27 april 2013

Mia Leche-Löfgren und die autobiographische Literatur Schwedens

Mia Leche-Löfgren, geborene Leche, wurde am 10. Oktober 1878 als Tochter des Zoologen Wilhelm Leche und dessen Frau Minchen Sager in Lund geboren und starb  am 8. April 1966 im Alter von 87 Jahren in Stockholm. Leche-Löfgren war von 1900 bis 1908 in erster Ehe mit der Schreibkraft Fredrik von Friesen und ab 1909 mit dem Politiker und Rechtsanwalt Eliel Löfgren verheiratet.

Ihre Kindheit verbrachte Mia Leche-Löfgren in einem sehr bürgerlichen Elternhaus, das ihr jedoch große Freiheiten ließ und sie sehr früh mit dem kulturellen und politischen Leben der Stadt vertraut machte. Leche-Löfgren bezeichnete sich selbst als Kind des Liberalismus der 90er Jahre.

Mia Leche-Löfgren,  Ellen Key: Hennes liv och verk, Förlag Naturoch Kultur, 1930

Die Eltern schickten Mia Leche-Löfgren in die sehr progressive Whitlockska Skolan in Stockholm in der Ellen Key eine ihrer Lehrerinnen war, was einen tiefen Eindruck bei der Schriftstellerin hinterließ. An die Öffentlichkeit tritt Leche-Löfgren erstmals im Jahre 1906, als die Ehe mit ihrem ersten Mann bereits in der Krise war. Ihre erste Aufgabe bei der konservativen Zeitschrift Vårt land, wo sie sie zwei Jahre lang als Literaturkritikerin arbeitete, war Bücher zu rezensieren um die sich Carl David af Wirsén nicht kümmerte. Die Journalisten überzeugte bei ihren Kritiken mit ihrer Offenheit, auch wenn sie bald feststellte, dass die Zeitung nicht ihre Ideen vertrat.

Zwischen 1908 und 1930, nach ihren Erfahrungen mit Vårt land, erscheinen nur wenige kleinere Werke und Pamphlete von Mia Leche-Löfgren, die in dieser Zeit auch den Journalismus ziemlich ruhen lässt. Dafür ist Leche-Löfgren nun politisch sehr aktiv, denn 1914 findet man sie unter den Gründerinnen der Frisinnade kvinnor und ein Jahr später taucht ihre Name unter der Gründerinnen der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit auf. Ihre Aktivitäten für die Freiheit der Frau und die Friedensbewegung führen die Journalisten und Schriftstellerin durch mehrere Länder und sie entwickelt sich in dieser Zeit zu einer der bedeutendsten Rednerinnen der schwedischen Frauenbewegung.

Erst 1930, als Mia Leche-Löfgren bereits 52 Jahre alt war, erscheint ihr erstes Buch, eine Biographie über Ellen Key. Diesem Buch folgen in den nächsten Jahren einige autobiographische Werke, die jedoch weitaus weniger Beachtung fanden als ihr Buch über Ellen Key.

Ab 1934 kehrte Mia Leche-Löfgren auch voll zum Journalismus zurück und beginnt ihre Arbeit bei Idun. Die Mitarbeit bei dieser Zeitschrift macht die Journalistin und Schriftstellerin auf nationaler Ebene bekannt, zumal sie dort über sehr unterschiedliche Themen berichtet und mit ihrem einfachen Stil überzeugt. In dieser Zeit intensiviert sich auch ihre Arbeit mit der Göteborgs Handels- och Sjöfartstidning wieder, die einzige Zeitung für die sie auch die vorhergehenden Jahre immer wieder aktiv war. Sehr bald wechselte Leche-Löfgren dann jedoch zur damals aufsteigenden Göteborgs-Posten über.

Im Verhältnis zu ihrer politischen Aktivität als Journalistin kam die literarische Aktivität von Mia Leche-Löfgren immer erst an zweiter Stelle, was sich auch in den 30er Jahren sehr deutlich zeigte, denn sie zeigte während des Aufstiegs von Adolf Hitler sowohl in ihren journalistischen Beiträgen als auch als Rednerin eine beißende Kritik gegen den Antisemitismus und macht jede Sekunde auf die Probleme Unterdrückter aufmerksam, wobei die Journalistin und Schriftstellerin sich auch an zahlreichen humanitären Einsätzen beteiligt.

Als 1940 der Ehemann von Mia Leche-Löfgren stirbt, zieht sie nach Göteborg um Torgny Segerstedt näher zu kommen und um ihn in seinem Kampf gegen den Nazismus zu unterstützen. Diese freundschaftliche Verbindung führt auch zu ihrem Buch Hård tid aus dem Jahre 1946 in dem sie Segerstedt, seine Umgebung und die Atmosphäre Göteborgs um diese Zeit auf vortreffliche Weise schildert.

Mia Leche-Löfgren versuchte bei ihrem literarischen Schaffen auf jede tiefsinnige Betrachtung und Analyse zu verzichten und wollte einen Realismus zeigen, den der Leser nachfühlen kann. Die Schriftstellerin benutzte daher bei allem was sie schrieb eine relativ einfache Sprache, die ein weiter Leserkreis verstehen konnte und leistete damit einen bedeutenden Beitrag zur Unterhaltungskultur, auch wenn Leche-Löfgren keine Neigung zur Belletristik hatte, sondern zum Reportageroman neigte.

Diese Neigung zu einer verständlichen Sprache zu greifen und auf tiefsinnige Gedanken zu verzichten, zeigt sich auch an den autobiographischen Werken der Autorin, denn für Mia Leche-Löfgren sind die Handlungen, die Geschehnisse und die einfache Sprache wichtiger als eine wirklich chronologische Darstellung oder ihre Einordnung in eine Zeitlinie. Diese Eigenart unterscheidet auch die autobiographischen Werke von Leche-Löfgren von jenen anderer Autoren, denn sie ist um diese Zeit die einzige Schriftstellerin, die autobiographische Romane zur Literatur macht.

Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte Mia Leche-Löfgren wieder in Stockholm, wo sie erneut in den intellektuellen Kreisen der Stadt aufgenommen wurde und eine Art Vertrauensstellung einnahm. Noch bei ihrem letzten Buch Bokslut aus dem Jahre 1962 findet man die gleichen Ideen der Autorin, die ihr ganzes Leben formten, denn sie schrieb eine Art Protestbuch und warnte von der Infiltration kommunistischer Kräfte innerhalb der Friedensbewegung, da die Friedensbewegung unabhängig von einer Parteirichtung sein muss, wenn sie Erfolg haben soll.

Copyright: Herbert Kårlin

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