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14 maj 2013

Eva Neander und die Einsamkeit der Frau am Rande der Gesellschaft

Eva Neander wurde am 3. April 1921 als Tochter des Volksschulinspektors Ernst Albin Neander und dessen Frau Emilia (Emy) Karolina Svanberg in Jukkasjärvi geboren und wurde ab 22. Februar 1950 vermisst. Neander, die nie verheiratet war, wurde am 5. März 1950 tot auf dem Eis des Sees Unden bei Tiveden gefunden.

Da der Vater 1923 nach Härnosand versetzt wurde, verbrachte Eva Neander ihre Kindheit auf einer Insel bei Härnösand. Als das Mädchen sechs Jahre alt war, starb der Vater. Wenige Jahre später heiratete die Mutter erneut und die neue Familie zog nach Borås, wo Neander auch zwischen 1932 und 1939 das Gymnasium besuchte. 1939 zog Familie Neander-Nyström dann nach Göteborg. 1941 legte Eva Neander in der westschwedischen Stadt auch die Hochschulreife ab und begann anschließend ein Studium an der Universität Göteborg, das sie in Uppsala fortsetzte, ohne jedoch je eine Abschlussprüfung zu machen.

Eva Neander, Staden, Albert Bonnier Förlag, Stockholm, 1947

Bereits als 12-jährige hatte Eva Neander ihre ersten Beiträge für die Sonntagsbeilage der Tageszeitung Svenska Dagbladet geschrieben und während des Studiums begann sie dann für den Västgöta-Demokraten Korrektur zu lesen sowie unter den Pseudonymen Tonia und dem Namen Eva-Caisa Neander für verschiedene Tageszeitungen Filme zu rezensieren, Gedichte zu schreiben und unterhaltsame Beiträge zu liefern.

Die literarische Karriere von Eva Neander begann im Jahre 1945, als sie mit ihrer Novelle Vilse eine Ausschreibung des Verlags Åhlén & Åkerlund gewann. Diese Novelle baute die Schriftstellerin dann zu ihrem einzigen Roman Dimman aus, der bereits 1946 erschien und von der Kritik sehr positiv aufgenommen wurde, da sie nicht nur in der Zeitströmung schrieb, sondern auch in ihrem ersten Werk bereits ihr Hauptthema verarbeitet hatte, das Gefühl eines Menschen, der zu keiner Schicht gehört zu beschreiben und daher die handelnde Person zum Betrachter der Gesellschaft macht.

Bereits ein Jahr später veröffentlicht Eva Neander die Novellensammlung Staden und den Gedichtband Död idyll, Werke, mit denen sie bereits den Durchbruch in der Welt der Literatur geschafft hatte und damit zu den vielversprechendsten Jungautoren Schwedens gehörte. Im Jahre 1949 erschient eine weitere Sammlung an Novellen und noch im gleichen Jahr begann die Schriftstellerin ihren zweiten Roman zu schreiben, dem sie den Titel Vattnet gab.

Dieser zweite Roman von Eva Neander sollte allerdings nicht mehr vollendet werden, da die Autorin im Februar 1950 spurlos verschwand und zwei Wochen später nahezu eingeschneit auf dem See Unden gefunden wurde. Allgemein glaubt man, dass Neander Selbstmord begangen hat, was man jedoch nur deswegen annimmt, da man keinerlei Spuren von Gewalt fand. Nichts kündigte jedoch diesen plötzlichen Tod an und Neander hinterließ auch keinen Abschiedsbrief, sondern war zur Zeit ihres Todes mitten im Schaffensprozess.

Eva Neander schrieb während der wenigen Jahre ihres Tätigkeit als Schriftstellerin fast ausschließlich über Frauen, die ihre Wurzeln verloren haben und auf der Suche nach Gemeinschaft, Wärme, aber auch der Freiheit sind. Ihren Hauptfiguren gelingt es jedoch nicht innerhalb der Gesellschaft aufgenommen zu werden, weil sie immer als „anders“ betrachtet werden, als der fremde Gast vor dem man sich vorsehen muss.

