3 januari 2013

Stig Claesson, der unbekannte Schriftsteller Schwedens

Stig Claesson wurde am 2. Juni 1928 als Sohn des Nachtwächters John Claesson und dessen Frau Helena in Huddinge geboren und starb am 4. Januar 2008 im Alter von 79 Jahren in der schwedischen Hauptstadt Stockholm.

Obwohl Stig Claesson mit seinen insgesamt 88 Büchern und seinen nahezu unzähligen Kunstwerken zu den bedeutendsten Schriftstellern Schwedens des 20. Jahrhunderts gehört, weiß man über den Autor kaum etwas und selbst die fragmentarische Monographie des Sohnes über den Künstler und Schriftsteller aus dem Jahre 2009 gibt keine Antworten, da auch er kaum mehr weiß als dass Stig Claesson von 1947 bis 1952 an der Kunstakademie in Stockholm studierte und anschließend Europa bereiste und sich längere Zeit im Nachkriegsfrankreich, insbesondere in Paris, aufhielt.


Der Schriftsteller Stig Claesson als Person ist sehr schwer zu fassen, da er niemandem Zugang zu seiner Persönlichkeit erlaubte und in vielen Punkten eine gespaltene Person war, die Stockholm liebte und in vielen seiner Bücher verarbeitete, aber gleichzeitig von anderen Ländern angezogen wurde und viel reiste. Claesson war Alkoholiker, aber der Wein ließ ihn nicht nur die Tiefen des Lebens sehen, sondern gab ihm auch die Kraft über ein halbes Jahrhundert lang eine immense Arbeitsleistung zu vollbringen. Und Stig Claesson konnte an einem Tag ein Meisterwerk zeichnen um am nächsten Tag eine mäßige Arbeit liefern, die nur dazu diente Lebensmittel und Wein zu kaufen oder die Miete zu bezahlen. Auch die Bücher des Schriftstellers folgen keiner klaren Linie, weder beim Thema, noch beim Stil und ihrer Qualität. Dies ist auch einer der Gründe, warum die Leser seiner Bücher alle einen anderen Stig Claesson kennen lernen.

Bereits das erste Buch von Stig Claesson kann als Schlüsselwerk zum Autor betrachtet werden, denn in seiner Erzählung Berättelse från Europa aus dem Jahre 1956 verwandelt er Hitchhiking in eine Art Kunst, eine Lebensart und die Universität des Lebens bei der man seine Reise durch Europa auf eine besondere Art nacherleben kann und lernt wie Claesson die Welt betrachtet. Diese Betrachtungsart findet man in all seinen Büchern und seinen Zeichnungen wieder.

Stig Claesson will weder ein anderes Land, noch Schweden oder auch Stockholm beschreiben, denn der Schriftsteller ist immer auf der Suche nach dem Abstrakten, nach dem, was der Durchschnittsreisende oder Bewohner einer Stadt nicht sieht, weil er nicht über seine eigenen Grenzen hinwegblickt, sondern in der Struktur des Angelernten stecken bleibt. Um diese Grenze zu überschreiten brauchte Charles Baudelaire Opium und Stig Claesson Alkohol, die jedoch in beiden Fällen ohne das Genie eines Künstler keine Wirkung gebracht hätten.

Die Bücher Stig Claessons werden meist als Reportageromane eingeordnet, obwohl er eine neue Kategorie an Literatur schuf, die sich zwischen Reportage und Fiktion ansiedelt, was den Regisseuren, die einige seiner Bücher verfilmten, eine gewisse Freiheit gab ohne sich zu sehr von der Welt Claessons entfernen zu müssen.

Das vermutlich bekannteste Buch von Stig Claesson wurde der ebenfalls verfilmte und in mehrere Sprachen übersetzte Reportageroman Vem älskar Yngve Frej (Wer liebt Yngve Frej) aus dem Jahre 1968 in dem der Schriftsteller ein ländliches Schweden beschreibt, das wenig mit der Idylle zu tun hat mit der noch heute bei Touristen Schweden beworben wird. In diesem Werk lernt man jene Existenzen kennen, die in einem modernen Schweden überflüssig sind und in gewisser Weise bereits wegrationalisiert wurden, eine Geschichte, die sich auch im gegenwärtigen Schweden und allen globalisierten Ländern wiederholt.

Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller war Stig Claesson auch permanent als Illustrator aktiv, wobei er hier seine Karriere damit begann schwedische Klassiker zu illustrieren, später aber auch künstlerische Einzelwerke schuf von denen immer wieder welche bei den verschiedenen Auktionen auftauchen. Im Unterschied zu seinen Romanen zeichnete Claesson seine Zeichnungen mit dem Pseudonym Slas. Der Künstler illustrierte auch seine eigenen Romane und arbeitete als Porträtist von schwedischen Städten bei den Zeitschriften Joker und Folket i bild. Neben seinen Zeichnungen arbeitete Stig Claersson auch in Öl, Pastell und fertigte Collagen an.

Stig Claesson, der neben seinen Büchern auch eine bedeutende Menge an Erzählungen in den verschiedensten Zeitungen und Zeitschriften Schwedens publizierte, veröffentlichte im Jahre 2006 sein letztes Buch mit dem Titel God natt fröken Ann, das man sehr deutlich als Abschiedsbuch des Schriftstellers erkennt, der plötzlich feststellt, dass er alt und gebrechlich wurde und nun auf Hilfe angewiesen ist, die ihm zwar zusteht, aber nicht immer als selbstverständlich betrachtet wird, weil man erst darum bitten muss.

Copyright: Herbert Kårlin

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