31 mars 2013

Henning Berger und der desillusionierte Auswandererroman

Henning Berger wurde am 22. April 1872 als Sohn des Wachtmeisters Lars Johan Berger und dessen Frau Sofie Sjöberg in Stockholm geboren und starb am 30. März 1924 im Alter von 51 Jahren in Kopenhagen. Berger war in erster Ehe mit Anna Elisabet Lindquist verheiratet, in zweiter Ehe mit der Dänin Karen Vedel und in dritter Ehe mit Viveke Elsass.

Auch wenn Henning Berger die höhere Schule besuchte und ursprünglich einen Universitätsabschluss plante, so zerschlug sich dies sehr bald und er musste mit 17 die Schule aufgeben. Auch seine Abendkurse an der Technischen Schule in Stockholm führten zu keinem Erfolg, was dazu führte, dass Berger 1889 nach New York auswanderte um dort sein Glück zu suchen. Sechs Monate später war der spätere Schriftsteller jedoch wieder zurück in Schweden und nahm eine Arbeit als Büroangestellter an.


Der Traum vom Glück in Amerika war damit jedoch nicht zu Ende und bereits 1892 war Henning Berger erneut auf dem Weg in die USA, dieses Mal mit dem Ziel Chicago, wo er bei White Star Line eine Anstellung als Buchhalter fand, der ihn jedoch dem Traum vom Glück und Reichtum kaum näher brachte, sondern ihm zeigte unter welchen Situationen all die schwedischen Einwanderer in den USA leben mussten.

Als Henning Berger gegen Weihnachten 1899 erneut nach Schweden zurückkehrt, findet er bei der Zeitschrift Varia eine Anstellung als Radaktionssekretär und beginnt seine Laufbahn als Schriftsteller. Bereits 1901 erscheint sein erstes Buch, die Novellensammlung Där ute. Die Novellen des Buches lassen den Leser das Schicksal schwedischer Auswanderer erleben, ihre Träume, wie sie von rücksichtslosen Arbeitgebern ausgenutzt werden, lassen das Heimweh miterleben und zeigen welchem kulturellen Schock sie ausgesetzt sind. Berger ist damit der erste Autor, der über ein Thema schreibt, über das man in Schweden bis zu diesem Zeitpunkt kaum spricht.

Bevor Henning Berger dann einige Monate in München und ein halbes Jahr in Paris verbringt, erscheinen noch die Novellensammlung Ridå und der Roman 86 Clark Street, die erneut die Schicksale von Amerika-Auswanderern zeigen. In Paris schreibt der Autor anschließend das Theaterstück Syndafloden, das im Dramaten in Stockholm aufgeführt wird und in Mississippi der Jahrtausendwende spielt. Bis 1910 bleibt Berger dann diesem Thema treu, das vielen Schweden während der großen Auswanderungswelle zu denken gibt und ihnen einige Träume zerstört. Parallel dazu nimmt auch die Anzahl der Auswanderer ab.

Bereits 1908 trat eine Wende im Leben von Henning Berger ein, denn als er dem Schriftsteller Hans Magnus Nordlindt seinen in Paris erworbenen Revolver zeigen wollte, löste sich ein Schuss und Berger tötete dabei seinen Kollegen, was ihm einen Monat Gefängnis wegen nachlässigem Totschlag einbrachte. Der Schriftsteller brach nach seinem Gefängnisaufenthalt mit Schweden ab und ging nach Kopenhagen, wo er bis zu seinem Tod seinen Hauptwohnsitz behielt.

In Dänemark dehnte dann Henning Berger auch seine literarische Aktivität aus und seine Romane und Novellen handeln nicht mehr ausschließlich um die Auswanderer in den USA, sondern er sucht seine Themen auch im Stockholm, was sich insbesondere beim ersten und dritten Band der Romantrilogie Drömlandet, Bendel & Co. und Fata Morgana deutlich zeigt. Auch in Stockholm steigt der Schriftsteller in die Seele der einfachen Bürger ein, die ihre eigenen Träume haben und geradezu unterwürfig vor der Mittelklasse auftreten müssen um einen Schimmer des möglichen Wohlstands zu sehen. Neben den Intrigen interessiert Berger vor allem das Seelenleben der Bürger und die Beschreibung Stockholms, das sich zwischen 1880 und 1910 bedeutend verändert.

Der Schriftsteller Henning Berger beginnt später auch das Kopenhagen zu beschreiben, das er vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg erlebte und bietet mit diesen Romanen erneut ein einzigartiges literarisches Dokument einer Epoche des Wandels, eine Epoche der Träume und der Hoffnungen.

Gegen Ende seines Lebens wird Henning Berger dann tiefsinniger und seine Schilderungen verlieren mehr und mehr die positive Einstellung, die er bei seinen früheren Werken zeigte. Die letzten Romane des Autors berühren mehr und mehr religiöse und ethische Fragen des Lebens, ohne dass Berger jedoch einen Anker in der Religiosität sucht. Der Schriftsteller gehörte nie einer klaren Schicht von Autoren an und ging in keiner Gruppe ein, was den Vorteil hatte, dass er sich selbst und seine persönlichen Erlebnisse ausdrücken konnte ohne einem Schema folgen zu müssen.

Auch wenn Henning Berger sich in seinen Romanen und Novellen vor allem für die unterste Schicht der Bevölkerung interessierte, die am leichtesten das Opfer der Oberschicht wird, so schrieb er auch einige wenige Abenteuerbücher und Kriminalromane, die jedoch nicht an die Leistung seiner Werke über die Auswanderer und das Leben in Stockholm oder jenes in Kopenhagen heranreichen. Hervorzuheben ist jedoch, dass Berger einer der ersten Schriftsteller Schwedens war, der im Jahre 1910 mit Emigrant direkt ein Filmmanuskript schrieb ohne dabei den Umweg über einen Roman zu nehmen.

Copyright: Herbert Kårlin

30 mars 2013

Jan Olof Olsson, der historische Roman und Reiseschilderungen

Jan Olof Olsson wurde am 30. März 1920 als Sohn des Bürochefs Nils Olof Olsson und dessen Frau Anna Berta Andersson in Stockholm geboren und starb am 1. Mai 1974 in Hjärnarp bei Kristianstad. Olsson, der ab 1919 mit der Journalistin und Schriftstellerin Margareta Waldemarsdotter Sjögren verheiratet war, war vor allem unter seinem Pseudonym Jolo bekannt geworden.

Da der Vater von Jan Olof Olsson für das kartographische Institut arbeitete, verbrachte er die Monate von Mai bis September in den unterschiedlichsten Gegenden Schwedens, wohin ihn auch die Familie meist begleitete. Bereits sehr früh konnte Olsson daher die Regionen Schwedens entdecken und Bekanntschaft mit dem Leben außerhalb Stockholms machen. Außer dem Interesse für die Landschaften Schwedens entwickelte der Schriftsteller ein reges Interesse für amerikanische Filme und besuchte sehr häufig Kinovorstellungen. Im Gymnasium begann Olsson literarische und journalistische Aktivität als Redakteur der Schülerzeitschrift Concordia.


Nach der Hochschulreife am Högre latinläroverket in Stockholm studierte Jan Olof Olsson ab 1939 Geschichte an der Universität Stockholm und war sowohl im studentischen Filmstudio als auch der Studentenzeitschrift Gaudeamus aktiv, was ihm nach dem Studium den Zugang zum Svenska Morgonbladet und den Dagens Nyheter (DN) öffnete. Bereits ab 1941 hatte Olsson erste Filmkritiken für mehrere Zeitungen geschrieben und sein Pseudonym Jolo angenommen. Ab 1945 hatte der Journalist und Schriftsteller einen festen Vertrag mit der Tageszeitung Dagens Nyheter.

Die literarische Aktivität von Jan Olof Olsson lässt sich in drei Gruppen einteilen, nämlich in Reisebücher, die er oft gemeinsam mit seiner Frau schrieb, in Geschichtsromane und in Belletristik, die auf sehr unterschiedliche Weise betrachtet werden müssen, auch wenn der Schriftsteller in seiner ersten Phase des Schreibens sowohl Reiseschilderungen als auch Romane veröffentlichte.

Die Reisebücher, die Jan Olof Olsson ab 1950 veröffentlichte, bauen überwiegend auf seine Reportagen bei Dagens Nyheter auf und sind mehr oder weniger eine Zusammenfassung früherer Artikel, die er populärwissenschaftlich mit Informationen zur Geschichte und zur Literatur des Landes ergänzte. Was ebenfalls auffällt ist, dass er nie die Länder als solches porträtiert, sondern sich auf Städte mit ihren Menschen und ihren Lebenssituationen beschränkt. Bei Büchern wie Drottningens England aus dem Jahre 1954 oder Irland, den omöjliga ön drei Jahre später spürt man sehr deutlich die Handschrift seiner Frau, die zwar das Interesse für Literatur und Geschichte mit ihrem Mann teilt, die Landesschilderungen jedoch auch aus den Städten entfernt.

Als Romanautor beginnt Jan Olof Olsson im Jahre 1956 mit Årsklass 39, wobei er in diesem Bereich nie das selbst gesetzte Niveau erreicht, da er sich zu sehr an die Denkweise des Journalismus hält und dadurch den Fluss eines guten Romans verpasst. Olsson hält ich dabei zu sehr an geschichtliche Handlungen, an Ereignisse, die er einbinden will und ist nicht in der Lage die Romanhandlung in den Vordergrund zu schieben. Dieser Nachteil des Romanautors Olsson wird dagegen für den Manuskriptschreiber Olsson 1973 ein Vorteil, denn die Schilderung Schwedens während der Bereitschaftsjahre wird in der Fernsehserie Någonstans i Sverige zu einem Erfolg, da hierbei die geschichtliche Handlung die Oberhand hat und er die Geschichte zu einem spannenden Erlebnis für den Zuschauer machen kann.

Der einzige Roman Jan Olof Olssons, der sich zu einem wahren Erfolg entwickelt, De tre från Haparanda, ist eine Mischung aus Geschichtsroman des Ersten Weltkriegs und einem Kriminalroman, denn bei diesem Werk gelingt es Olsson Spannung mit mehreren Intrigen in eine Geschichte zu packen, die ihren Anfang in der Grenzstadt Haparanda während des Ersten Weltkriegs hat und dabei die Zusammenarbeit von russischer und schwedischer Polizei nach einem mysteriösen Polizistenmord zeigt. Nachdem auch noch eine geheimnisvolle Schauspielerin eine Schlüsselrolle spielt, findet hier der Schriftsteller alle Elemente, die einen großen Leserkreis fangen können.