Im Gegensatz zu Karin Boye bei der der Selbstmord ihren Ruf als Dichterin fast noch hervorhob, trat bei Eva Neander nahezu das Gegenteil ein, denn nur wenige Jahre später schien sie fast vergessen zu sein und wenn man die Geschichte der Literatur der nordischen Frauen betrachtet, so ist die Schriftstellerin kaum erwähnt, wenn man vom Absatz absieht in dem die Verfasserin des Artikels darauf hinweist, dass Neander eine gewisse Zeit im gleichen Heim in Alingsås untergebracht war in dem auch Karin Boye ihre letzten Jahre verbrachte. Erst seit etwa zehn Jahren wird die Größe dieser Schriftstellerin neu entdeckt, die die Einsamkeit der Frau vermutlich besser ausdrückte als die meisten anderen schwedischen Schriftstellerinnen.

Wenn man die wenigen Bücher von Eva Neander liest, so entdeckt man sehr schnell das analytische Vermögen der Schriftstellerin, die, gerade als Außenseiterin der Gesellschaft, die Strukturen sehr gut kannte und den angepassten Bürger dem Bohemien gegenüberstellt und dem Leser das Kleinstadtidyll mit seiner Doppelmoral und seinen Vorurteilen sehr deutlich vor Augen stellt.

Ein Jahr nach dem Tode von Eva Neander veröffentlichte der Albert Bonnier Verlag in Stockholm posthum eine Novellensammlung, die den Beginn und das Ende der schriftstellerischen Karriere der Autorin dokumentiert, denn neben dem unvollendeten Roman Vattnet findet man auch die ersten Novellen der Schriftstellerin, die sie bereits in ihrer frühen Jugend schrieb und von den Sagen der Gebrüder Grimm beeinflusst waren.

Copyright: Herbert Kårlin

6 mars 2013

Victoria Benedictsson und der Weg der weiblichen Befreiung

Victoria Benedictsson, geborene Bruzelius, wurde am 6. März 1850 als Tochter des Landwirts Ture Bruzelius und dessen Frau Helena Sophia Finérius in Domme bei Trelleborg geboren und nahm sich am 21. Juli 1888 in Kopenhagen im Alter von 38 Jahren das Leben. Benedictsson war mit dem Postmeister Kristian Benedictsson verheiratet.

Die Kindheit verbrachte Victoria Benedictsson auf dem Dorf in dem das einzige Vergnügen ein kleiner Laden war. Die Ehe der Eltern wird als schlecht beschrieben und der Vater hatte keinerlei Fähigkeit mit Geld umzugehen. Diese Zeit beschreibt die Schriftstellerin in ihrem Buch Pengar, wo man auch die frühe Neigung Benedictssons zur Kunst findet, auch wenn das Mädchen damals weniger ans Schreiben als vielmehr ans Malen dachte.


Sehr früh suchte Victoria Benedictsson eine Arbeit als Gouvernante, wobei sie das verdiente Geld für ein Kunststudium in Stockholm anwenden wollte. Als der Vater ihr einen Strich durch die Rechnung machte, sah Benedictsson nur einen Ausweg, nämlich die Ehe, wobei sie hier eine falsche Entscheidung wählte, was ihr auch noch vor der Ehe klar wurde, aber die Verlobung konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Mit 21 Jahren heiratete Victoria Bendictsson daher den Postmeister Christian Benedictsson in Hörby, der seit Jahren im Hause der Eltern verkehrte und nicht nur 28 Jahre älter war als die Schriftstellerin und bereits fünf Kinder hatte, sondern damit auch jede Entscheidungsgewalt über die junge Frau bekam und sehr wenig von den modernen Strömungen und der Befreiung der Frau wissen wollte. Die Folge davon war, dass die Ehe vom ersten Tag an bereits schlecht war.

Der Traum von einer Karriere als Malerin ging mit der Ehe vollständig zu Ende und Victoria Benedictsson wandte sich in ihren freien Stunden der Schriftstellerei zu. Im Jahre 1876 erschienen dann in der Sydsvenska dagbladet Snällposten ihre ersten Novellen unter dem Pseudonym Ivar Tardif, denn ihren wahren Namen zu benutzen war undenkbar, da ihr Ehemann ihr sonst auch dieses Vergnügen genommen hätte. Auch die folgenden Veröffentlichungen in anderen Zeitungen und Zeitschriften erschienen ausschließlich unter dem Namen Ivar Tardif.

