24 januari 2013

Sigfrid Siwertz und die konservative Bourgoisie Schwedens

Sigfrid Siwerts wurde am 24. Januar 1882 als Sohn des Direktors Johan Sigfrid Siwertz und dessen Frau Ingrid Mathilda Korentz in Stockholm geboren und starb am 26. November 1970 ebenfalls in der schwedischen Hauptstadt. Siwertz war erst mit Elsa Vilhelmina Olsson verheiratet, die sehr früh starb, und anschließend mit der Journalistin Margit Maria Strömberg.

Seine Kindheit und seine Jugend verbrachte Sigfrid Siwertz in einem Heim der unteren Bürgerschicht, wobei viele seiner Einflüsse aus der „Mischung“ seiner Eltern kam, denn der Vater kaum aus Nordschweden und die Mutter war aus einer wohlhabenden Bauernfamilie aus dem Småland. Die Eltern hatte sich beide in Stockholm niedergelassen und sich dort getroffen. Diese Jugendzeit schildert Siwertz in seinen Memoiren Att vara ung aus dem Jahre 1949.


Der Schriftsteller Sigfrid Siwertz ging erst in die Klara-Schule in Stockholm, anschließend die Bürgerschule Norra Latin und machte seine Hochschulreife en der Norra Real. Nach der Hochschulreife schrieb sich Siwertz 1901 an der Universität Uppsala ein, wo er sich insbesondere für Philosophie interessierte, auch wenn er zusätzlich Literaturwissenschaft und romanische Sprachen studierte.

Die Studien in Uppsala gingen allerdings sehr träge voran, da sich Sigfrid Siwertz vor allem um den literarischen Kreis kümmerte, der sich dort gebildet hatte. Bald zählten Sigurd Agrell, Harald Brising, John Landquist und Sven Lidman zu seinem engsten Freundeskreis. In seiner Freizeit kannte der zukünftige Schriftsteller nur eine Beschäftigung, nämlich Segeln. Einer seiner Freunde meinte einmal, dass es in ganz Schweden vermutlich keinen Schriftsteller gibt, der sich so viel auf dem Wasser befand wie Siwertz.

Als Sigfrid Siwertz sein Studium in theoretischer Philosophie, Literaturgeschichte und romanischen Sprachen abgeschlossen hatte, genoss er erst einmal das Leben eines Bohemien in Stockholm und lebte weiterhin bei seinen Eltern. Sein Examen half Siwertz wenig um ins normale Berufsleben einzusteigen, aber sein Plan war ohnehin Schriftsteller zu werden. Er nahm Kontakt mit Hjalmar Söderberg, Gustaf Hellström und anderen Schriftstellern der Zeit auf, die ihn bei seinem Vorhaben unterstützten. Bereits 1905 erschien dann auch sein erster Gedichtband Gatans drömmar bei Bonniers, ein kleiner Band mit Gedichten, die zu dieser Zeit modern waren, jedoch ohne besonderen Anspruch. Ein Jahr später erschien seine Novellensammlung Margot, die sehr positiv von der Kritik aufgenommen wurde. Mit den Einnahmen aus diesen Büchern machte sich Siwertz erst einmal auf eine Reise durch Deutschland, die Schweiz, Italien und Frankreich, wo er sich vor allem mit den Werken von Henri Bergson vertraut machte, der ihn stark beeindruckte und später in seiner Arbeit beeinflusste.

Im Jahre 1908 kehrte Sigfrid Siwertz zurück nach Schweden, heiratet, begann ernsthaft an einer Karriere als Schriftsteller zu arbeiten und veröffentlicht 1911 das Jugendbuch Mälarpiraten, in dem drei Jungen mit einem gestohlenen Segelboot den Mälaren entdecken, ein Buch, das später vor allem in Schulen sehr geschätzt wird und Teile davon werden selbst in Lesebüchern abgedruckt.

Mit der Entscheidung Schriftsteller zu werden, zeigte Sigfrid Siwertz auch einen enormen Arbeitseifer, der sich an der Menge seiner Werke ausdrückt und die gesamte literarische Breite umfasst, von Lyrik über Novellen, Romane und Essays bis zu dramatischen Werken für das Theater.

Obwohl Sigfrid Siwertz sich als geschickter Erzähler zeigt und sich zu einem bedeutenden Schriftsteller entwickelte, spielt er innerhalb der schwedischen Literaturgeschichte nur eine kleinere Rolle. Die Ursache dazu ist einerseits seine konservative Schreibweise mit einem Stil des 19. Jahrhunderts, die der Autor als die ideale schriftstellerische Ausdrucksweise bezeichnet und zum anderen, dass er sich mehr als Novellist zeigt und selbst seine Romane mehr eine Aneinanderreihung an Novellen sind als „echte“ Romane. Es war daher sehr schwierig für Siwertz eine jüngere aufstrebende Leserschicht zu finden.

Sigfrid Siwertz muss seine Schwäche selbst erkannt haben, denn bei der Analyse seiner Gesamtwerke stellt man fest, dass er der bedeutendste schwedische Novellenroman-Schriftsteller der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist. Im Laufe seiner Schaffensphase entwickelt sich Siwertz geradezu zu einem Meister dieser Romanliteratur, was sich vor allem in Trådar i en väv aus dem Jahre 1957 sehr deutlich zeigt.

Wie auch Olov Svedelid, so gehört Sigfrid Siwertz zu den Autoren, die eine Art Flanierromane Stockholms geschrieben haben, denn auch für Siwertz war Stockholm das Zentrum seines Schaffens. Oft spielen seine Szenen auch in der schwedischen Hauptstadt, wobei er hierbei jedoch weniger literarische Stadtführer schafft, sondern auf die gesellschaftlichen und politischen Probleme Stockholms in dieser Zeit aufmerksam machen will.

Der Schlüsselroman, der den Zugang zu Sigfrid Siwertz ermöglicht, erschien im Jahre 1920 in zwei Teilen und hatte den Titel Selambs. In diesem Roman entdeckt man zahlreiche Personen mit denen Siwertz zu Beginn des Jahrhunderts verkehrte, wobei er auch seine Ehe in leicht verschlüsselter Form darstellt. Der Roman Selambs kann als Satire einer bürgerlichen Welt betrachtet werden, einer Welt in der der Schriftsteller alle seine Werke ansiedelt und die er am besten kennt.

Sigfrid Siwertz wurde 1932 in die Svenska Akademien gewählt, wo er nach Tor Hedberg auf dem Stuhl Nummer 4 Platz nahm. Ab dieser Zeit spürt man, dass der Schriftsteller weniger Zeit für seine eigenen Werke hat, sondern sich intensiv der Arbeit der Akademie widmet, wo er auch bald im Nobelkomitee zu finden war. Vor allem in den 40er Jahren hatte Siwertz einen bedeutenden Einfluss auf die Wahl der Nobelpreisträger und die anderen Preisträger der akademischen Preise.

Copyright: Herbert Kårlin

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