Die Gabe der journalistischen Suche zeigt vor allem bei den Geschichtsromanen von Jan Olof Olsson seine Wirkung, denn seine drei Bücher über den Ersten Weltkrieg, den er nie erlebt hat, werden zu einem der bedeutendsten Erfolge des Autors, da es Olsson dabei gelingt nicht nur die Entwicklung und die Konsequenzen dieses Krieges zu analysieren, sondern auch die internationale Warte und die schwedische Situation von schwedischer Seite aus zu beleuchten. Man spürt, dass der Schriftsteller sich intensiv mit der Zeit beschäftigt hat und in der Lage ist den Stoff in gut lesbarer Romanform zu präsentieren. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass diese Trilogie sowohl von Seiten des literarischen Lesers als auch von Geschichtswissenschaftlern geschätzt wird.

Die Bedeutung von Jan Olof Olsson für die schwedische Literaturgeschichte liegt vor allem an seinen historischen Beschreibungen, die nicht nur das Schweden der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beleuchten, sondern auch, dass der Schriftsteller, der eine Vorliebe für die englische Kultur hatte, ein Schweden zeigt, wie man es von anderen Ländern aus sieht und der nationale Gedanke teilweise vollständig in den Hintergrund rückt. Seine Stärke liegt nicht in der Belletristik, sondern im sachbuchartigen Roman, dem er Elemente der Belletristik beifügt.

Copyright: Herbert Kårlin

Göteborger Flugschau 2013

29 mars 2013

Jan Broberg und der schwedische Kriminalroman

Jan Broberg wurde am 9. Dezember 1932 in Malmö geboren und starb am 29. März 2012 im Alter von 79 Jahren in Lund. Broberg war mit Britta verheiratet, die ihn überlebte und hat drei Kinder. Der Schriftsteller studierte ab 1951 an der Universität Lund nordische Geschichte und Literaturwissenschaft. Nach Abschluss seines Studiums war der Autor von 1958 bis 1997 Gymnasiallehrer für Geschichte und Schwedisch in Nässjö.

Mehr oder weniger durch Zufall geriet Jan Broberg bereits zu Beginn seines Studiums in der der Malmöer Stadtbibliothek an den Kriminalroman Murder for pleasure von Howard Haycraft, eine Lektüre, die sein Leben maßgeblich beeinflussen sollte, denn bis 1954 hatte der Student der Literaturwissenschaften sehr viele Kriminalromane gelesen und war der Meinung, dass der schwedische Kriminalroman zwar blühte, aber zu den schlechtesten weltweit gehörte.


Der Schriftsteller wollte diese Meinung nicht für sich behalten, sondern Jan Broberg entschloss sich einen Artikel darüber zu schreiben, den er der Kvällsposten anschließen anbot. Der Kulturchef der Zeitung akzeptierte nicht nur den Artikel, sondern Broberg wurde von ihm unmittelbar mit dem zukünftigen Kritiken von Kriminalromanen beauftragt, eine Arbeit, die er bis 1973 ausübte und an dem Tag beendete, als er statt Kriminalromanen auch ein Gartenbuch rezensieren sollte, da die Chefradaktion der Meinung war, dass ein Kritiker auch darüber Rezensionen schreiben sollte wovon er keine Ahnung hat.

Im Jahre 1971 wurde Jan Broberg die treibende Kraft bei der Gründung der Svenska Deckarakademin, die das Ziel hat dem schwedischen Kriminalroman zu einer anerkannten internationalen Literaturgattung zu verhelfen indem sie Autoren fördert, die sich durch herausragende Leistungen innerhalb des Kriminalromans auszeichnen. Indirekt bedeutet dies auch, dass diejenigen Kriminalautoren, der nie eine Auszeichnung der Akademie erhalten oder nie für einen Preis nominiert werden nur mittelmäßige bis schlechte Kriminalromane schreiben.

Auch wenn Jan Broberg im Laufe der Jahre eine bedeutende Anzahl an Sachbüchern geschrieben hat, so versuchte er sich nie an Belletristik und verfasste nicht einen einzigen Kriminalroman. Broberg begnügte sich mit Kritiken, er schrieb Vorworte zu rund 80 Büchern, überwiegend zu Kriminalromanen, und zeichnet für etwa 30 Anthologien, darunter 18 mit Kriminalnovellen. Hinzu kommen noch sieben Sachbücher des Autors zum Thema Kriminalroman.

Ab den 70er Jahren galt Jan Broberg bereits als der Fachmann des Kriminalromans, der auch den Nachwuchs in diesem Bereich sehr gut kannte und dabei viele schlechte Krimis las, aber nur literarisch bedeutende Werke auch direkt oder indirekt unterstützte. In diesem Rahmen wählte er auch für die Kriminalromanserie des Verlegers Åke Hallberg zwischen 1973 und 1982 insgesamt 64 Kriminalromane aus, die man als Liebhaber dieser literarischen Kategorie gelesen haben sollte und sich dabei nicht nur auf jene beschränken will, die in schwedischer Sprache erschienen.

Obwohl Jan Broberg sein Leben lang versuchte dem schwedischen Kriminalroman Prestige zu verleihen, so blieb seine allgemeine Kritik für viele schwedische Autoren ein Schlag ins Gesicht, denn nach dem Fachmann des schwedischen Kriminalromans sind die Mehrheit der Krimis, die in Schweden erscheinen, eine reine Katastrophe, da nahezu jeder Schwede glaubt einen Kriminalroman schreiben zu können und dann nur eine üble Intrige präsentiert, die vielleicht noch spannend sein kann, aber der jedes literarische Gefühl abgeht und nicht mehr bietet als ein Groschenheft in Buchform.

Jan Broberg, der ab Mitte der 70er Jahre neben seinem Beruf als Lehrer auch als Kritiker von Kriminalromanen für die Tageszeitung Sydsvenskan und die Zeitschrift Jury schrieb, hat sich natürlich nicht nur mit dem schwedischen Kriminalroman beschäftigt, sondern wusste auch was und welche Qualität in anderen Ländern produziert wurde. Diese Kenntnisse führten auch dazu, dass er von zahlreichen Verlagen und Filmgesellschaften als Ratgeber gefragt war und den Beinamen the walking encyclopedia of crime fiction erhielt. Broberg hat im schwedischen Raum keinen Nachfolger, auch wenn die Arbeit der Deckarakademin weiterhin fortsetzt und nach den besten Kriminalautoren des Landes Ausschau hält.

Noch kurz vor seinem Tod veröffentlichte Jan Broberg, dieses Mal gemeinsam mit Bo Lundin, den Ratger 50 fullträffar : riktigt bra deckare från alla tider, einen Leitfaden, der, wenn auch etwas subjektiv, zu den besten 50 Kriminalromanen führen soll, die je geschrieben wurden, die allerdings nicht unbedingt von schwedischen Autoren geschrieben wurden.

Wenn man die Sachbücher zu den unterschiedlichsten Themen von Jan Broberg liest, so stellt man sehr schnell fest, dass der Autor wusste wovon er schrieb, dass er über eine sehr ausgewählt Sprache verfügte und wusste, dass er in die Sachlichkeit Humor einflechten muss, damit der Leser auch ein Sachbuch bis zur letzten Zeile lesen wollen. Den Aufbau eines Kriminalromans sucht man jedoch vergebens.

Copyright: Herbert Kårlin

Vetenskapsfestivalen Göteborg 2013

28 mars 2013

Carl Rupert Nyblom, von der Romantik zum Realismus

Carl Rupert Nyblom wurde am 29. März 1832 als Sohn des Schneiders und Ratsmanns Anders Nyblom und dessen Frau Anna Johanna Lundin in Stockholm geboren und starb am 30. Mai 1907 ebenfalls in der schwedischen Hauptstadt. Nyblom war ab 1864 mit der in Dänemark geborenen Schriftstellerin Helene Augusta Roed verheiratet.

Bereits als Schüler zeichnete sich Carl Rupert Nyblom dadurch aus, dass er lateinische Gedichte schrieb, wofür er auch mehrere Preise erhielt. Seine Schulbildung erhielt der Skalde in der Kathedralschule in Uppsala, seine Umgangsform vor allem durch seine Tätigkeit als Nachhilfelehrer bei der Familie Westerstrand. Auch wenn man wenig über die Kindheit und die Jugend des Schriftstellers weiß, so ist sicher, dass er in einem wohlhabenden bürgerlichen Milieu aufwuchs wo sehr früh mit Literatur und Musik konfrontiert wurde. Auch wenn Nyblom seine ersten ersten Gedichte im „edlen“ Latein verfasste, so interessierte er sich frühzeitig für die moderne Literatur des Nordens jener Zeit und für moderne Sprachen.


Nach seiner Hochschulreife im Jahre 1850 studierte Carl Rupert Nyblom Ästhetik, Deutsch und Schwedisch an der Universität Uppsala. 1862 wurde er an der gleichen Universität Dozent für Ästhetik, wobei er in den ersten Jahren als Dozent auch einige kunsthistorische Studienreisen nach Deutschland, Frankreich und Italien unternahm.

Die literarischen Interessen von Carl Rupert Nyblom, die bereits in der Schule festgestellt wurden, zeigten noch während seiner Studienzeit in Uppsala ihre Früchte, denn 1853 errang er mit seinem Gedicht Arion einen Preis der Svenska Akademien, was jedoch auch damit zusammenhing, dass sich Nyblom bei seinen Gedichten an die konservative Dichtkunst hielt und moderne Tendenzen in der Lyrik vermied.

Diese konservative Einstellung zur Dichtkunst Mitte des 19. Jahrhunderts muss man auch in Zusammenhang mit seinen Lehrern an der Universität in Uppsala sehen, denn die Humanisten Christopher Jacob Boström und Bernhard Elis Malmström hatten sich zwar von den rigiden Strömungen der akademischen Welt abgewandt, waren jedoch beide nationalistisch eingestellt und setzten den Skandinavismus über die moderneren Strömungen anderer Länder. In diesem Zusammenhang kann auch verstehen, dass sich Nyström ebenfalls dem rationellen Idealismus Schwedens anschloss.

Nach einigen kunsthistorischen Büchern Carl Rupert Nybloms zu Beginn der 60er Jahre, die die Folge seiner Reisen nach Frankreich und Italien waren, gründete der Schriftsteller 1865 die Svensk litteraturtidskrift, die ein Bindeglied zwischen akademischer Literaturgeschichte und an Literatur interessierten Laien sein sollte und vor allem den Realismus in der Lyrik verteidigte und damit gegen die vorherigen romantischen Strömungen einwirkte, da Nyblom der Meinung war, dass die Kunst durch eine realistische Beschreibung mehr in den Vordergrund dringt als eine träumerische romantische Darstellung, die immer subjektiv sein muss. Vermutlich war diese Aktivität auch mit einer der Gründe, warum Nyblom 1867 eine Professur in Literaturgeschichte und Kunstgeschichte an der Universität in Uppsala erhielt.