Als Victoria Benedictsson ab Ende 1881 wegen einem Knieschaden eine längere Zeit ans Bett gefesselt war, fand sie mehr Zeit für ihre literarische Karriere und bereits 1884 erschien ihr erster Roman unter dem Titel Från Skåne, dem ein Jahr später das autobiografische Werk Pengar folgte. Für die Veröffentlichung dieser Bücher änderte sie ihr Pseudonym in Ernst Ahlgren. Da Benedictson in dieser Zeit jedoch auch Kontakte zu anderen Schriftstellern aufbaute, war in literarischen Kreisen bald bekannt wer sich hinter dem Pseudonym Ahlgren verbarg.

Bedeutend für Victoria Benedictsson war im Jahre 1984 das Zusammentreffen mit dem Schriftsteller Axel Lundegård, dem verlorenen Sohn des Priesters in Hörby, dem Ort, in dem sich auch Benedictsson eingesperrt fühlte. Bei einem Aufenthalt im folgenden Jahr in Stockholm kam die Schriftstellerin über Lundegård in Kontakt mit der jungen literarischen Schicht der schwedischen Hauptstadt. Eine engere Verbindung entstand dort vor allem mit Gustav und Karl af Geijerstam, mit Sophie Adlersparre und Ellen Key, die sie alle auf ihrem Weg unterstützten, sowohl in persönlicher als auch in literarischer Hinsicht.

Die Probleme begannen für Victoria Benedictsson mit ihrem Aufenthalt in Kopenhagen, wo sie Georg Brandes kennen lernte, den bedeutendsten Literaturkritiker dieser Zeit, in den sie sich verliebte, obwohl dieser verheiratet war und neben der Ehe bereits zahlreiche allgemein bekannte Affären hatte. Noch unglücklicher war vielleicht, dass Edvard Brandes, der Bruder des berühmten Kritikers, ihr neues Buch Fru Marianne, eines der Hauptwerke, im Politiken als banalen Frauenroman abtat, der über keinerlei Tiefe verfügt. Benedictsson konnte hier nur die Kritik sehen und die Hoffnungslosigkeit als Frau literarisch wirklich anerkannt zu werden. Auf jeden Fall beging die Schriftstellerin wenig später Selbstmord in Kopenhagen ohne ihr Handlung zu erklären. Dieser Selbstmord gab August Strindberg die Idee für das Ende seines Stückes Fröken Julie.

Seit dem Tod von Victoria Benedictsson versuchen die verschiedensten Personen ihre Tat zu verstehen und zu erklären. Die erste, die sich damit beschäftigte und eine Biografie über die Schriftstellerin verfasste, war Ellen Key, die die Tat im Charakter von Benedictsson suchte und der Unterdrückung der Frau in jener Zeit die Hauptschuld gab. Andere behaupten, dass Benedictsson unter Schizophrenie litt, dass sie damit die unglückliche Liebe zu Brandes beenden wollte und die Schriftstellerin Birgitta Holm schreibt noch 2007, dass der Selbstmord die Folge eines inzestuösen Übergriffs in ihrer Kindheit sein kann. Niemand kennt jedoch die wahren Gründe, da auch die Tagebücher der Autorin viele Fragen aus ihrem Leben und vor allem ihrem Freitod offen lassen.

Die Bedeutung von Victoria Benedictsson als Schriftstellerin liegt nicht in der ausgereiften Sprache, die sie verwendet, sondern darin, dass sie eine der bedeutendsten Autorinnen ist, die die Gesellschaft gegen Ende des 19. Jahrhunderts beschreibt und die Zeit beleuchtet als die Frauenbewegung in Schweden in größerem Masse einsetzte. Benedictsson beschränkt sich dabei jedoch nicht auf die Rolle der Frau, sondern sie beschreibt auch das Verhältnis, das um diese Zeit in den ländlichen Gebieten Schwedens existierte, als eine Frau noch weniger frei war als ein Kind.

