23 februari 2013

Ivar Lo-Johansson, ein Pfeiler der Arbeiterliteratur Schwedens

Ivar Lo-Johansson (eigentlich Karl Ivar Loe) wurde am 23. Februar 1901 als Sohn des landwirtschaftlichen Arbeiters Johan Gottfrid Jansson, einem sogenannten Statare, und dessen Ehefrau Anna Lovisa Andersdotter in Ösmo geboren und starb am 11. April 1990 in Stockholm. Lo-Johansson war nie verheiratet, hatte jedoch mehrere längere Liebesverhältnisse mit bedeutenden Frauen, unter anderem der Schriftstellerin Sara Lidman, der Lyrikerin Ann Smith und der Freiherrin Ingrid Stiernblad. Alle diese Verhältnisse verarbeitete der Autor in seinen Büchern.

Seine Kindheit verbracht Ivar Lo-Johansson in ärmlichen Verhältnissen an verschiedenen Orten. Nach sieben Jahren in der Volksschule schien die Ausbildung des Schriftstellers zu Ende zu sein. Seine tatsächliche Bildung erwarb er daher weitaus später an der Volkshochschule, wo er sich nicht nur für die schwedische Sprache und Geschichte interessierte, sondern auch im Privatunterricht Französisch lernte.


Auch wenn Ivar Lo-Johansson sich schon sehr früh entschieden hatte Journalist oder Schriftsteller zu werden, so musste er sich sein Geld erst als Landarbeiter verdienen und, als er mit Mitte 20 nach Stockholm zog, sich mit den unterschiedlichsten Arbeiten über Wasser halten. Der Schriftsteller arbeitete im Steinbruch, versuchte sich als Bildhauer und nahm nahezu jeden Gelegenheitsjob an, der sich bot. Parallel dazu arbeitete er jedoch an seinem ersten Buch.

Im Jahre 1927 erschien mit Vagabondliv i Frankrike das erste Buch von Ivar Lo-Johansson, eine Reiseschilderung von einer Fahrt nach Frankreich, die Lo-Johansson mit 19 oder 20 unternommen hatte. Bereits in diesem Werk findet man die Züge des Arbeiterschriftstellers, der nicht die Schönheit des Landes lobt, sondern in Form eines Reiseberichts das Leben der Bauarbeiter und Bauern Frankreichs schildert. Der Autor plant dieses Thema als Serie auszubauen und in gleicher Weise auch über alle anderen europäischen Länder zu schreiben. Letztendlich besteht diese Reihe dann jedoch nur aus fünf Büchern und endet mit Nederstigen i dödsriket, der Welt der Armen Londons, und Zigenare. En sommar på det hemlösa folkets vandringsstigar, die beide 1929 erscheinen und das Ergebnis seiner Reportagereisen nach Ungarn, Frankreich und England sind.

Nach mehreren Romanen und Novellen aus dem Arbeiterleben und dem Landleben beginnt Ivar Lo-Johansson seine bedeutendsten Werke zu schreiben, die ihn zu einem Vorbild zahlreicher Arbeiterliteraten machen und in ihrer Stärke des Ausdrucks kaum ihresgleichen finden.

Mit seinem Roman Godnatt, jord begann Ivar Lo-Johansson im Jahre 1933 über die Situation der Statarna zu schreiben, über die Landarbeiter, die vor allem im südlichen Schweden üblich waren und einen nicht geringen Teil ihres Lohnes in Form von Naturalien ausbezahlt bekamen, Verträge nur für jeweils ein Jahr erhielten und teilweise wie Leibeigene behandelt wurden. Lo-Johansson beleuchtet in diesen Büchern auch Randprobleme, denn in Kungsgatan folgt er Jugendlichen, die in Stadt entkommen wollen und dort ihr Glück machen wollen und in Bara en mor taucht man in das Leben der Ehefrauen des Statare und erlebt ihre Träumen, die bei dem harten Leben zu Bruche gehen. Bara en mor öffnete dem Schriftsteller eine breite Leserschicht, was letztendlich auch dazu führte, dass diese Art der Ausbeutung 1944 in Schweden verboten wurde.

Mit seinem Roman Geniet im Jahr 1947 geht Ivar Lo-Johansson dann dazu über aus seinem Leben zu erzählen, wobei Geniet noch ein Übergangswerk ist und vor allem von der Einsamkeit des Schreibens handelt, ein Buch das die Isolation beschreibt in die ein Arbeiter gerät wenn er sich im Bereich der literarischen Bourgeoisie bewegt und den Weg nach Oben beschreiten will, einer Welt, wo nicht Wissen und Genie entscheiden, sondern Herkunft und Beziehungen. Ohne den Begriff Mobbing zu kennen, schildert der Schriftsteller hier eine Situation, die heute als Politikum betrachtet wird.

Nur vier Jahre später beginnt Ivar Lo-Johansson mit Analfabeten einer achtbändige Reihe an Romanen, die man als Autobiographie des Schriftstellers betrachten kann und von seiner Kindheit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs führt, wobei der letzte Band Proletärförfattaren kein Roman mehr wird, sondern eine Zusammenfügung verschiedener Erinnerungen, die romantechnisch keinen anderen Platz fanden. Diese Bände werden zwischen 1978 und 1985 durch die vierbändigen Memoiren ergänzt, die unter den Titeln Pubertetet, Asfalt, Tröskeln und Frihet erscheinen.

Eine Sonderstellung im literarischen Schaffen von Ivar Lo-Johansson nehmen die sieben Bände ein, die unter Passionssviten zwischen 1968 und 1972 erschienen, denn der Schriftsteller greift hier nicht zu seiner üblichen Romanform, sondern veröffentlicht 100 Novellen, die die Passionen und Laster der Menschheit schildern. Da er hier jedoch nicht nur über Machthunger und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft schreibt, sondern auch die Erotik und die erotischen Träume eine wichtige Rolle einnehmen, wird der Autor als sittenverderbend betrachtet und die Passionssuite wird nahezu verschwiegen, wodurch die schwedische Gesellschaft ihre Doppelmoral zeigt, da Lo-Johansson nur aus dem tatsächlichen Leben schöpft.

Ivar Lo-Johansson ist der typische Vertreter der schwedischen Arbeiterliteratur des 20. Jahrhunderts, dem es auf die Verbesserung der Gesellschaft ankam und der sich nicht einem Parteisystem unterordnete. So wie er erst gegen das System der Statarna kämpfte, so setzte er sich in den 50er Jahren für ältere Menschen ein, die in Altersheimen versteckt wurden und in der Misere auf den Tod warteten. Durch seine Bücher und Artikel in Zeitschriften konnte er vieles ändern indem er das Volk auf Missstände aufmerksam machte. Und Lo-Johansson war glaubwürdig, denn er er war einer unter den Arbeitern, der über das schrieb, was er selbst erlebt hatte oder mit eigenen Augen gesehen hatte.

Copyright: Herbert Kårlin

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