4 november 2012

Stig Dagerman, ein zerrissenes Leben bis zum Tod

Stig Dagerman wurde am 5. Oktober 1923 in Älvkarleby geboren. Der Vater, ein Sprengmeister, wollte nicht viel von ihm wissen und die Mutter, Helga Andersson, eine Telefonistin in Härnösand sah keine Möglichkeit sich um ihn zu kümmern, so dass der spätere Schriftsteller einen Teil seiner Kindheit bei den Großeltern verbringen musste.

Ursprünglich hieß Stig Dagerman nach der Mutter ebenfalls Andersson, aber als Gymnasiast nahm er dann den Namen des Vaters an, der zu dieser Zeit in Stockholm lebte. Mit neun Jahren zog Stig zu seinem Vater nach Stockholm, ohne ihm jedoch in irgendeiner Weise näher zu kommen. Die einzige Linie, die ihn mit seinem Vater verband, war die Arbeiterbewegung für die sich Stig ab seinem dreizehnten Jahr interessierte.


Als 1940 der Großvater Stig Dagermans von einem Psychopath ermordet wurde und kurz darauf auch seine Großmutter an einer Gehirnblutung starb, beging der Autor seinen ersten Selbstmordversuch, dem in den folgenden Jahren noch mehrere Versuche folgen sollten. Allerdings wurde er jedes Mal rechtzeitig gerettet, aber er überwand das Trauma mit seinen Großeltern und die Situation des verlassenen Sohnes nie.

Mit 17 schloss sich Stig Dagerman der Gewerkschaftsbewegung an und wurde Mitglied der Jugendverbandes SUF (Sveriges syndikalistiska ungdomsförbund), wo man sehr schnell seine Fähigkeiten sich schriftlich auszudrücken entdeckte. Auf diese Weise wurde er erst Redakteur der Mitgliedszeitschrift Storm und später bei der Zeitung Arbetare, wo er Chroniken schrieb und einen täglichen Vers veröffentlichte, wobei der letzte seiner Verse noch am Tag seines Tod veröffentlicht wurde.

In Stockholm traf Stig Dagerman dann seine erste Frau, Annemarie Götze, die mit ihrer Familie vom Nazideutschland über Spanien und Norwegen nach Stockholm gekommen war. Sehr bald zog der Schriftsteller bei Familie Götze ein, da die Wohnsituation mit seinem Vater sehr angespannt war und 1943 heiratete er Annemarie.

Die literarische Karriere Stig Dagermans begann 1945 mit dem Roman Ormen, einem Roman, der seinen Hintergrund im Barackenmilieu hat und von Angst und Schrecken dominiert wird. Der Roman wurde unmittelbar als das Werk eines Genies betrachtet, was sogar soweit ging, dass andere Autoren der Epoche sich ein Beispiel an Dagerman nahmen und er ein literarisches Beispiel der 40er Jahre wurde.

In den folgenden vier Jahren zeigte der Schriftsteller eine enorme Arbeitsleistung, denn er schrieb Romane, Novellen, Dramas und Artikel für die Zeitung Arbetare. Sein zweiter Roman erschien 1946 mit dem Titel De dömdas ö, ein Roman in dem sieben Schiffbrüchige auf einer einsamen Insel ihrem Schicksal entgegengehen, vorher jedoch wie in einem Alptraum ihr eigenes Leben vor Augen geführt bekommen. Die symbolhafte Sprache und die langen Sätze Dagermans machen den Roman jedoch zu einem nahezu unlesbaren Meisterwerk.

Im Jahre 1947 wurde im Stockholmer Dramaten das Drama Dagermans Den dödsdömde aufgeführt, es erschien seine Novellensammlung Nattens lekar und er veröffentlichte seine gesammelten Reportagen aus dem Nachkriegsdeutschland unter dem Titel Tysk höst, die er im Laufe des Jahres 1946 im zerbombten Deutschland für den Expressen gemacht hatte. Diese Reportagen machten den Schriftsteller auch beim breiten Publikum bekannt, da er für die Zeitung eine leichter zugängliche Sprache benutzte als bei seinen anderen Werken.

Als Stig Dagermann im folgenden Jahr eine Folgereportage in Frankreich machen sollte, war er unfähig auch nur einen Artikel zu liefern, da er dem Leistungsdruck, der auf ihm lag, nicht gewachsen war. In diesem Jahr in Frankreich erschien daher lediglich sein Roman Bränt barn in dem der Autor eine komplizierte psychologische Entwicklung eines jungen Mannes beschreibt, der die neue Frau seines Vaters erst ablehnt und sich dann von ihr angezogen fühlt und ein Verhältnis mit ihr eingeht.

Auch wenn Stig Dagerman nach Brännt barn noch einige weitere Werke veröffentlichte, so blieb dieser Band der meist gelesene seiner schriftstellerischen Karriere, der ein sehr breites Publikum ansprach.

Im Jahre 1950 ließ sich Stig Dagerman von seiner ersten Frau scheiden und heiratete die Schauspielerin Anita Björk. Er ließ sich gleichzeitig einen hohen Vorschuss für seinen nächsten Roman auszahlen, aber wegen einem anhaltenden Schreibkrampf, starken Depressionen und Angstzuständen entstand ab diesem Zeitpunkt kein Buch mehr von dem als Genie bezeichneten Autor. Nach zahlreichen Depressionen, Aufenthalten im Krankenhaus und mehreren missglückten Selbstmordversuchen nahm sich Stig Dagerman am 5. November 1954 in seiner Garage in Enebyberg (Danderyd) das Leben, wobei jedoch alles darauf hindeutet, dass er es sich auch dieses Mal in der letzten Sekunde anders überlegt hatte, denn er hatte den Fuß vom Gas genommen und versuchte, wenn auch zu spät, aus seinem Fahrzeug auszusteigen.

Copyright: Herbert Kårlin

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