Copyright: Herbert Kårlin

12 februari 2013

Harry Martinson, ein Nobelpreisträger begeht Selbstmord

Harry Martinson wurde am 6. Mai 1904 als Sohn des Landhändlers Martin Olofsson und dessen Frau Bengta (Betty) Swensson in Jämshög in Blekinge geboren und starb am 11. Februar 1978 in Stockholm. Martinson war in erster Ehe mit Maria (Moa) Swartz, der Schriftstellerin Moa Martinson, und in zweiter Ehe mit Ingrid Lindcrantz verheiratet.

Die Kindheit von Harry Martinson war durch einen gewalttätigen Alkoholiker als Vater geprägt, der im Jahre 1910, nach einem Gefängnisaufenthalt, an Lungentuberkulose starb. Die Mutter erzog im folgenden Jahr die gemeinsamen sieben Kinder allein, bevor sie dann jedoch ohne ihre Kinder nach Amerika auswanderte. Die Halbschwester der Mutter versuchte kurze Zeit die Familie zusammenzuhalten, was ihr jedoch nicht gelang, so dass Martinson 1912 ins Kinderheim kam. Diese Zeit beschreibt der Schriftsteller in seinen beiden Romanen Nässlorna blomma und Vägen ut.


Wie alle Kinder, die um diese Zeit in diesen Heimen landeten, besuchte Harry Martinson nur die sechsjährige Volksschule um direkt anschliessend alle möglichen Arbeiten zu beginnen. Mit 17 ging der Schriftsteller dann zur See. Auf Grund einer Lungenkrankheit musste Martinson diesen Beruf jedoch bereits 1927 wieder aufgeben und trieb sich einige Zeit als Landstreicher durch Schweden und Norwegen.

Literarisch machte sich Harry Martinson erstmals mit seiner Gedichtsammlung Spökskepp im Jahre 1929 bemerkbar, auch wenn die Gedichte noch sehr wenig von der späteren Kraft des Autors zeigen, da sich diese Gedichte noch zu sehr an Werke von Dan Andersson und Gustaf Fröding anlehnen.

Den folgenden Gedichtband Nomad, der sehr positiv von der Kritik  beurteilt wurde, und seine Reisebücher, die er zu Beginn der 30er Jahre schrieb (Resor utan mål, Kap farväl) sind als Übergang zu einer ausgereiften literarischen Tätigkeit von Harry Martinson zu sehen, wobei insbesondere die Reiseromane eine Art Aufarbeitung seiner Vergangenheit und die Erinnerungen an sein Reisen als Seemann darstellen.

Die Reisebücher mit ihrem abenteuerlichen Hintergrund brachten Harry Martinson eine junge Leserschicht, die ihn geradezu als Vorbild und Ideal sah. Seine folgendenRomane,  Essays, seine Gedichte und andere Werke werden zum Erfolg, auch wenn der Schriftsteller nicht sehr produktiv ist, da er als Arbeiterautor mit Worten und Formulierungen zu kämpfen hat, was er jedoch sehr gut meistert.

Den Höhepunkt erreicht Harry Martinson dann mit seinem Epos Aniara, en revy om människan i tid och rum im Jahre 1956, einem Epos in 103 Gesängen, das später die Grundlage für Erik Lindegrens Oper wird, zu der Karl-Birger Blomdahl die Musik schreibt. Nach dem enormen Erfolg des Buches beginn jedoch der Abstieg des Schriftstellers, denn die Kritik beginnt sich von dem Egozentriker abzuwenden, der mit seiner dunklen Gesellschaftskritik immer deutlicher wird, aber auch eine gewisse Überheblichkeit zu zeigen beginnt, da seine Worte eine immer größere Bedeutung in der Gesellschaft gewinnen. Während ihn ein Teil der Literaten als Genie betrachtet, sehen ihn andere nur als Emporkömmling, der Glück hatte und negative Züge sucht.

Als Harry Martinson dann im Jahre 1974, gemeinsam mit Eyvind Johnson, den Nobelpreis für Literatur bekam, wurde die Kritik sowohl an der Svenska Akademien als auch an Martinson besonders laut, da er bei der Vergabe des Preises bereits Mitglied der Akademie war und im Ausland ein nahezu unbekannter Schriftsteller war. Plötzlich war auch nicht mehr die Leistung des Schriftstellers von Bedeutung, sondern aus Eifersucht versuchten bekannte Literaten und Kritiker den Ruf von Martinson zu zerstören. Obwohl Eyvind Johnson in der gleichen Position wie Martinson war, blieb er von der Verfolgung weitgehend verschont und verkraftete auch die Kritik besser.