Während Carl Rupert Nyblom kunsthistorische Forschungen anstellte und in diesem Rahmen auch bedeutende Studien veröffentlichte, versuchte er nie literaturhistorische Forschungen zu betreiben, sondern begnügte sich damit seinen Schülern wie Oscar Levertin oder Karl Warburg dazu zu verhelfen neue Wege in der Literatur zu finden und sich dem realistischen Naturalismus zu nähern, der vor allem Ende des 19. Jahrhunderts seinen wahren Durchbruch hatte.

Carl Rupert Nyblom nimmt daher in der Literaturgeschichte Schwedens eine sehr wichtige Stellung ein, da er den Umbruch von der Romantik zum Realismus einleitete, auch wenn Nyblom, auf Grund seines konservativen Gedankenguts, die schwedische Literatur noch in einem geschlossenen Rahmen betrachtete und die parallele Entwicklung der deutschen, englischen und französischen Literatur kaum beachtete, im Gegensatz zu seinen Schülern. Bereits die dänische Literatur jener Epoche war Nyblom zu fortschrittlich und er hatte Schwierigkeiten sie mit den gleichen Augen zu betrachten wie die schwedische Literatur.

Carl Rupert Nyblom verschloss sich jedoch nicht ganz der Literatur anderer Länder und leistete einen bedeutenden Beitrag bei der Übertragung angelsächsischer Literatur ins Schwedische. Allerdings griff er dabei nicht zu zeitgenössischen Autoren, sondern zu den Sonettes von William Shakespeare, der in den Augen Nybloms ein literarisches Genie war, und zu den Melodien von Thomas Moore, die um diese Zeit in Schweden noch unbekannt waren.

Mit der Herausgabe der Svensk litteraturtidskrift und der Ehe mit Helene Augusta Roed entwickelte sich das Heim des Ehepaares zu einem literarischen Salon Uppsalas wo sich nahezu alle bedeutenden Künstler und Schriftsteller jener Epoche trafen, was Carl Rupert Nyblom eine wichtige Rolle in der Entwicklung der schwedische Literatur gab, die nur selten hervorgehoben wird.

Carl Rupert Nyblom wurde 1866 in die Kungliga Vetenskaps- och Vitterhetssamhället in Göteborg gewählt, nahm 1879, nach Elias Fries, den Stuhl Nummer 14 des Svenska Akademien ein, wurde 1884 in die Kungliga Musikaliska Akademien gewählt und war von 1900 bis 1907 Mitglied des Nobelkomitees.

Copyright: Herbert Kårlin

Pferdesport in Göteborg

27 mars 2013

Johan Murberg und der Erfolg der schwedischen Sprache

Johan Murberg wurde am 4. Dezember 1734 als Sohn des Seefahrers Jöns Murberg und dessen Frau Magdalena Larsdotter in Gävle geboren und starb am 27. März 1805 im Alter von 70 Jahren in Stockholm. Murberg war ab 1775 mit Lovisa Catharina Menlös verheiratet.

Über die Kindheit und die Jugend von Johan Murberg ist nichts bekannt, außer dass er ab 1747 die Trivialskola (höhere Grundschule) und ab 1750 das Gymnasium in Gävle besuchte um anschließend Theologie an der Universität in Uppsala zu studieren, ein Studium, das der Pädagoge, Wissenschaftler und Schriftsteller 1761 mit einem Magisterexamen beendete. Ab 1763 arbeitete Murberg dann an der Universität Uppsala als Dozent, erst für die hebräische Sprache und später auch für Altgriechisch.


Foto: SPA (Gemälde eines unbekannten Malers)

Bald verließ jedoch Johan Murberg die universitäre Laufbahn und übernahm erst ein Lektorat an seiner früheren Schule in Gävle um später Rektor der einzigen höheren Schule Stockholms zu werden, eine Aufgabe von der er jedoch, nach zehnjähriger aktiver Tätigkeit, ab 1788 permanent freigestellt war, da er sich anderen pädagogischen und wissenschaftlichen Aufgaben zuwenden sollte.

Bereits in Gävle hatte Johan Murberg klare Ideen einer Schulreform, die er versuchte in Stockholm durchzusetzen. Einer der wichtigsten Punkte für Murberg war die schwedische Sprache der lateinischen gleichzustellen und den Unterricht überwiegend in Schwedisch abzuhalten. Hinzu kam eine Einteilung in mehrere gymnasiale Linien und die Einführung eines Pädagogen für Anfänger. Auch wenn diese Pläne nur in sehr wenigen Punkten zu seiner Lebenszeit akzeptiert wurden, so legte Murberg damit die Basis für einen modernen Schulunterricht, den seine Nachfolger dann in die Praxis umsetzen konnten und die Grundlage für die späteren Reformen bildeten.

Als Literat begann Johan Murberg im Jahre 1776, als er von König Gustaf III. damit beauftragt wurde Jean Racines Athalie zu übersetzen, nachdem er am Hof bereits vorher mit einigen seiner Gedichte und öffentlichen Reden aufgefallen war. Es war daher nahezu logisch, dass der König Murberg 1787, als er die Svenska Akademien gründete, dem Skalden und Pädagogen auch dort einen festen Platz gab. Diese Entscheidung des Königs beruhte natürlich nicht nur auf der Dichtkunst Murbergs, sondern auch auf seinem Einsatz für die schwedische Sprache, da die Akademie den Auftrag hatte ein neues schwedisches Wörterbuch zu verfassen, eine Arbeit in die Murberg weitaus mehr Energie setzte als die anderen Mitglieder der Akademie.

Mit dem Eintritt in die Svenska Akademien war Johan Murberg auch dazu verpflichtet eine wissenschaftliche Arbeit zu leisten und diese zu veröffentlichen. Auch in diesem Punkt zeigte sich Murberg extrem aktiv, wobei er sich dabei insbesondere als kulturhistorischer Forscher bewährte, der geradezu regelmäßig seine Arbeiten vorlegte. Seine Arbeiten waren wissenschaftlich sehr ausführlich und präzise, aber leider konnte Murberg keine logischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge ziehen und legte daher nur aufgearbeitetes Archivmaterial vor, das später von anderen Historikern benutzt wurde um damit ein kulturgeschichtliches Bild zu schaffen.

Auch wenn die Leistung von Johan Murbergs für die schwedische Sprache und damit die zukünftige Literatur sehr bedeutend war, so ist seine Leistung innerhalb der schwedischen Literaturgeschichte sehr eingeschränkt. Werke wie Anmärkningar om kläder och ylletyg, som mest nyttjades i Sverige i konung Gustaf I:s tid (1793), Historiska anmärkningar om brännvinets ålder och bruk i allmänhet och i synnerhet i Sverige (1795) oder Historiska anmärkningar om svenska mynten och myntningen under Gustaf I:s regering (1796) zeichnen sich weniger durch eine literarische Stärke aus als vielmehr durch eine gute Forschungsarbeit. Hervorzuheben ist bei den Werken Murbergs, dass er sie in schwedischer Sprache veröffentlichte und damit mit einer Tradition brach. Dieser revolutionäre Gedanke führte dazu, dass Wissenschaft und Literatur ab dieser Epiche, zumindest teilweise, auch einem Kreis zugänglich gemacht wurde, der bis dahin allein mangels Lateinkenntnissen in die ungebildete Schicht Schwedens abgeschoben wurde.

Johan Murberg wurde nicht nur im Jahre 1787 auf den Stuhl Nummer 17 der Svenska Akademien gewählt, sondern war zusätzlich Mitglied der Vitterhetsakademien und schrieb in diesem Rahmen zahlreiche Artikel zur Geschichte Schwedens, die jedoch nicht alle in Buchform erschienen und ebenfalls von einer sehr kritischen Archivarbeit zeugten. Erstaunlicherweise konnte der Autor auch hier keine Konsequenzen ziehen, sondern beschränkte sich auf nüchterne Ausführungen.

Copyright: Herbert Kårlin

26 mars 2013

Aurora Ljungstedt und die ersten Kriminalromane Schwedens

Aurora Ljungstedt, geborene Hjort, wurde am 2. September 1821 als Tochter des Majors Georg Leonard Hjort und dessen Frau Fredrika Elisabet Älf in Karlskrona geboren und starb am 21. Februar 1908 in Stockholm. Ljungstedt war mit dem Bürochef Samuel Viktor Ljungstedt verheiratet und veröffentlichte ihre Werke unter den Pseudonymen Claude Gérard und Richard.

Bis zu ihrem 14. Lebensjahr verbrachte Aurora Ljungstedt in Blekinge in der gehobenen bürgerlichen Gesellschaft. Die Bildung erhielt das Mädchen, wie zu jener Zeit üblich, zu Hause. Mit 14 zog die Familie dann nach Kvillinge bei Kolmården. In dieser Zeit zeigte sich auch deutlich das schriftstellerische Talent von Ljungstedt und sie fasste den Entschluss Schriftstellerin zu werden, was die Mutter jedoch auf jeden Fall verhindern wollte, da dies keine Tätigkeit für eine ehrenhafte Frau war.


Auch wenn die Mutter nicht verhindern konnte, dass Aurora Ljungstedt ab den 40er Jahren ihre Erzählungen im Aftonbladet, der Zeitung Bore und später auch in der Nya dagligt allehanda veröffentlichte, so verzichtete die Schriftstellerin ihr Leben lang darauf ihre Arbeiten unter ihrem wahren Namen zu veröffentlichen und benutzte grundsätzlich männliche Pseudonyme. Diese Geheimhaltung verhinderte allerdings auch einen Umgang mit Gleichgesinnten und versperrte ihr den Zugang zu den literarischen Kreisen jener Epoche.

Erst nachdem Aurora Ljungstedt mit 25 Jahren geheiratet hatte, begann sie von Novellen auf Bücher überzugehen, die jedoch grundsätzlich über die Vermittlung ihres Mannes, der sie in ihrer Arbeit unterstützte, veröffentlicht wurden. Ab diesem Zeitpunkt wählte die Schriftstellerin auch eine Romanfigur Eugène Sues, der auch eines ihrer großen Vorbilder war, als Pseudonym. Außer bei ihrem ersten veröffentlichten Band Hin ondes hus aus dem Jahre 1853 verwendete Ljungstedt dann grundsätzlich das Pseudonym Claude Gérard, das erst 30 Jahre nach der Veröffentlichung ihres ersten Werkes durch Zufall aufgedeckt wurde.

Ähnlich wie bei Eugène Sue, so erschienen auch die Romane von Aurora Ljungstedt zuerst in Forme von Feuilletons und wurden erst später von Bonniers in Buchform veröffentlicht, wobei die  Schriftstellerin bei ihren Roman die Psychologie der handelnden Personen und der Gesellschaft in den Vordergrund setzte, eine Idee, die sowohl Sue als auch Edward Bulwer zu jener Zeit verarbeitet hatten, in Schweden jedoch bis dahin unbekannt war. Bei Ljungstedt führte diese Technik dazu, dass sie auf Grund ihrer teilweise übersinnlichen Erscheinungen als der Edgar Allan Poe Schwedens bezeichnet wurde und sich ihre Bücher zu absoluten Bestsellern entwickelten.

