12 februari 2013

Harry Martinson, ein Nobelpreisträger begeht Selbstmord

Harry Martinson wurde am 6. Mai 1904 als Sohn des Landhändlers Martin Olofsson und dessen Frau Bengta (Betty) Swensson in Jämshög in Blekinge geboren und starb am 11. Februar 1978 in Stockholm. Martinson war in erster Ehe mit Maria (Moa) Swartz, der Schriftstellerin Moa Martinson, und in zweiter Ehe mit Ingrid Lindcrantz verheiratet.

Die Kindheit von Harry Martinson war durch einen gewalttätigen Alkoholiker als Vater geprägt, der im Jahre 1910, nach einem Gefängnisaufenthalt, an Lungentuberkulose starb. Die Mutter erzog im folgenden Jahr die gemeinsamen sieben Kinder allein, bevor sie dann jedoch ohne ihre Kinder nach Amerika auswanderte. Die Halbschwester der Mutter versuchte kurze Zeit die Familie zusammenzuhalten, was ihr jedoch nicht gelang, so dass Martinson 1912 ins Kinderheim kam. Diese Zeit beschreibt der Schriftsteller in seinen beiden Romanen Nässlorna blomma und Vägen ut.


Wie alle Kinder, die um diese Zeit in diesen Heimen landeten, besuchte Harry Martinson nur die sechsjährige Volksschule um direkt anschliessend alle möglichen Arbeiten zu beginnen. Mit 17 ging der Schriftsteller dann zur See. Auf Grund einer Lungenkrankheit musste Martinson diesen Beruf jedoch bereits 1927 wieder aufgeben und trieb sich einige Zeit als Landstreicher durch Schweden und Norwegen.

Literarisch machte sich Harry Martinson erstmals mit seiner Gedichtsammlung Spökskepp im Jahre 1929 bemerkbar, auch wenn die Gedichte noch sehr wenig von der späteren Kraft des Autors zeigen, da sich diese Gedichte noch zu sehr an Werke von Dan Andersson und Gustaf Fröding anlehnen.

Den folgenden Gedichtband Nomad, der sehr positiv von der Kritik  beurteilt wurde, und seine Reisebücher, die er zu Beginn der 30er Jahre schrieb (Resor utan mål, Kap farväl) sind als Übergang zu einer ausgereiften literarischen Tätigkeit von Harry Martinson zu sehen, wobei insbesondere die Reiseromane eine Art Aufarbeitung seiner Vergangenheit und die Erinnerungen an sein Reisen als Seemann darstellen.

Die Reisebücher mit ihrem abenteuerlichen Hintergrund brachten Harry Martinson eine junge Leserschicht, die ihn geradezu als Vorbild und Ideal sah. Seine folgendenRomane,  Essays, seine Gedichte und andere Werke werden zum Erfolg, auch wenn der Schriftsteller nicht sehr produktiv ist, da er als Arbeiterautor mit Worten und Formulierungen zu kämpfen hat, was er jedoch sehr gut meistert.

Den Höhepunkt erreicht Harry Martinson dann mit seinem Epos Aniara, en revy om människan i tid och rum im Jahre 1956, einem Epos in 103 Gesängen, das später die Grundlage für Erik Lindegrens Oper wird, zu der Karl-Birger Blomdahl die Musik schreibt. Nach dem enormen Erfolg des Buches beginn jedoch der Abstieg des Schriftstellers, denn die Kritik beginnt sich von dem Egozentriker abzuwenden, der mit seiner dunklen Gesellschaftskritik immer deutlicher wird, aber auch eine gewisse Überheblichkeit zu zeigen beginnt, da seine Worte eine immer größere Bedeutung in der Gesellschaft gewinnen. Während ihn ein Teil der Literaten als Genie betrachtet, sehen ihn andere nur als Emporkömmling, der Glück hatte und negative Züge sucht.

Als Harry Martinson dann im Jahre 1974, gemeinsam mit Eyvind Johnson, den Nobelpreis für Literatur bekam, wurde die Kritik sowohl an der Svenska Akademien als auch an Martinson besonders laut, da er bei der Vergabe des Preises bereits Mitglied der Akademie war und im Ausland ein nahezu unbekannter Schriftsteller war. Plötzlich war auch nicht mehr die Leistung des Schriftstellers von Bedeutung, sondern aus Eifersucht versuchten bekannte Literaten und Kritiker den Ruf von Martinson zu zerstören. Obwohl Eyvind Johnson in der gleichen Position wie Martinson war, blieb er von der Verfolgung weitgehend verschont und verkraftete auch die Kritik besser.

Sicher ist, dass Harry Martinson nach seinem Epos Aniara nur noch sehr wenig geschrieben hat und nach der Vergabe des Nobelpreises erschienen nur noch zwei Werke posthum, was man auf die verschiedenst Weise deuten kann, denn bewiesen ist, dass vor allem seine Gedichte ab Ende der 50er Jahre eine Schwermut des Autors zeigen, der sein Leben lang um eine Anerkennung durch Gesellschaft gekämpft hatte. Die Kritik nach dem Nobelpreis hatte ihn jedoch vollkommen zerstört, was letztendlich dazu führte, dass Martinson 1978 im Karolinska Krankenhaus in Stockholm mit einer Schere Seppuku beging. Lars Gyllensten versucht in seinen Memoiren die letzte Phase des Schriftstellers zu erklären.

Harry Martinson wurde 1949 in die Svenska Akademien aufgenommen, wo er nach Elin Wägner auf dem Stuhl Nummer 15 Platz nahm. Im Jahre 1954 wurde er zum Ehrendoktor in Philosophie an der Universität Göteborg ernannt. Er erhielt im Laufe seines Lebens zahlreiche Auszeichnungen. Die Kritik an ihm wurde jedoch bis heute nicht ganz zu den Akten gelegt, was vermutlich auch damit zusammenhängt, dass Martinson in die Epoche des literarischen Umbruchs der 60er Jahre geriet, einen Umbruch in dem das Epos Aniara als unverständlich betrachtet wurde.

Copyright: Herbert Kårlin

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