Sicher ist, dass Harry Martinson nach seinem Epos Aniara nur noch sehr wenig geschrieben hat und nach der Vergabe des Nobelpreises erschienen nur noch zwei Werke posthum, was man auf die verschiedenst Weise deuten kann, denn bewiesen ist, dass vor allem seine Gedichte ab Ende der 50er Jahre eine Schwermut des Autors zeigen, der sein Leben lang um eine Anerkennung durch Gesellschaft gekämpft hatte. Die Kritik nach dem Nobelpreis hatte ihn jedoch vollkommen zerstört, was letztendlich dazu führte, dass Martinson 1978 im Karolinska Krankenhaus in Stockholm mit einer Schere Seppuku beging. Lars Gyllensten versucht in seinen Memoiren die letzte Phase des Schriftstellers zu erklären.

Harry Martinson wurde 1949 in die Svenska Akademien aufgenommen, wo er nach Elin Wägner auf dem Stuhl Nummer 15 Platz nahm. Im Jahre 1954 wurde er zum Ehrendoktor in Philosophie an der Universität Göteborg ernannt. Er erhielt im Laufe seines Lebens zahlreiche Auszeichnungen. Die Kritik an ihm wurde jedoch bis heute nicht ganz zu den Akten gelegt, was vermutlich auch damit zusammenhängt, dass Martinson in die Epoche des literarischen Umbruchs der 60er Jahre geriet, einen Umbruch in dem das Epos Aniara als unverständlich betrachtet wurde.

Copyright: Herbert Kårlin

4 november 2012

Stig Dagerman, ein zerrissenes Leben bis zum Tod

Stig Dagerman wurde am 5. Oktober 1923 in Älvkarleby geboren. Der Vater, ein Sprengmeister, wollte nicht viel von ihm wissen und die Mutter, Helga Andersson, eine Telefonistin in Härnösand sah keine Möglichkeit sich um ihn zu kümmern, so dass der spätere Schriftsteller einen Teil seiner Kindheit bei den Großeltern verbringen musste.

Ursprünglich hieß Stig Dagerman nach der Mutter ebenfalls Andersson, aber als Gymnasiast nahm er dann den Namen des Vaters an, der zu dieser Zeit in Stockholm lebte. Mit neun Jahren zog Stig zu seinem Vater nach Stockholm, ohne ihm jedoch in irgendeiner Weise näher zu kommen. Die einzige Linie, die ihn mit seinem Vater verband, war die Arbeiterbewegung für die sich Stig ab seinem dreizehnten Jahr interessierte.


Als 1940 der Großvater Stig Dagermans von einem Psychopath ermordet wurde und kurz darauf auch seine Großmutter an einer Gehirnblutung starb, beging der Autor seinen ersten Selbstmordversuch, dem in den folgenden Jahren noch mehrere Versuche folgen sollten. Allerdings wurde er jedes Mal rechtzeitig gerettet, aber er überwand das Trauma mit seinen Großeltern und die Situation des verlassenen Sohnes nie.

Mit 17 schloss sich Stig Dagerman der Gewerkschaftsbewegung an und wurde Mitglied der Jugendverbandes SUF (Sveriges syndikalistiska ungdomsförbund), wo man sehr schnell seine Fähigkeiten sich schriftlich auszudrücken entdeckte. Auf diese Weise wurde er erst Redakteur der Mitgliedszeitschrift Storm und später bei der Zeitung Arbetare, wo er Chroniken schrieb und einen täglichen Vers veröffentlichte, wobei der letzte seiner Verse noch am Tag seines Tod veröffentlicht wurde.

In Stockholm traf Stig Dagerman dann seine erste Frau, Annemarie Götze, die mit ihrer Familie vom Nazideutschland über Spanien und Norwegen nach Stockholm gekommen war. Sehr bald zog der Schriftsteller bei Familie Götze ein, da die Wohnsituation mit seinem Vater sehr angespannt war und 1943 heiratete er Annemarie.

