8 mars 2013

Anna Maria Lenngren, Frauenbewegung und Bourgeoisie im 18. Jahrhundert

Anna Maria Lenngren, geborene Malmstedt, wurde am 18. Juni 1754 als Tochter des Professors Magnus Brynolf Malmstedt und dessen Frau Märta Johanna Florin in Uppsala geboren und starb am 8. März 1817 in Stockholm. Lenngren war mit Kommerzienrat und Redakteur Carl Peter Lenngren verheiratet.

Auch wenn man über die Kindheit und die Jugend von Anna Maria Lenngren relativ wenig weiß, so kennt man doch das familiäre Milieu in dem sie aufwuchs, denn der Vater gehörte einer Freikirche an, neigte zum Leben eines Bohemien und hatte Probleme damit sein relativ bescheidenes Einkommen auf sinnvolle Weise anzuwenden. Im Hause der Eltern unterrichtete der Vater umsonst arme Kinder der Stadt. Erziehung war für den Lateinprofessor extrem wichtig, weshalb auch die Tochter Latein lernen musste und diese bald eine Spezialist der römischen Dichtkunst war.

Stich: Familj Journalen Band 14

Im Elternhaus bekam Anna Maria Lenngren nicht nur Bildung geboten, die in jener Zeit für Mädchen außerordentlich selten war, sondern sie kam auch sehr eng mit Literatur in Berührung, da der Vater über eine reiche Bibliothek verfügte und über 600 Lieder, Epigramme und andere Texte verfasste und die Mutter Psalmengedichte schrieb. Die ersten literarischen Leistungen von Lenngren waren nicht gezeichnet, aber nach aller Wahrscheinlichkeit handelte es sich dabei um zahlreiche Übersetzungen von Horatius, die um diese Zeit in den Zeitungen dieser Epoche veröffentlicht wurden.

In ihrer Jugend versuchte sich Anna Maria Lenngren in der gesamten Dichtkunst der Zeit, wobei sie jedoch den religiösen Einschlag, den man in den ersten Werken findet, bald ablegt, da sie der Religion eine Mitschuld an der Unterdrückung der Frau gibt, die weder in der Gesellschaft noch der Wissenschaft oder der Literatur wirklich anerkannt wird.

Die Stärke der Werke von Anna Maria Lenngren spürt man erstmals bei ihrem Werk Tekonseljen aus dem Jahre 1774, das sie drei Jahre später nochmals überarbeitet. Das Gedicht ist eine Satire auf die weibliche Schwäche und die Vorurteile, die mit den beiden Geschlechtern verbunden werden. Lenngren entwickelt sich bereits zu dieser Zeit zu einer Meisterin der Satire, die sehr deutlich die Rolle der Frau und die gesellschaftlichen Strömungen Ende des 18. Jahrhunderts beleuchtet und ironisiert. Mit diesen Satiren gelingt es der Poetin auch Mitarbeiterin der Stockholms-Posten zu werden, zumal die Zeitung von Johan Henric Kellgren und ihrem späteren Mann, Carl Peter Lenngren, gegründet wurde.

Wie alle Skalden und Dichter der Epoche, so folgte auch Anna Maria Lenngren in den 70er Jahren dem Trend des Königshauses und leistete dabei einen bedeutenden Beitrag zur Szenenkunst, die Gustav III. in diesem Jahrzehnt zu einer offiziellen Kunstart Schwedens machte. Lenngren übersetzte von 1776 bis 1797 mehrere Operetten, die vor der königlichen Gesellschaft aufgeführt wurden. Eine besondere Stellung nimmt dabei jedoch ihre erste Übersetzung ein, denn zu Lucile von André Grétry schrieb die Autorin ein Vorwort, das mit der opéra comique veröffentlicht wurde und auf das Recht der Frau zur intellektuellen Arbeit hinweist. Lucile ist zudem die älteste Operette in schwedischer Sprache, die je gefunden wurde.

In vielen Punkten wurde Anna Maria Lenngren von Johan Henric Kellgren, Jean-Jacques Rousseau und Voltaire beeinflusst, insbesondere bei ihrem freien Denken in der Literatur. Die Poetin zeigt sich ihr Leben lang nicht nur als Meisterin der Satire, sondern übersetzt auch französische frivole Poesie und macht sich offen lustig über Standesverhalten, Theologie, Universitätswissen und schlechte Poeten. Lenngren geht auch davon aus, dass im Zuge der Aufklärung die Frau in der Gesellschaft bald anerkannt wird und ihre Unterdrückung durch die Gesellschaft, die von Universität und Theologie gestützt wurden, verschwindet.

Sehr erstaunlich ist es daher, dass die öffentliche Arbeit als Poetin mit ihrer Ehe nahezu abbricht und Anna Maria Lenngren plötzlich freiwillig in die Rolle der Frau schlüpft, die sie im Grunde verachtet und in ihren Satiren lächerlich machte. Dass Lenngren das Schreiben jedoch nicht aufgegeben hat, wird klar, wenn man ihre einzelnen späteren Werke liest, denn sie bietet ab Ende der 80er Jahre eine Lyrik des höchsten Niveaus, die sich mit den zahlreichen Autoren, die um diese Zeit bekannt wurden, ohne jedes Problem messen kann.

Anna Maria Lenngren versuchte ihr Leben lang anonym und mit Pseudonymen zu arbeiten und sie weigerte sich auch ihre Werke in Buchform zu veröffentlichen. Erst nach ihrem Tod publizierte ihre Ehemann im Jahre 1819 eine Auswahl ihrer Gedichte unter dem Titel Skaldeförsök.

Auch wenn man Anna Maria Lenngren heute eine bedeutende Rolle in der Literaturgeschichte Schwedens gibt, so bleibt ihr Leben und ihre Meinungen immer noch ein Rätsel, denn obwohl man die Autorin als gelehrte und belesene Poetin beschriebt, so wird Lenngren von Zeitgenossen auch als typisch Frau der damaligen Bourgeoisie bezeichnet, die sich vollkommen ihrem Mann unterordnete, was allen ihren Werken widerspricht.

Copyright: Herbert Kårlin

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