und starb am 10. März 1880 im Hospital von Växjö. Thekla Knös war nie verheiratet.

Ihre Kindheit verbrachte Thekla Knös in einem wohlhabenden gebildeten Elternhaus, das ihr auch von Beginn an eine hohe Bildung und Sprachkenntnisse vermittelte. Knös wird von Zeitgenossen als sehr intelligent beschrieben, die bald den zurückgezogenen Vater und die Mutter, die sich vom Gesellschaftsleben der Zeit angezogen fühlte, in Bildung und Reife überholte.

Thekla Knös, Uppsala Universitätsbibliothek Database, Fotograf unbekannt, 1855

Als Thekla Knös 13 Jahre alt war starb er Vater und die junge Frau zog mit der Mutter nach Uppsala, wo sich beide sehr schnell in die gehobene Gesellschaft integriert hatten. Sehr schnell entstand um die beiden Frauen ein literarischer Salon, der jenem von Malla Silverstolpe sehr nahe kam und teilweise die gleichen Gäste anzog. Die Zeit in Uppsala war indes auch teilweise von finanziellen Problemen begleitet, so dass Zuwendungen willkommen waren und Thekla immer wieder Sprachkurse gab.

Im Salon der Frauen Knös verkehrten insbesondere Erik Gustaf Geijer, Per Daniel Amadeus Atterbom, Adolf Fredrik Lindblad, Israel Hwasser und Hans Järta, die die junge Thekla Knös in ihrem Bestreben zu schreiben unterstützten und ihrer Dichtung zur deutsch romantischen Prägung verhalfen.

Das unbeschwerte Leben von Thekla Knös nahm 1855 ein plötzliches Ende als die Mutter starb, die der Tochter alle praktischen Dienste abgenommen hatte damit diese sich ganz der Kunst hingeben konnte und nur den gesellschaftlichen Umgang genießen musste. Nur eine tiefe Religiosität und die Hilfe von Freunden erlaubten nun Knös das Überleben, ein Leben, das jedoch mehr und mehr von Schatten bevölkert wurde.

Auch wenn Thekla Knös sehr früh begann Gedichte zu schreiben und diese während der Treffen im Salon vorlas, so wurden einige davon erstmals 1846 in der Svenska Akademien vorgetragen und 1851 reichte die Schriftstellerin die ersten ihrer Werke zu einem Wettbewerb der Akademie ein, wobei sie für ihre Leistungen sowohl mit dem ersten als auch dem zweiten Preis belohnt wurde.

Auf Anraten Atterboms und mit einem Vorwort von ihm erschien dann 1852 und 1853 die Samlade Dikter von Thekla Knös, die unmittelbar sehr positiv aufgenommen wurden. Neben den Gedichten, unter denen Lindblad einige vertonte, veröffentlichte Knös auch Kinderlieder, Sagen und sogenannte Fotografier, Aufzeichnungen zum Gesellschaftsleben des damaligen Uppsala. Ihr Werk Elfvornas qväller erregte dabei ein gewisses Aufsehen, weil die Autorin nur leicht verdeckt Personen des Uppsalaer Gesellschaftslebens skizziert, die vom Leser sehr einfach erkannt werden konnten.

Kurz bevor Thekla Knös in eine endgültige Depression fiel und im Hospital in Växjö untergebracht wurde, schrieb sie noch ihr vielleicht  persönlichstes und bedeutendstes Werk, das leider nur noch in Fragmenten existiert, da die Schriftstellerin das Manuskript verbrannte, weil ihre Anonymität aufgedeckt worden war. Vermutlich war das größte Problem dieses Werkes jedoch, dass Knös hier für die Zeit sehr freizügige Liebesschilderungen untergebracht hatte, die das Leben der Gesellschaft Uppsalas aufdeckten.

Bereits ab den 50er Jahren gelang es Thekla Knös sich vor allem durch Übersetzungen zu versorgen, die ihr erst von Freunden des literarischen Salons vermittelt wurden, später aber auch von anderen Verlagen kamen. Ab 1852 wurde Knös vor allem gebeten weibliche Autoren zu übersetzen, da diese Art der Literatur immer mehr verkauft wurde und zudem die Honorare für Autorinnen weit unter jenen der männlichen Schriftsteller lag. Knös war daher nicht nur selbst eine der meist gelesenen Autorinnen Mitte des 19. Jahrhunderts, sondern auch sie war auch diejenige, die anderen weiblichen Autorinnen mehrere Länder zum Durchbruch in Schweden verhalf.

Heute ist es sehr schwer zu sagen, ob Thekla Klös im 19. Jahrhundert eine größere Bedeutung als Autorin oder als Übersetzerin hatte, denn sie veröffentlichte nur relativ wenige Werke, übersetzte jedoch in nur wenigen Jahren über 3500 Seiten, insbesondere Gedichte, die sie großenteils selbst auswählte und bot daher dem schwedischen Leser eine bedeutende Auswahl an englischsprachiger Poesie.

Auch wenn Thekla Knös mittlerweile nahezu vergessen ist, so sind einige ihrer Werke von größter Bedeutung innerhalb der schwedischen Literaturgeschichte, wobei insbesondere Fredrika Bremer eine große Bewunderin der Autorin war und daher sehr früh erkannte welche Stärke in Knös steckte, auch wenn nicht alle Gedichte der Autorin das gleiche Niveau haben, was einerseits mit ihren wiederkehrenden melancholischen Anwandlungen zu tun hat, zum anderen mit den finanziellen Problemen nach dem Tod der Mutter, da sie sehr lange Epochen dieser Zeit dazu gezwungen war bei Freunden unterzukommen.

Copyright: Herbert Kårlin