Die literarische Karriere Stig Dagermans begann 1945 mit dem Roman Ormen, einem Roman, der seinen Hintergrund im Barackenmilieu hat und von Angst und Schrecken dominiert wird. Der Roman wurde unmittelbar als das Werk eines Genies betrachtet, was sogar soweit ging, dass andere Autoren der Epoche sich ein Beispiel an Dagerman nahmen und er ein literarisches Beispiel der 40er Jahre wurde.

In den folgenden vier Jahren zeigte der Schriftsteller eine enorme Arbeitsleistung, denn er schrieb Romane, Novellen, Dramas und Artikel für die Zeitung Arbetare. Sein zweiter Roman erschien 1946 mit dem Titel De dömdas ö, ein Roman in dem sieben Schiffbrüchige auf einer einsamen Insel ihrem Schicksal entgegengehen, vorher jedoch wie in einem Alptraum ihr eigenes Leben vor Augen geführt bekommen. Die symbolhafte Sprache und die langen Sätze Dagermans machen den Roman jedoch zu einem nahezu unlesbaren Meisterwerk.

Im Jahre 1947 wurde im Stockholmer Dramaten das Drama Dagermans Den dödsdömde aufgeführt, es erschien seine Novellensammlung Nattens lekar und er veröffentlichte seine gesammelten Reportagen aus dem Nachkriegsdeutschland unter dem Titel Tysk höst, die er im Laufe des Jahres 1946 im zerbombten Deutschland für den Expressen gemacht hatte. Diese Reportagen machten den Schriftsteller auch beim breiten Publikum bekannt, da er für die Zeitung eine leichter zugängliche Sprache benutzte als bei seinen anderen Werken.

Als Stig Dagermann im folgenden Jahr eine Folgereportage in Frankreich machen sollte, war er unfähig auch nur einen Artikel zu liefern, da er dem Leistungsdruck, der auf ihm lag, nicht gewachsen war. In diesem Jahr in Frankreich erschien daher lediglich sein Roman Bränt barn in dem der Autor eine komplizierte psychologische Entwicklung eines jungen Mannes beschreibt, der die neue Frau seines Vaters erst ablehnt und sich dann von ihr angezogen fühlt und ein Verhältnis mit ihr eingeht.

Auch wenn Stig Dagerman nach Brännt barn noch einige weitere Werke veröffentlichte, so blieb dieser Band der meist gelesene seiner schriftstellerischen Karriere, der ein sehr breites Publikum ansprach.

Im Jahre 1950 ließ sich Stig Dagerman von seiner ersten Frau scheiden und heiratete die Schauspielerin Anita Björk. Er ließ sich gleichzeitig einen hohen Vorschuss für seinen nächsten Roman auszahlen, aber wegen einem anhaltenden Schreibkrampf, starken Depressionen und Angstzuständen entstand ab diesem Zeitpunkt kein Buch mehr von dem als Genie bezeichneten Autor. Nach zahlreichen Depressionen, Aufenthalten im Krankenhaus und mehreren missglückten Selbstmordversuchen nahm sich Stig Dagerman am 5. November 1954 in seiner Garage in Enebyberg (Danderyd) das Leben, wobei jedoch alles darauf hindeutet, dass er es sich auch dieses Mal in der letzten Sekunde anders überlegt hatte, denn er hatte den Fuß vom Gas genommen und versuchte, wenn auch zu spät, aus seinem Fahrzeug auszusteigen.

Copyright: Herbert Kårlin

20 september 2012

Olle Hedberg, der Autor, der seine Vergangenheit verbrannte

Olle Hedberg, der eigentlich Carl Olof mit Vornamen hieß, wurde am 31. Mai 1899 in Norrköping geboren und nahm sich am 20. September 1974 in Verveln im Östergötland das Leben, nachdem seine einzige Tochter Birgitta kurz zuvor an einer Gehirnblutung gestorben war.