Die Schriftstellerin Aurora Ljungstedt war in vielen Punkten eine Erneuerin des schwedischen Romans, denn auch wenn ihre Romane zu Kriminalromanen gezählt werden, so schrieb sie den ersten Schreckroman Schwedens, den ersten Vorläufer eines Science Fiction und den ersten psychologischen Krimi, der je in Schweden veröffentlicht wurde. Um so erstaunlicher ist es daher, dass Ljungstedt nach ihrem Tode geradezu in die Vergessenheit geriet und nur noch einige wenige Literaturforscher sich an die Schriftstellerin erinnerten. Erst in den 80er Jahren, als der Kriminalroman in Schweden wieder einen Aufschwung erlebte, wurden auch einige Werke Ljungstedts neu entdeckt und wieder aufgelegt.

Eine Neuerung bei Aurora Ljungstedt war auch, dass sie in ihren Romanen Milieuschilderungen, vor allem aus Östergötland und der Umgebung von Kolmården, einbettete und damit dem Kriminalroman einen handelnden Platz gab, der nicht reine Fiktion war. Der Leser konnte sich daher auch in die Gegend der Handlung versetzen, was bis dahin in schwedischen Romanen unmöglich war.

Ein weiteres Stilmittel von Aurora Ljungstedt war, dass sie ihren handelnden Personen Gefühle gab und dabei auch die Sexualität und das Lustgefühl nicht aussperrte, wobei man an sehr vielen Stellen auch spürt mit welcher Ironie sie die Rolle der Frau in jener Epoche behandelt und dabei zu einer Vorläuferin der Feministen wird, auch wenn die Schriftstellerin es nicht wagte die gesellschaftlich gesetzte Grenze deutlich zu überspringen, was jedoch auch damit zusammenhängen kann, dass sie ihrem Mann beruflich nicht schaden wollte.

Die Kriminalromane von Aurora Ljungstedt zeugen von einem erstaunlichen Realismus, was Literaturwissenschaftler und Kritiker damit in Zusammenhang bringen, dass ihr Mann beruflich Zugang zu Kriminalakten hatte und ihr entweder einen Teil dieser Akten zu lesen gab oder aber ihr die Fälle erklärte. Ljungstedt hat zwar keinen der damaligen Fälle behandelt, da dies sowohl ihr als ihrem Mann große Schwierigkeiten eingebracht hätte, aber sie konnte aus diesem Grund in ihren Büchern zu einer Logik greifen, die der Realität sehr nahe kam.

Copyright: Herbert Kårlin

Pferdesport in Göteborg

25 mars 2013

Edith Södergran, die erste Modernistin der schwedischen Literatur

Edith Södergran wurde am 4. April 1892 als Tochter des Schweden Matts Södergran und dessen finnlandschwedischer Frau Helena Lovisa Holmroos im heute russischen Sankt Petersburg geboren und starb am 24. Juni 1923 im Alter von 31 Jahren im damals finnischen Raivola (heute russisch) an TBC. Södergran war nie verheiratet.

Von 1902 bis 1908 besuchte Edith Södergran die deutschsprachige „Höhere Mädchenschule“ in Sankt Petersburg, wo sie außer der deutschen Sprache noch Französisch, Russisch und Englisch lernte, ihre Muttersprache Schwedisch jedoch nicht auf dem Schulplan stand. Trotz dem Mangel an Schwedischkenntnissen entschloss sich Södergran im Jahre 1908 Schwedisch zu ihrer Hauptsprache zu machen, obwohl ihr erstes Werk, das Vaxdukshäftet, eine poetische Schilderung ihrer Schuljahre und der politischen Probleme jener Zeit, noch 206 Gedichte in Deutsch, fünf in Französisch, eines in Russisch und nur 26 in Schwedisch enthielt.


Ihre Entscheidung nur noch die schwedische Sprache zu benutzen kam zur gleichen Zeit als man bei Edith Södergran TBC feststellte und sie deshalb die Schule verlassen musste. Södergran hat sich jedoch den Lehrstoff für die Hochschulreife, die sie in einer externen Prüfung in Helsingfors (Helsinki) im Jahre 1910 ablegte, innerhalb von knapp zwei Jahren privat angeeignet. Die Jahre 1911 bis 1914 verbrachte die Dichterin dann in einem Sanatorium in Davos in der Schweiz.

Als Edith Södergran nach ihrem Aufenthalt in der Schweiz in das damalige Finnland zurückkehrte, veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband Dikter, der jedoch von kaum einem Kritiker positiv bewertet wurde, da Södergran sich bei ihren Gedichten nicht nach die Regeln der schwedische Literatur richtete, sondern ihre Einflüsse aus Deutschland, Frankreich und Russland geholt hatte und daher als typische Repräsentantin der neuen Frauenliteratur bezeichnet werden kann, die zur gleichen literarischen Schicht gehörte wie Else Lasker-Schüler, Lou Andreas-Salomé, Anna Achmatova oder auch Selma Lagerlöf und Ellen Key, eine Literatur, die nach den Kritikern nichts in der nationalistisch geprägten finnlandschwedischen Literatur jener Epoche zu suchen hatte.

Auch wenn Edith Södergran heute als die erste finnlandschwedische literarische Modernistin gilt und in Finnland als die bedeutendste Dichterin des Landes gefeiert wird, so blieb sie während der wenigen Jahre ihres Schaffens mit ihrer Mischung aus deutschem Expressionismus, russischem Futurismus und französischer Symbolik in Schweden und Finnland nahezu unbekannt. Erst nach ihrem Tod überzeugte Södergran mit ihrer bildlichen Sprache und ihrem persönlichen Rhythmus der Dichtung ihr Publikum und beeinflusste Autoren wie Mare Kandre, Eva Runefelt oder Gunnar Harding, die die Stärke der Dichtung Södergrans unmittelbar erkannten.

Auch die Folgebände Septemberlyran (1918), Rosenaltaret (1919) und die anderen Gedichtsammlungen von Edith Södergran wurden von den Kritikern überwiegend negativ bewertet, wobei sie die Krankheit der Autorin als Erklärung nahmen, dass sie deswegen auch krankhafte Gedichte schreiben würde. Durch diese männlichen Vorurteile entging ihnen vollkommen, dass Södergran in ihren Gedichten das sehr selbstbewusste „Ich“ einführte und damit der Frau als Schriftstellerin in dieser Epoche eine vollkommen neue Rolle gab, die ein starkes Selbstbewusstsein ausdrückt und damit die weibliche Poetin dem männlichen Poeten gleichstellt. Dass die Kritiker ihrer Zeit hinterherliefen zeigt sich auch darin, dass Södergran noch kurz vor ihrem Tod andere männliche Dichter mit ihren Werken beeinflusste, insbesondere Elmer Diktonius, Gunnar Björling und Rabbe Enckell, aber auch Gunnar Ekelöf und Karin Boye.

In den Jahren 1921 und 1922 schrieb Edith Södergran erstmals wieder in deutscher Sprache. Es handelte sich dabei um eine Anthologie mit junger schwedischsprachiger Poesie Finnlands, das sie Rowohlt unter dem Titel „Junge Schwedischsprachige Lyrik in Finnland“ anbot, jedoch vom Verlag, ohne dass die Gründe bekannt wurden, abgelehnt wurde. Södergran hatte für dieses Werk zahlreiche Gedichte junger Autoren übersetzt, aber leider ging das Manuskript verloren und konnte daher auch nicht posthum herausgegeben werden.

Erst nach dem posthum veröffentlichen Gedichtband Landet som icke är im Jahre 1925 wurde die tatsächliche literarische Leistung von Edith Södergran für den lyrischen Modernismus erkannt und auch die Kritiker begann ihre Meinung zur dieser Lyrikerin zu ändern. Dem schwedischen Publikum wurde Södergran dann erstmals im Jahre 1928 in der Anthologie Levande svensk dikt von Sten Selander vorgestellt. Welch bedeutende Rolle Edith Södergran innerhalb der schwedischen Literaturgeschichte mittlerweile spielt, kann man daran erkennen, dass sie auch so lange nach ihrem Tode in keiner bedeutenden Anthologie der schwedischen Literatur fehlt und einige ihrer Bücher nach wie vor verlegt werden.

Copyright: Herbert Kårlin

Göteborg Reiseführer Göteborgs Tanz- und Theaterfestival

24 mars 2013

Mare Kandre und der moderne Frauenroman Schwedens

Mare Kandre wurde am 27. Mai 1962 als Tochter eines Ingenieurs und der Biologin Tiuu Hansson, die während des Zweiten Weltkriegs von Estland nach Schweden geflohen war, in Söderala im Hälsingland zur Welt und starb am 24. März 2005 durch einen Unfall, dessen Ursachen nie ganz aufgeklärt werden konnten.

Auch wenn Mare Kandre in Söderala geboren war, so verbrachte sie ihre Kindheit überwiegend in Göteborg und einige Jahre auch in Kanada. Sehr früh begann die spätere Schriftstellerin zu malen und mit 12 begann sie die ersten Texte zu schreiben und hatte den Willen später auch veröffentlicht zu werden. In den Jahren 1979 und 1980 studierte Kandre an der Byamshow School of Art in Londen Kunst und bis 1984 spielte und sang sie in drei Postpunkbands für die sie auch die Texte schrieb.


Der Wendepunkt kam für Mare Kandre im Jahre 1984, als sie gerade einmal 22 Jahre alt war und ihr erster teilweise autobiografischer Roman I ett annat land erschien, der dazu führte, dass sie von Kritikern als die größte Entdeckung des Jahrzehnts bezeichnet wurde. Im Roman I ett annat land beschreibt die Schriftstellerin die Reise mit ihren Eltern durch die USA. Kritiker und Leser sind dabei nicht nur von der Kraft beeindruckt mit der Kandre ihre Gefühle und ihre Nähe zur Natur ausdrücken kann, sondern vor allem durch die Ausdrucksfähigkeit der Schriftstellerin und ihr enormes Sprachgefühl.

Mit Bebådelsen, einem Buch mit Prosagedichten aus dem Jahre 1986, und den Romanen Bubins unge (1987) und Aliide, Aliide aus dem Jahre 1991 bestätigt Mare Kandre ihre Fähigkeiten als Schriftstellerin, bleibt aber noch beim Thema Kind, das seine Kindheit langsam ablegt und durch das Umsteigen in eine neue Welt die kindlich positiven Gefühle verliert um sich für eine neue Zukunft zu öffnen, die mit Angst, Phobien, Schamgefühlen und allen Problemen der Pubertät verbunden sind. Manche Kritiker bezeichnen Kandre in diesen Jahren als die Erbin von Birgitta Trotzig, andere vergleichen sie mit Franz Kafka und Fjodor Michailowitsch Dostojewski.

