17 mars 2013

Agnes von Krusenstjerna als Kämpferin gegen den Adel

Agnes von Krusenstjerna wurde am 9. Oktober 1894 als Tochter des Oberst Wilhelm Ernst von Krusenstjerna und dessen Frau Eva Sofia Hamilton in Växjö geboren und starb am 10. März 1940 in Stockholm. Krusenstjerna war seit 1921 mit dem Literaturkritiker David Sprengel verheiratet.

Da der Vater von Agnes von Krusenstjerna in Gävle stationiert war, verbrachte die Schriftstellerin die ersten 14 Jahre ihres Lebens in Gävle, wo sie auch von 1904 bis 1909 die Mädchenschule besuchte. Die nächsten Jahre, nach der Pensionierung des Vaters, verbrachte das Mädchen in Stockholm und besuchte dort die bis 1911 die Anna Sandströms Schule, die sie jedoch auf Grund einer psychischen Zusammenbruchs ein Jahr vor der Abschlussprüfung verlassen musste. Bis 1913 wurde Krusenstjerna dann zu Hause unterrichtet.


Bereits im Alter von elf Jahren begann Agnes von Krusenstjerna Tagebücher und Gedichte zu schreiben, die bereits ein Zeichen für ihre ersten Depressionen sind, da die Schriftstellerin zu dieser Zeit bereits von einem schwarzen Schatten spricht, der über ihr schwebt. Als sie dann nach einer zerbrochenen Verlobung im Jahre 1914 erstmals wegen ihren Depressionen ins Krankenhaus eingeliefert wird, glaubt Krusenstjerna an eine Verbannung, die über allen Frauen ihres Geschlechts liegt, denn drei ihrer Cousinen aus Gävle haben die gleichen Depressionen und eine unter ihnen starb durch Selbstmord. Krusenstjerna war überzeugt, dass die Frauen dieser adeligen Linie nicht für die Liebe geeignet waren.

Bereits 1918 wurde Agnes von Krusenstjerna dann erneut für neun Monate in das psychiatrische Krankenhaus in Solna eingeliefert. Nach ihrer Entlassung machte die Schriftstellerin eine Reise nach England, die für ihr späteres Schaffen eine bedeutende Rolle spielte, denn während sie bis dahin die Regeln des schwedischen Hochadels, der Vater und Mutter in gerader Linie entstammten, ohne jeden Zweifel übernahm, beginnt sie in England all diese Werte in Frage zu setzen. Krusenstjerna beginnt an Gott, dem übergeordneten Adel und dem ganzen „anständigen Milieu“ zu zweifeln und befreit sich damit gewissermaßen von einer Gesellschaftsordnung, die sie als Zwang empfindet.

Wenn man von einem Jugendroman ohne größere Bedeutung absieht, so beginnt Agnes von Krusenstjerna ihre literarische Aktivität im Jahr 1920, als sie an der Tony-Trilogie zu arbeiten begann, einem Werk, das zwischen 1022 und 1924 veröffentlicht wurde, sehr starke autobiografische Züge der Schriftstellerin trägt und unmittelbar ein schriftstellerischer Erfolg wird. Krusenstjerna beschreibt in diesen drei Werken jedoch nicht nur ihre Jugend in Gävle, sondern auch den Aufenthalt in der Psychiatrie und, was in jener Zeit geradezu als Skandal empfunden wird, sie zeigt eine sexuelle Offenheit, die damals geradezu als krankhaft betrachtet wurde.

Eine sehr bedeutende Rolle spielt für die Schriftstellerin David Sprengel, den Agnes von Krusenstjerna 1921 gegen den Willen ihrer Eltern geheiratet hatte und der ihr nicht nur seine Unterstützung in jeder Hinsicht bot und sie ermunterte an der Trilogie zu arbeiten, sondern sie auch dazu ermunterte alle Brücken zur Aristokratie und ihren Eltern abzubrechen und zu sich selbst zu finden.

Auch wenn Agnes von Krusenstjerna bereits mit der Tony-Trilogie die Grenzen des gesellschaftlich Akzeptierten überschritten hatte, aber immerhin noch als Neuerung der Literatur akzeptiert wurde, so hatte ihre zweite siebenbändige Romansuite geradezu verheerende Folgen, denn bei Frökanarna von Pahlen spricht Krusenstjerna offen über Geschlechtsverkehr, Inzest und Homosexualität und lässt damit die Gesellschaftseite in der Literatur aufleben über die man im damaligen Schweden grundsätzlich nicht sprechen und schreiben durfte. Die Bibliotheken bezeichneten diese sieben Bücher daher als kranke Romane, die für die Allgemeinheit unlesbar sind. Diese Romane Krusenstjernas führten jedoch zu einer offenen Diskussion über die moralischen Normen Schwedens. Dass dieses Werk dennoch nicht ganz verdammt wurde, lag an der Unterstützung, die Autoren wie Eyvind Johnson, Karin Boye, Johannes Edfelt und auch der Journalist Torgny Segerstedt der Schriftstellerin zukommen liessen. Karin Boye verglich die Zensur mit der man Krusenstjernas Romane belegte sogar mit der Zensur des Nazideutschlands.

Die Zensur mit der die letzten Bücher dieser Romansuite von Seiten des Verlags Bonniers belegt wurden, führte allerdings dazu, dass diese Bände bei Spektrum verlegt wurden, einem radikalen Verlag jener Jahre. Das Ergebnis war daher, dass die Linke Schwedens nun diese Bücher als Beleg für die Dekadenz der höheren Gesellschaft nahmen und Agnes von Krusenstjerna plötzlich eine wichtige Rolle in der Arbeiterbewegung einnahm, die sie im Grunde gar nicht interessierte.

Die Diskussion um diese Bücher belasteten Agnes von Krusenstjerna bedeutend und das Ehepaar Krusenstjerna-Sprengel reiste zur Erholung nach Spanien. Nach einem Selbstmordversuch wurde die Schriftstellerin dort jedoch in eine katholische Nervenklinik in Malaga eingeliefert. Im „Haus der Nonnen“, wie sie die Klinik nannte, begann Krusenstjerna dann ihre letzte Romansuite unter dem Titel Fattigadel zu schreiben. Dieses Werk ist eine Abrechnung mit der Adelsschicht und ihrer Familie, wobei die Schriftstellerin hier auch deutlich Namen nennt und das geheime Leben dieser Oberschicht zu Beginn des 20. Jahrhunderts rücksichtslos aufdeckt. Die Kritiker wagen sich kaum diese vier Bände zu besprechen und die Mehrheit der Gesellschaft betrachtete den Inhalt nur als das Ergebnis einer psychisch kranken Frau, auch wenn man heute weiß, dass alle Erzählungen Krusenstjernas der absoluten Wahrheit entsprechen, die die Schriftstellerin selbst erlebt und gesehen hatte.

Nach dem vierten Band der Romansuite, die damit allerdings noch nicht abgeschlossen war, nahm der körperliche Gesundheitszustand der Schriftstellerin plötzlich rapide ab, was auf ein Problem im Gehirn zurückzuführen war. Bei einer Notoperation im Jahre 1940, die Krusenstjerna jedoch nicht überlebte, stellte man fest, dass die Schriftstellerin einen Gehirntumor in sehr fortgeschrittenem Stadium hatte.

Copyright: Herbert Kårlin

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