Als Olle Hedberg drei Jahre alt war, starb sein Vater, so dass er und sein Bruder allein mit der Mutter in Södertälje und Stockholm aufwuchsen. Da Olle von Kindheit an Schriftsteller werden wollte, studierte er gegen 1920 an der Universität in Stockholm Literaturgeschichte und Religionsgeschichte, ohne jedoch je einen Abschluss zu machen.


Vermutlich noch während der Studienzeit heiratete Olle Hedberg die Literaturforscherin und Schriftstellerin Ruth Hedberg, geborene Collin, die sich allerdings nur Chloë nannte. Das Paar zog dann in den Ort Verveln im südlichen Östergötland, in ein Haus, das der Schriftsteller auch behielt als seine Frau 1959 starb, auch wenn er ab diesem Zeitpunkt immer häufiger im Ausland unterwegs war.

Obwohl Olle Hedberg seit 1930 jeweils ein Buch pro Jahr herausgab, ausgenommen 1939, als zwei Werke im gleichen Jahr erschienen, so ist über sein Privatleben kaum etwas bekannt was über den Inhalt seines autobiografischen Roman Mitt liv var ett dröm aus dem Jahre 1962 hinausgeht, denn bevor der Schriftsteller Selbstmord beging, verbrannte er alle privaten Aufzeichnungen, sowie sämtliche Fotos und Briefe, die einen kleinen Einblick in sein Leben gewährt hätten.

Das Thema der meisten Bücher, die Olle Hedberg schrieb, kreisten um das bürgerliche Leben Schwedens vor den 50er Jahren, was ihm Anfangs eine sehr große Leserschicht brachte, ab den 60er Jahren jedoch immer weniger Schweden ansprach, da die bürgerliche Epoche als Vergangenheit betrachtet wurde und der Widerstand gegen das alte System von einer Arbeiterbewegung abgelöst worden war, einem Schritt, dem Olle Hedberg nicht folgen konnte.

Der Durchbruch kam für Olle Hedberg bereits mit seinem ersten Buch Rymmare och fasttagare, der Geschichte eines bürgerlich erzogenen Gymnasiasten, der von zu Hause ausreißt um den Sinn des Lebens als Arbeiter zu finden. Nachdem die Kritiker das Werk in jeder erdenklichen Weise lobten, wurde das Buch selbst zur Pflichtlektüre in Schulen, zumal die Hauptfigur des Romans, Niklas Nissman, sich letztendlich an das gesellschaftlich vorgegebene System anpasst und zurück in die Bourgeoisie kehrt.

Im Laufe seiner Werke dringt bei den Werken Hedbergs immer mehr eine Art Religiosität hervor, die das Leben nach dem Tod als Ideal betrachtet und das Leben als solches nur als notwendiges Zwischenstadium. Dieser Inhalt führte nach dem Tod Hedbergs auch dazu, dass man davon ausgeht, dass sich der Schriftsteller schon immer mit dem Selbstmord auseinandersetzte, was nach dem Tod seiner Frau im Jahre 1959 jedoch extreme Züge annahm.

Nach Literaturwissenschaftlern gilt der Roman Bekänna färg von 1947 als das Meisterwerk von Olle Hedberg, ein Buch bei dem die Hauptfigur bereits tot ist, ein Werk, das der Autor zu Beginn der 70er Jahre, gemeinsam mit vier späteren Werken, für eine Neuauflage auswählte.

Das einzig emotionale Werk des Schriftsteller ist mit Sicherheit die Satire Ut med blondinerna! aus dem Jahre 1939, das den Untertitel Sann berättelse ur livet trug und gegen den Nazismus in Deutschland gerichtet war. Obwohl Olle Hedberg um diese Zeit bereits einen ausgezeichneten Ruf hatte, verbot das schwedische Außenministerium das Werk in einer Radiosendung zu diskutieren, da man in diesen Jahren in Schweden keine Kritik gegen des Nazideutschland offen zeigen durfte.

Die letzten beiden Bücher des Schriftstellers waren Tack och farväl aus dem Jahre 1973, ein Roman nahezu ohne Handlung bei dem die Dialoge nur um den Abschluss des Lebens ohne begehrenswerte Zukunft handeln und Tänk att ha hela livet framför sej, das noch 1974 erschien und der Abschluss seines Lebens bildete.

Copyright: Herbert Kårlin