Ab dem Buch Deliria im Jahre 1992 geht Mare Kandre in eine neue Schaffensphase über, die in Form von ironischen Parodien, realistischen Schilderungen und auch der Einbettung von Religion und Mythologie das Patriarchat kritisiert und zeitkritisch auf die Männerwelt hinweist, die sich während der gesamten Geschichte immer wieder dadurch selbst bestätigen muss indem die Frau nur eine Nebenrolle im Leben spielen darf.

Besonders deutlich drückt sich dies in den beiden Büchern Djävulen och Gud aus dem Jahre 1993 und Quinnan och Dr Dreuf aus, das nur ein Jahr später erscheint. Mare Kandre schreibt nun ironische Märchen für Erwachsene, die einen tiefen Einblick in die menschliche Seele bieten und eine nahezu utopische Männerwelt beschreibt, in der sich eine überhebliche Männerwelt als Symbol des Frauenhasses herausstellt. Aber Kandre klagt die Männer in ihren Büchern nicht an, da diese ja mit gutem Gewissen handeln, sonder sie greift zur Ironie, der Parodie und dem Wortspiel, das den Männern lediglich zu denken geben soll.

Mit ihren letzten beiden Büchern Hetta och vitt (2001) und Xavier (2002) geht Mara Kandre zu einen neuen Realismus über und geht von den Frauenthemen zum Thema Isolation und Ausgesetztheit über. Die Schriftstellerin nimmt das Leben in der aktuellen Welt als Ausgangspunkt dafür, dass die handelnden Personen eine neue Welt mit einer anderen Wirklichkeit suchen. Auch wenn sie in ihren Erzählungen nun von Extrempunkten ausgeht, so zeigt sie den Weg der Gegenwartsgeschichte, der nur im Chaos enden kann falls die Menschen nicht zu den ursprünglichen Werten des Lebens zurückkehren. Im Gegensatz zu den Büchern Brave New World oder 1984 greift Kandre jedoch nicht zu Science Fiction, sondern sie nimmt die Gegenwart als Ausgangspunkt, die die Gefühle und Träume der Menschen tötet.

Als Mare Kandre 2005 bei einem Autounfall stirbt, hat sie ein neues Buch begonnen über das sie jedoch mit niemandem gesprochen hat und das auch nicht in unvollendeter Form veröffentlicht werden sollte. Der Unfall der Schriftstellerin kommt für alle überraschend, da Kandre nicht depressiv war, sondern die Tage vorher eher sehr positiv gestimmt war. Als Todesursache wird ein zu hoher Konsum von Medikamenten festgestellt, aber niemand weiß ob es sich dabei um ein Unglück oder einen Selbstmord handelte.

Johan von Sydow des staatlichen Fernsehens SVT drehte 2008 eine Dokumentation über Mare Kandre, die am 1. Mai 2009 bei SVT2 ausgestrahlt wurde. Die Schriftstellerin erhielt für ihre Werke mehre bedeutende Preise, darunter den Doblougskapriset der Svenska Akademien und sie erhielt 1999 das Kallebergerstipendium, das ebenfalls die Svenska Akademien vergibt.

Mare Kandre, die bei ihrem Tod einen elfjährigen Sohn zurückließ, wurde sehr früh als eine Ikone des schwedischen Feminismus betrachtet, obwohl sie selbst mit ihren Büchern auch Männer ansprechen wollte, aber bis zu ihrem Tode waren die Männer eine geringe Minderheit unter den Lesern.

Copyright: Herbert Kårlin

23 mars 2013

Klara Johanson und die Welt der schwedischen Frau im Umbruch

Klara Johanson wurde am 6. Oktober 1875 als Tochter des Schneiders Alexander Johanson und dessen Frau Anna Christina (Stina) Jönsdotter in Halmstad geboren und starb am 8. Oktober 1948 in Stockholm. Johanson war nie verheiratet, lebte jedoch lange Jahre mit Ellen Kleman zusammen und veröffentliche einige Werke unter dem Pseudonym Huck Leber.

Aus der Kindheit und Jugend von Klara Johanson ist relativ wenig bekannt, obwohl die Schriftstellerin die Straße in der sie aufwuchs in Artikeln der Föreningen Gamla Halmstads årsbok mehrmals beschrieb. Auf die Hochschulreife bereitet sich Johanson privat vor und 1894 legte sie dann als erster weiblicher Student Halmstads die Reifeprüfung in Göteborg ab. Zwischen September 1894 und 1897 studierte die Schriftstellerin dann humanistische Wissenschaften an der Universität Uppsala, die sie mit einer Kandidatur abschloss.


Die ältesten von Klara Johanson bekannten Werke stammen noch aus ihrer Studienzeit in Uppsala. Allerdings handelt es dabei nur um vier Parodien von denen zwei gedruckt wurden, die sie jedoch mehr zum Vergnügen geschrieben hatte und daher nur sehr eingeschränkt als Literatur bezeichnet werden können.

In Uppsala schloss sich Klara Johanson dem weiblichen Studentenverband an, wo sie auch die spätere Schriftstellerin Lydia Wahlström kennenlernte mit der sie einige Jahre lang ein Verhältnis hatte. Auch auch als die private Verbindung zerbrach, blieben die beiden Frauen enge Freundinnen die zudem beide für die Rechte der Frauen eintraten und für das Wahlrecht der Frauen kämpften.

Ob Klara Johanson von Beginn an Schriftstellerin werden wollte ist ungewiss, denn nach dem Abschluss ihres Studiums arbeitete sie erst im Kriegsarchiv und wurde 1899 Radaktionssekretärin und Literaturkritikerin für die Zeitschrift Dagny des Fredrika-Bremer-Verbandes und begann ein Jahr später auch Chroniken für das Stockholms Dagblad zu schreiben und dort auch die ersten Literaturkritiken zu veröffentlichen.

Im literarischen Kreis wurde man erstmals im Jahre 1900 auf Klara Johanson aufmerksam, allerdings nicht durch ein eigenes Buch, sonderm durch ihre Übersetzung von Henri-Frédéric Amiels intimem Journal, einem Werk, das sie 1925 in einer neuen Version vorlegte, da sie entdeckt hatte, dass ihr beim ersten Mal nicht das Original zur Verfügung stand und daher Fehler entstanden waren. Bis 1947 sollten von diesem Buch sieben Auflagen gedruckt werden.

Das erste eigene Werk von Klara Johanson erschien im Jahre 1901 mit dem Titel Oskuld och Arsenik unter dem Pseudonym Huck Leber. Dieses erste Buch der Schriftstellerin schließt im Grunde noch an die studentischen Parodien an, nur dass sie hier vor allem ihren Heimatort Halmstad ironisch auf die Schippe nimmt. Allerdings bleibt der Leserkreis dieses ersten Werkes sehr eingeschränkt.

Auch im Jahre 1907 schafft es Klara Johanson nicht ein Buch zu bieten, das das Publikum wirklich ansprach, da sie in der Novellensammlung Ligapojkens Eros, historier om barn och dårar mehr zur Journalistin als zur Buchautorin wird. Was dagegen im gleichen Jahr nahezu wie eine Bombe einschlägt, ist das Tagebuch einer kürzlich gestorbenen Prostituierten, das die Schriftstellerin unter dem Titel Den undre verlden. En lifshistoria veröffentlicht, da sie bei diesem Werk zeigt wie die Gesellschaft verhindert, dass eine Prostituierte in ein normales Leben zurückfinden kann.

Die Stärke von Klara Johanson war nie der Roman, sondern ihre Essays, ihre Beiträge in der Presse, ihre Übersetzungen und die Herausgabe von Werken anderer Autoren, insbesondere natürlich die Herausgabe der Briefe von Fredrika Bremer in vier Bänden.

Aber auch wenn man die Buchausgaben von Johanson an zwei Händen abzählen kann, so spielt sie für die Literaturgeschichte Schwedens eine wichtige Rolle, da sie nicht nur die Situation der Frau Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts beleuchtete, sondern in Schweden auch die Literatur anderer Länder verbreitete und damit wichtige Denkanstöße gab. Hinzu kommt, dass Johanson nicht nur für die Rechte der Frau eintrat, sondern ihre Einstellung auch im täglichen Leben zeigte, denn während ihre Liebesaffäre mit Lydia Wahlström noch kaum an die Öffentlichkeit getragen wurde, so sog sie 1912 mit Ellen Kleman in eine Wohnung und auch ihre Affäre mit der Künstlerin Sigrid Fridman war kaum ein Geheimnis.

Den Zugang zu Klara Johanson gewinnt man allerdings nicht durch die Lektüre ihre Bücher, vom nach ihrem Tode erschienen Band Kritik abgesehen, in dem sie die Erstlingswerke junger Autoren bespricht, sonder durch Essays über Sören Kierkegaard und insbesondere ihre Briefe, die bisher nicht in Buchform erschienen sind, da Johanson in ihren Briefen völlig offen über ihre Gefühle und Gedanken schreibt und eine sehr einfühlsame Seite zeigt.

Copyright: Herbert Kårlin

Messetermine in Göteborg

22 mars 2013

Tor Hedberg und der psychologische Roman

Tor Hedberg wurde am 23. März 1862 als Sohn des Schriftstellers Frans Hedberg und dessen Frau, der Schauspielerin Julia Amanda Carolina Broman, in Stockholm geboren und starb am 13. Juli 1931 ebenfalls in der Hauptstadt Schwedens. Hedberg war mit der Schauspielerin Amanda Kristina (Stina) Sofia Ulrika Holm verheiratet.

Bereits mit elf Jahren soll Tor Hedberg seinem Vater ein Gedicht zum Geburtstag geschrieben haben nach dem er dem Weg des Vaters gehen wollte und sich entschieden hatte später Schriftstellers zu werden. Wie viel der junge Hedberg dann in den Folgejahren jedoch schrieb, ist unbekannt, denn 1880 schrieb er sich an der Universität Uppsala für Philosophie ein und seine ältesten erhaltenen Schriften gehen lediglich bis zu dieser Zeit zurück.


Die ersten Jahre in Uppsala schrieb Tor Hedberg auch seine ersten Romane, die noch vollständig unter dem Einfluss von Émile Zola standen und daher dem nachdenklichen Realismus der 80er Jahre folgten. Die Schwermut Hedbergs, die sich bereits in seiner Jugend zeigte, wirkt sich auch auf das Schreiben aus, denn die ersten Romane werden zu psychologischen Charakterstudien, die sich bis zu seinem Roman Judas im Jahre 1886 hinziehen.

Nach dem Roman Judas und unter dem Einfluss seiner Freunde Oscar Levertin und Karl Staaff, mit denen er auch den Verein Verdani gründet, geht Tor Hedberg zur Nationalromantik über. Eine große Bedeutung hat hierbei sicher auch seine unglückliche Verbindung zur zehn Jahre älteren Freiherrin Sigrid von Mecklenburg, denn in seinen folgenden Romanen sind die Hauptmotive oft Einsamkeit und eine unglückliche Liebe, von den Problemen Vater-Sohn, die man während der gesamten Schaffensphase des Schriftsteller finden kann, abgesehen.

Die Bindung zum Vater spürt man bei Tor Hedberg sehr deutlich, wobei man oft das Gefühl bekommt, dass er gleichzeitig unter dem Druck des Vaters leidet, der bereits 1881 Tors Einakter I lugnet im Stora Teatern in Göteborg aufführen ließ, wo Frans Hedberg zu dieser Zeit als Theaterdirektor arbeitete. Aber auch die Novellen, die Hedberg die ersten Jahre über schrieb spielten meist im gleichen Milieu, das der Vater für seine eigenen Werke bereits benutzt hatte.

Zeit seines Lebens gelang es Tor Hedberg nicht eine klare Linie in sein Schaffen zu bringen, so dass er teilweise parallel für die Presse sowie für das Theater schreibt und neben schöngeistigen Roman auch Gedichte verfasste.

Eine sehr ähnliche Linie zeigt sich auch bei seinem beruflichen Werdegang, dann nach seinem Studium in Uppsala wird Tor Hedberg erst Privatlehrer, von 1897 bis 1907 arbeitet er als Kunst- und Literaturkritiker für das Svenska Dagbladet (SvD), von 1910 bis 1922 wird er Chef des Dramaten um anschließend als Kunstkritiker für die Dagens Nyheter (DN) zu schreiben. Seine letzte Aufgabe übernimmt er dann als Intendant bei der Thielska Galerie in Stockholm.

Den größten Erfolg hatte Tor Hedberg nicht als Autor von Romanen, Gedichten und Kunstmonographien, sondern als Dramatiker, da er durch sein Interesse für die Psychologie in der Lage war jeder handelnden Person auch die am besten geeigneten Charakterzüge zu verleihen.

Am häufigsten gespielt und am bekanntesten wurde unter den zahlreichen Theaterstücken von Tor Hedberg das Stück Johan Ulfstjerna, das später auch verfilmt wurde. Auch in seinen Dramas behandelt Hedberg sehr häufig das Vater-Sohn-Problem, das für ihn erst 1927 mit dem Stück Rembrandts son als abgeschlossen gelten kann und auch bei Johan Ulfstjerna eine tragende Rolle spielt.

Als Dramatiker hat Tor Hedberg die Arbeiten von Hjalmar Bergman und Pär Lagerkvist sehr stark beeinflusst, die vom Ausdruck, den Hedberg seinen Personen gab, stark beeindruckt waren. Seine Arbeit im Dramaten, wo er die Möglichkeit hatte seine Stücke so aufzuführen wie er sie selbst sehen wollte, war weniger erfolgreich, denn sehr schnell wurde kritisiert, das er alle wichtigen Positionen auf und hinter der Bühne seiner Familie und seinen Freunden gab. Diese Machenschaft führte letztendlich auch dazu, dass der die Leitung des Dramaten im Jahre 1921 nicht mehr fortführen durfte.

Tor Hedberg wurde 1922 in die Svenska Akademien gewählt und nahm dort, nach Ivar Afzelius, auf dem Stuhl Nummer 4 Platz. 1927 wurde Hedberg auch die Ehrendoktorwürde der Universität Stockholm verliehen.

Copyright: Herbert Kårlin

Göteborger Flugschau 2013

21 mars 2013

Anders Fryxell und der erste Geschichtsroman Schwedens

Anders Fryxell wurde am 7. Februar 1795 als Sohn des Propstes Mathias Fryxell und dessen Frau Eva Lovisa Ekman in Edelskog im Dalsland geboren und starb am 21. März 1881 in Stockholm. Fryxell war mit seiner Cousine Juliana Lagergren verheiratet.

Da Anders Fryxell aus einem lange zurückzuverfolgenden Priestergeschlecht stammte, war es im Grunde logisch, dass auch er die Priesterlaufbahn, die um diese Zeit in der Regel mit der Tätigkeit als Lehrer verbunden war, wählte und sich nach der Hochschulreife in Karlstad im Jahre 1813 an der Universität Uppsala in der philosophischen Fakultät einschrieb. Da 1817 Fryxells Vater starb und daher das Geld ausblieb, musste er vorübergehend als Lehrer in Stockholm arbeiten, was ihn jedoch nicht davon abhielt sein Studium dennoch zu beenden und 1820 zum Priester geweiht zu werden.


Über seine Kindheit und seine Jugend wollte Anders Fryxell nie viel veröffentlichen, was man auch in seinem teilweise autobiographischen Werk Min historias historia sehr schnell feststellen kann. Mehr weiß man über den Schriftsteller erst ab seiner Studienzeit aus der zahlreiche Tagebücher und andere Aufzeichnungen erhalten sind. Bereits im Alter von etwa 20 Jahren war Fryxell ein sehr aktiver Schriftsteller, wobei er jedoch die ersten zehn Jahre vor allem romantische Gedichte und insbesondere das Singspiel Vermlands-Flickan veröffentlichte in dem man auch das bekannte Ack Värmeland du sköna findet.

Parallel zu diesem schöngeistigen Schaffen entwickelt sich Anders Fryxell in den 20er Jahren auch zu einem der wichtigsten Kritiker des Schulsystems jener Zeit, denn bereits 1823 veröffentlicht er anonym das Pamphlet Förslag till enhet och medborgerlighet i de allmänna undervisningsverken, das nahezu als Aufstand gegen das Gesellschaftssystem betrachtet wurde, da Fryxell forderte die Bildung zu verallgemeinern und nicht nur vom klassischen Unterricht abzugehen, sondern auch allen Schweden den gleichen Unterricht zu bieten, also die Bildung nach Stand abzuschaffen und Adelige neben einfachen Menschen in der Schulbank sitzen zu lassen.

Ab den 30er Jahren verwandelte sich Anders Fryxell in einen Schriftsteller, der die gesamte Geschichte Schwedens beleuchten wollte und dabei im Laufe der Zeit zum wissenschaftlichen Forscher wurde. Ein bedeutender Unterschied zwischen Fryxell und den anderen Autoren von Geschichtswerken jener Zeit war jedoch, dass der Autor bei den ersten Bände seiner schwedische Geschichte aus seiner persönlichen Warte schrieb und auf Quellmaterial vollkommen verzichtete. Die Bände waren spannend, aber kaum von den offiziellen Geschichtsschreibern anerkannt.

Nach einigen Reisen nach Deutschland und der steigenden Kritik gegen seine „unsachliche“ Schreibweise begann Anders Fryxell seine Aussagen wissenschaftlich zu untermauern, jedoch erneut nicht im Sinne der damaligen schwedischen Geschichtswissenschaft, sondern er griff zu ausländischen Quellen und diplomatischen Aufzeichnungen, da er der Meinung war, dass sich die schwedische Geschichtsschreibung zu sehr an herkömmlichen nationalen Werten ausrichtete und dadurch keine objektive Betrachtungsweise zulässt.

Natürlich bot auch Anders Fryxell keine neutrale Geschichtsschreibung, da er persönliche moralische Werte in seinen Büchern einfließen lies, die in vielen Punkten den Lehrer Fryxell zeigten, aber auch den starken religiösen Glauben des Autors ausdrückten, was Erik Gustaf Geijer extrem kritisierte, für den die Verbindung von Politik und Geschichte wichtig war.

Fryxell und Geijer gingen zwei völlig verschiedene Wege, hatten aber gemeinsam, dass sie beide davon überzeugt waren diejenigen zu sein, die die schwedische Geschichte verstanden haben und sie nun einer breiten Schicht vermitteln müssen. Während Geijer jedoch nach einer offiziellen wissenschaftlichen Anerkennung suchte, entwickelte sich Fryxell zum Schriftsteller des Volkes und kann als Vorläufer für den Geschichtsroman betrachtet werden.

Auf lange Sichte zeigte sich auch, dass Anders Fryxell mit seiner geschichtlichen Betrachtungsweise, trotz des Widerstands der damaligen Historiker, einen größeren Einfluss auf die geschichtliche Denkweise hatte als Geijer, denn August Strindberg, Viktor Rydberg und Verner von Heidenstam griffen beim Schreiben ihrer Geschichtsromane auf die Werke von Fryxell zurück und sorgte dadurch dafür, dass der Geschichtsroman eine eigene Gattung innerhalb der Literaturgeschichte wurde und den einfachen Leser anzog.

Anders Fryxell fühlte bei seinen Schriften immer einen pädagogischen Auftrag, was man sehr deutlich bei seinem Werk Berättelser ur svenska historien findet, denn er richtete sich mit seinem Stil nicht an Wissenschaftler, sondern wollte die Geschichte zu einer spannenden Materie machen, die der Leser verstehen kann. Für Fryxell sind daher die moralischen Werte und die Gefühle der handelnden Personen wichtiger als eine neutrale Darstellung der geschichtlichen Handlungen, was natürlich den Widerstand der dominanten Historiker herausforderte für die Geschichte kein Stoff für das Volk war, sondern für die höhere Schicht, die Geschichte als Handwerkzeug für ihre Entscheidungen benutzen konnte.

Anders Fryxell wurde 1840 in die Svenska Akademien aufgenommen wo er, nach Johan Olof Wallin, auf dem Stuhl Nummer 1 Platz nahm.

Copyright: Herbert Kårlin

20 mars 2013

Brita af Geijerstam, von Nalle Puh zu Liebesgedichten

Brita af Geijerstam, geborene Gemmel, wurde am 20. März 1902 als Tochter von Harald Gemmel, Direktor in der Papierfabrik in Klippan, und dessen Ehefrau Edith Hultner in Västra Sönnarslöv in Skåne geboren und starb am 9. September 2003 im Alter von 101 Jahren in Bromma, Stockholm. Geijerstam war in erster Ehe mit Ragnar af Geijerstam verheiratet und heiratete nach dem Tod ihres Mannes seinen Cousin Bengt af Geijerstam.

Als Brita af Geijerstam sechs Jahre alt war, zog die Familie erst nach Stockholm und wenige Jahre später in eine Villa auf Lidingö. Kunst und Literatur spielte im Elternhaus von Beginn an eine wichtige Rolle. Neben den üblichen Schulfächern lernte die spätere Übersetzerin und Schriftstellerin noch Deutsch, Englisch und Französisch und lernte Klavier und Geige spielen. Da ihre Liebe jedoch dem Tanz gehörte, war sie ab dem Alter von zehn Jahren auch Schülerin bei Anna Behle, die um diese Zeit die einzige Tanzschule Stockholms leitete.


Auch wenn Brita af Geijerstam bereits während der Hauptschule ihre ersten Gedichte schrieb, so sollte es 38 Jahre dauern, bis das erste literarische Werk der Autorin erscheinen sollte, denn nach der Hochschulreife ging Geijerstam erst einmal nach England um Tanz zu studieren. Anschließend führte sie der Weg ins Jaques Dalcroze-Institut in Genf um dort in weiteren drei Jahren ihre Ausbildung als Tanzpädagogin zu beenden.

Noch bevor Brita af Geijerstam dann im Jahre 1934 eine Tanzschule für Kinder in Stockholm gründen konnte, an der sie bis zu ihrem 75. Lebensjahr auch als Tanzlehrerin arbeitete, kam in Form eines Geschenkes eine Wende in ihrem Leben. Ein Freund aus England schickte der Tänzerin im Jahre 1926 den ersten Band des Kinderbuches Winnie-the-Pooh, da bekannt war, dass sich Geijerstam sehr für Kinderbücher und Sagen interessierte.

Um das das Buch ihrem Sohn vorlesen zu können, übersetzte Brita af Geijerstam diesen ersten Band und gab ihm den Titel Nalle Puh. Als das Buch übersetzt war, zeigte sie es Georg Svensson des Verlages Natur och Kultur, der sie wiederum ermunterte es doch bei Bonniers vorzulegen. Tor Bonnier ließ sich von der Herausgabe überzeugen und Geijerstam hat damit einen Klassikers der Kinderliteratur nach Schweden gebracht, der zahlreiche Autoren von Kinderbüchern beeinflusste. Drei Jahre später folgte noch der Folgeband und letzte Band der Originalserie, den ebenfalls Geijerstam übersetzte.

Obwohl für Brita af Geijerstam der Tanz weiterhin an erster Stelle stand, entwickelte sie sich, nach dieser Übersetzung, parallel zur Schriftstellerin, die 1940 ihr erstes eigenes Buch, mit Zeichnungen von Rolf Engströmer, unter dem Titel Hagaprinsessornas visor veröffentlichte, dem in den folgenden Jahren weitere Bücher mit Kinderliedern folgten. Geijerstam schrieb bei diesem und den folgenden Büchern sowohl sie Texte als auch die Musik. Einige dieser Kinderlieder werden noch heute in den Kindergärten gesungen und in Liedersammlungen aufgenommen.

Ab den 60er Jahren begann Brita af Geijerstam sich in eine ausgereifte Autorin von Kinderbüchern zu verwandeln, schrieb jedoch auch Gedichte für Erwachsene. Während jedoch die etwas über 20 Kinderbücher ein starkes Einfühlungsvermögen der Autorin in die Welt der Kinder beweisen, so sind die Gedichte der Schriftstellerin sehr einfach gehalten und können im besten Fall als Alltagsgedichte betrachtet werden, die zwar ein breites Publikum fanden, jedoch kaum als schwedische Literatur bezeichnet werden können. Die Stärke von Geijerstam waren Kinderbücher.

Neben eigenen Büchern arbeitete Brita af Geijerstam auch weiterhin an Übersetzungen und brachte, außer dänischen Kinderbüchern und Büchern über das Ballett, auch die Sagen von Aisopos oder Hänsel und Gretel nach Schweden. Eine der letzten ihrer Übersetzungen wurde dann im Jahre 1988 The Reluctant Dragon (En typisk hemmadrake) von Kenneth Grahame. Für ihre Leistungen als Übersetzerin von Kinderbüchern erhielt Geijerstam im Jahre 1992 den Übersetzungspreis der Svenska Akademien und 2001 wurde sie Ehrendoktor der Universität Stockholm.

Brita af Geijerstam ist vermutlich die einzige Autorin Schwedens, die noch im Alter von 97 Jahren Gedichte schrieb und dabei mit positiven Gedanken das Buch Vad är kärlek vorlegte. Zum 100. Geburtstag erschien das letzte Werk der Autorin, wobei es sich bei dieser Sammlung an Gedichten, die unter dem Titel Nära erschienen, nur noch um ein sehr bescheidenes Werk handelt und vor allem an das bedeutende Schaffen Geijerstams erinnern soll.

Copyright: Herbert Kårlin

Pferdesport in Göteborg

19 mars 2013

Fredrik Georg Afzelius beeinflusst die schwedische Literatur

Fredrik Georg Afzelius wurde am 7. Dezember 1812 in Film im Uppland als Sohn des Arztes Karl Johan Afzelius und dessen Frau Johanna Kristina Öberg geboren und starb am 19. März 1896 in Uppsala. Afzelius war mit Edla Sofia Elisabet Richert verheiratet, der Tochter des Rechtsgelehrten Johan Gabriel Richert.

Nachdem der Vater von Fredrik Georg Afzelius als Arzt für das Bergwerk in Dannemora arbeitete, wuchs Afzelius im Grubenmilieu auf, was allerdings bedeutete, dass er bereits im Alter von neun Jahren in die Kathedralschule nach Uppsala geschickt wurde, wo er 1829 die Hochschulreife ablegte um anschließend an der Universität Uppsala Philosophie zu studieren, ein Studium, das er 1836 mit einer Disputation und einem Magister beendete.


Im Jahre 1838 wurde Fredrik Georg Afzelius als Dozent für praktische Philosophie an der Universität Uppsala angestellt und bereits 1842 wurde er dann als Assistent in theoretischer und praktischer Philosophie an der gleichen Universität beschäftigt. Im gleichen Jahr als Afzelius Adjunkt (Assistent) wurde, unternahm er eine wissenschaftliche Reise nach Deutschland und besuchte dort die Universitäten in Berlin, Halle und Leipzig um sich mit den modernen philosophischen Strömungen des Landes vertraut zu machen.

Nachdem Fredrik Georg Afzelius die ersten Jahre nahezu ausschließlich wissenschaftliche Abhandlungen verfasste, sind nur seine wesentlichsten Werke erhalten, die jedoch sehr deutlich den Weg des philosophischen Schriftstellers zeigt, denn Afzelius ist der einzige schwedische Philosoph, der konsequent zur Lehre Hegels stand und sich damit gegen die gesamte offizielle Philosophie Schwedens stellte, die auf die Theorien von Christopher Jacob Boström aufbaute.

Trotz dem Widerstand auf den Fredrik Georg Afzelius mit seiner importierten Philosophie stieß, versuchte er sein Leben lang die Philosophie Hegels in Schweden zu verbreiten und einen Gegenpol zur traditionellen Lehrmeinung schaffen. In diesem Sinne arbeitete er 1841 als Redakteur für die Zeitschrift Frey und von 1844 bis 1845 für die Zeitung Intelligensbladet, die jedoch beide nur relativ kurze Zeit existierten.

Im Jahre 1848 erschien das bedeutendste Werk des Philosophen Fredrik Georg Afzelius, nämlich sein Lärobok i psychologien för elementar-undervisningen, das zwar als solches nicht zur Literatur zählt, jedoch die Literaturgeschichte Schwedens maßgeblich mit beeinflusste, denn Johan Jacob Borelius, Paulus Genberg, Carl Jonas Lovis Almqvist und Hans Magnus Melin folgten in ihren Werken Afzelius und schufen damit eine eigene literarische Linie.

Für Fredrik Georg Afzelius bedeutede diese neue Anregung des Denkens aus Deutschland jedoch, dass er nur wenig Beachtung in der philosophischen Welt Schwedens fand und auch nur ein Teil seiner Arbeiten veröffentlicht wurde, was sich über Jahrzehnte hinweg fortsetzte und dazu führte, dass man bis heute sehr wenig über Afzelius weiß. Selbst in Uppsala hatte der philosophische Schriftsteller Schwierigkeiten und musste sich mehr mit dem Unterricht und den Examensarbeiten der Studenten beschäftigen als eine tiefere Forschung betreiben zu können oder eine größere Aktivität in das Schreiben zu setzen.

Die nichtphilosophischen Werke von Fredrik Georg Afzelius wurden auf Grund seiner philosophischen Meinung kaum beachtet, obwohl der Schriftsteller zwei bedeutende Werke zur Geschichte geschrieben hat. Zum einen veröffentlichte Afzelius das Werk Hexväsendet, das im Jahre 1887 erschien und ein kulturhistorisches Zeitbild der Denkweise des 19. Jahrhunderts ist und zum anderen beleuchtet er in Försök till en kortfattad framställning af unionsförhållandet mellan Sverige och Norge, einer sehr kurzen Darstellung, die Lage der Situation der schwedisch-norwegischen Union.

Fredrik Georg Afzelius war ab den 60er Jahren politisch sehr aktiv ohne jedoch einen größeren Einfluss zu gewinnen, auch wenn seine Stellungsnahmen und Meinungen sehr gefragt waren. Im Jahre 1893, nur drei Jahre vor seinem Tod, ging der Philosoph in Pension und erhielt von der Universität eine Rente. Ein Werk des Autors, das bis heute seine Bedeutung nicht verloren hat, ist sein sehr umfangreiches Buch über die Philosophie Helgels, das 18444 unter dem Titel Hegelska philosophien. Historisk framställning veröffentlichte.

Copyright: Herbert Kårlin

Göteborg Reiseführer Göteborgs Tanz- und Theaterfestival

18 mars 2013

Bernhard Elis Malmström, von der klassischen Lyrik zum Realismus

Bernhard Elis Malmström wurde am 14. März 1816 als Sohn des Direktors Carl Adolf Malmström und dessen Frau Hedvig Ulrika Styffe in Tysslinge bei Örebro geboren und starb am 21. Juni 1865 in Uppsala. Malmström war nie verheiratet.

Als sich Bernhard Elis Malmström im Jahre 1835 an der Universität Uppsala einschrieb, hatte er seinen Vater bereits verloren und keinerlei Kapital oder Unterstützer für ein Studium seiner Wahl und war daher gezwungen Theologie zu wählen um Priester zu werden. Als Malmström jedoch sein Studium beendet hatte, war er jedoch noch zu jung für die Priesterweihe und er entschied sich, zumindest vorübergehend, noch Philosophie, Ästhetik und antike Literaturgeschichte zu studieren. Durch seine Leistungen in Ästetik wurde Malmström von Per Daniel Amadeus Atterbom entdeckt, der ihm eine Arbeit als Dozent anbot.


Die frühesten Gedichte schrieb Bernhard Elis Malmström bereits im Gymnasium, die jedoch vollkommen im Stil der Zeit lagen. In die Öffentlichkeit trat der Poet dann erstmals im Jahre 1838 auf, als er sich noch an der Universität in Uppsala auf seine Kandidatur in Philosophie vorbereitete. Diesem ersten Gedicht Ariadne in Hexametern gab er eine romantische Wendung, was ihm gerade wegen seiner eigenen Deutung einer klassischen Sage nur negative Kritiken einbrachte, da es nicht als „antik“ betrachtet wurde.

Vermutlich war es gerade diese Erfahrung, die dazu führte, dass sich Bernhard Elis Malmström ab 1839 von der klassischen Dichtkunst abwandte und sich für eine schwedische Poesie aussprach, die um diese Epoche von Esaias Tegnér, Erik Gustaf Geijer, Erik Johan Stagnelius und vor allem Carl Jonas Love Almqvist repräsentiert wurde. Ab diesem Zeitpunkt wendet sich Malmström sehr deutlich gegen die dominante Schicht der Skalden, die offiziell noch immer entschieden was Literatur war.

Auch wenn die Gedichte, die Bernhard Elis Malmström in den Folgejahren schrieb, den modernen Strömungen der Dichtkunst folgten und er damit zu den Erneuerern der Literatur dieser Zeit gehört, gelang es ihm nicht sich unter der Schicht der Poeten und Skalden zurechtzufinden und fühlte sich in jeder Gruppe unwohl. Atterbom kam er nie näher und den Salon von Malla Silfverstolpe, wo Gleichgesinnte verkehrten, besuchte er nur ein einziges Mal, da er sich dort als Fremder fühlte, was jedoch daran lag, dass Malmström ein Eigenbrötler war, der die Gesellschaft anderer weitgehend mied.

Den größten Erfolg hatte Bernhard Elis Malmström im Jahre 1840 mit seiner Gedichtsuite Angelika für das er den großen Preis der Svenska Akademien erhielt und das die griechische klassische Poesie mit der damals modernen schwedischen Form vereint und das einen abgrundtiefen Lebenspessimismus ausdrückt. Nach diesem großen Preis der Akademie wurde Malmström plötzlich als einer der größten Dichter seiner Zeit bezeichnet, was auch dazu führte, dass er einige Jahre später ein Stipendium für eine Reise nach Italien erhielt.

Als Bernhard Elis Malmström von der Italienreise zurückkam, die er großenteils als misslungen betrachtete, da er seine antiken Ideale nicht mit der Realität in Einklang bringen konnte, veröffentlichte der Schriftsteller seinen zweiten Band an gesammelten Gedichten, der mehr oder weniger als das Ende seiner Schaffenskraft bezeichnet werden kann, da die Werke, die noch folgen zu stark von seinen persönlichen Gedanken und Zweifeln handeln, die er lediglich in Gedichtform aufzeichnet. Auch seine Vorlesungen zur Literaturgeschichte Schwedens, die nach seinem Tod veröffentlicht wurden, sind unbearbeitet um im Grunde nicht für eine Veröffentlichung geeignet, zumal ihnen jedes Gleichgewicht fehlt.

Die Rolle von Bernhard Elis Malmström innerhalb der schwedischen Literaturgeschichte ist heute sehr umstritten, denn auch wenn er in seiner Epoche neue Impulse in der Dichtkunst setzte und er einer der meistgelesenen Dichter seiner Zeit war dessen Werke in neun Auflagen erschienen und der zahlreiche jungen Dichter inspirierte, so gibt es, wegen seiner selbst gewählten Isolation, kaum Referenzen auf ihn. Moderne Literaturwissenschaftler, die den Zwang spüren jeden Literaten in ein gewisses Schema zu stecken, vertreten zudem die Meinung, dass Malmström mit seiner subjektiven Betrachtungsweise weder Romantiker war noch den Übergang zum Realismus gefunden hat, und sie übersehen dabei, dass gerade diese Zwischenstellung die Eigenheit der Dichtung Malmströms ist.

Bernhard Elis Malmström wurde 1849 in die Svenska Akademien gewählt, wo er, nach Frans Michael Franzén, auf dem Stuhl Nummer 13 Platz nahm.

Copyright: Herbert Kårlin

17 mars 2013

Agnes von Krusenstjerna als Kämpferin gegen den Adel

Agnes von Krusenstjerna wurde am 9. Oktober 1894 als Tochter des Oberst Wilhelm Ernst von Krusenstjerna und dessen Frau Eva Sofia Hamilton in Växjö geboren und starb am 10. März 1940 in Stockholm. Krusenstjerna war seit 1921 mit dem Literaturkritiker David Sprengel verheiratet.

Da der Vater von Agnes von Krusenstjerna in Gävle stationiert war, verbrachte die Schriftstellerin die ersten 14 Jahre ihres Lebens in Gävle, wo sie auch von 1904 bis 1909 die Mädchenschule besuchte. Die nächsten Jahre, nach der Pensionierung des Vaters, verbrachte das Mädchen in Stockholm und besuchte dort die bis 1911 die Anna Sandströms Schule, die sie jedoch auf Grund einer psychischen Zusammenbruchs ein Jahr vor der Abschlussprüfung verlassen musste. Bis 1913 wurde Krusenstjerna dann zu Hause unterrichtet.


Bereits im Alter von elf Jahren begann Agnes von Krusenstjerna Tagebücher und Gedichte zu schreiben, die bereits ein Zeichen für ihre ersten Depressionen sind, da die Schriftstellerin zu dieser Zeit bereits von einem schwarzen Schatten spricht, der über ihr schwebt. Als sie dann nach einer zerbrochenen Verlobung im Jahre 1914 erstmals wegen ihren Depressionen ins Krankenhaus eingeliefert wird, glaubt Krusenstjerna an eine Verbannung, die über allen Frauen ihres Geschlechts liegt, denn drei ihrer Cousinen aus Gävle haben die gleichen Depressionen und eine unter ihnen starb durch Selbstmord. Krusenstjerna war überzeugt, dass die Frauen dieser adeligen Linie nicht für die Liebe geeignet waren.

Bereits 1918 wurde Agnes von Krusenstjerna dann erneut für neun Monate in das psychiatrische Krankenhaus in Solna eingeliefert. Nach ihrer Entlassung machte die Schriftstellerin eine Reise nach England, die für ihr späteres Schaffen eine bedeutende Rolle spielte, denn während sie bis dahin die Regeln des schwedischen Hochadels, der Vater und Mutter in gerader Linie entstammten, ohne jeden Zweifel übernahm, beginnt sie in England all diese Werte in Frage zu setzen. Krusenstjerna beginnt an Gott, dem übergeordneten Adel und dem ganzen „anständigen Milieu“ zu zweifeln und befreit sich damit gewissermaßen von einer Gesellschaftsordnung, die sie als Zwang empfindet.

Wenn man von einem Jugendroman ohne größere Bedeutung absieht, so beginnt Agnes von Krusenstjerna ihre literarische Aktivität im Jahr 1920, als sie an der Tony-Trilogie zu arbeiten begann, einem Werk, das zwischen 1022 und 1924 veröffentlicht wurde, sehr starke autobiografische Züge der Schriftstellerin trägt und unmittelbar ein schriftstellerischer Erfolg wird. Krusenstjerna beschreibt in diesen drei Werken jedoch nicht nur ihre Jugend in Gävle, sondern auch den Aufenthalt in der Psychiatrie und, was in jener Zeit geradezu als Skandal empfunden wird, sie zeigt eine sexuelle Offenheit, die damals geradezu als krankhaft betrachtet wurde.

Eine sehr bedeutende Rolle spielt für die Schriftstellerin David Sprengel, den Agnes von Krusenstjerna 1921 gegen den Willen ihrer Eltern geheiratet hatte und der ihr nicht nur seine Unterstützung in jeder Hinsicht bot und sie ermunterte an der Trilogie zu arbeiten, sondern sie auch dazu ermunterte alle Brücken zur Aristokratie und ihren Eltern abzubrechen und zu sich selbst zu finden.

Auch wenn Agnes von Krusenstjerna bereits mit der Tony-Trilogie die Grenzen des gesellschaftlich Akzeptierten überschritten hatte, aber immerhin noch als Neuerung der Literatur akzeptiert wurde, so hatte ihre zweite siebenbändige Romansuite geradezu verheerende Folgen, denn bei Frökanarna von Pahlen spricht Krusenstjerna offen über Geschlechtsverkehr, Inzest und Homosexualität und lässt damit die Gesellschaftseite in der Literatur aufleben über die man im damaligen Schweden grundsätzlich nicht sprechen und schreiben durfte. Die Bibliotheken bezeichneten diese sieben Bücher daher als kranke Romane, die für die Allgemeinheit unlesbar sind. Diese Romane Krusenstjernas führten jedoch zu einer offenen Diskussion über die moralischen Normen Schwedens. Dass dieses Werk dennoch nicht ganz verdammt wurde, lag an der Unterstützung, die Autoren wie Eyvind Johnson, Karin Boye, Johannes Edfelt und auch der Journalist Torgny Segerstedt der Schriftstellerin zukommen liessen. Karin Boye verglich die Zensur mit der man Krusenstjernas Romane belegte sogar mit der Zensur des Nazideutschlands.

Die Zensur mit der die letzten Bücher dieser Romansuite von Seiten des Verlags Bonniers belegt wurden, führte allerdings dazu, dass diese Bände bei Spektrum verlegt wurden, einem radikalen Verlag jener Jahre. Das Ergebnis war daher, dass die Linke Schwedens nun diese Bücher als Beleg für die Dekadenz der höheren Gesellschaft nahmen und Agnes von Krusenstjerna plötzlich eine wichtige Rolle in der Arbeiterbewegung einnahm, die sie im Grunde gar nicht interessierte.

Die Diskussion um diese Bücher belasteten Agnes von Krusenstjerna bedeutend und das Ehepaar Krusenstjerna-Sprengel reiste zur Erholung nach Spanien. Nach einem Selbstmordversuch wurde die Schriftstellerin dort jedoch in eine katholische Nervenklinik in Malaga eingeliefert. Im „Haus der Nonnen“, wie sie die Klinik nannte, begann Krusenstjerna dann ihre letzte Romansuite unter dem Titel Fattigadel zu schreiben. Dieses Werk ist eine Abrechnung mit der Adelsschicht und ihrer Familie, wobei die Schriftstellerin hier auch deutlich Namen nennt und das geheime Leben dieser Oberschicht zu Beginn des 20. Jahrhunderts rücksichtslos aufdeckt. Die Kritiker wagen sich kaum diese vier Bände zu besprechen und die Mehrheit der Gesellschaft betrachtete den Inhalt nur als das Ergebnis einer psychisch kranken Frau, auch wenn man heute weiß, dass alle Erzählungen Krusenstjernas der absoluten Wahrheit entsprechen, die die Schriftstellerin selbst erlebt und gesehen hatte.

Nach dem vierten Band der Romansuite, die damit allerdings noch nicht abgeschlossen war, nahm der körperliche Gesundheitszustand der Schriftstellerin plötzlich rapide ab, was auf ein Problem im Gehirn zurückzuführen war. Bei einer Notoperation im Jahre 1940, die Krusenstjerna jedoch nicht überlebte, stellte man fest, dass die Schriftstellerin einen Gehirntumor in sehr fortgeschrittenem Stadium hatte.

Copyright: Herbert Kårlin

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