27 november 2012

Hedvig Charlotta Nordenflycht, die erste Feministin Schwedens

Hedvig Charlotta Nordenflycht wurde am 28. November 1718 als Tochter des Hofbeamten Anders Andersson Nordbohm (nach Erhebung in den Adelstand Nordenflycht) und seiner Frau Kristina Rosin in Stockholm geboren und starb am 29. Juni 1763 in der schwedischen Hauptstadt.

Ihre Kindheit verbrachte Hedvig Charlotta Nordenflycht in Stockholm, wo sie eine für die damalige Zeit sehr gute Ausbildung erhielt, da sie im gehobenen Bürgertum mit Privatlehrern aufwuchs und sehr früh auch an die Literatur herangeführt wurde. Als Hedvig Charlotta 13 Jahre alt war, zog die Familie auf ihr Gut nach Viby bei Uppsala.


Als der Vater nur drei Jahre später im Sterben lag, überredete er die Sechzehnjährige den Mechaniker Johan Tideman zu heiraten. Hedvig Charlotta Nordenflycht gehorchte dem Vater und verlobte sich mit Tideman. Noch bevor es jedoch zur Ehe kam, starb der Verlobte im Jahre 1737. Nordenflycht zog unmittelbar zurück nach Stockholm und begann dort  eine Affaire mit ihren ehemaligen Französischlehrer, den Priester Jacob Fabricius. Da sich die Verwandten der Ehe widersetzten, kam diese erst im Jahre 1741 zustande und dauerte gerade einmal sieben Monate bis der Ehemann Nordenflychts starb.

Während der kurzen Ehe mit Jacob Fabricius veröffentlichte Nordenflycht das Gedicht  Fruentimbers Plikt at upöfwa deras Wett (die Pflicht der Frau, den Verstand zu gebrauchen), eine Streitschrift, die das Recht der Frau auf Selbständigkeit und das Recht auf literarisches Schaffen forderte und der Schriftstellerin später den Ruf brachte die erste schwedische Feministin gewesen zu sein.

Nach längerer Krankheit und Sorgezeit zog Hedvig Charlotta Nordenflycht in ein kleines Häuschen auf Lidingö, wo sie ihre schriftstellerische Laufbahn begann. 1742 erschien ihr Gedicht Svenska fruntimrets klagan, das sie Ulrika Eleonora widmete und womit sie direkt ins Gespräch kam. Allerdings hatte ihre Annäherung an den schwedischen Hof noch ein anderes Ziel, denn Nordenflycht beantragte am Königshof auch eine Unterstützung als Schriftstellerin, damit sie unbekümmert schreiben konnte, ein Antrag, der genehmigt wurde und ihr, gemeinsam mit den Einnahmen aus Veröffentlichungen, ein bürgerliches Leben erlaubte ohne von einem Mann abhängig zu sein.

Als Aufarbeitung der Sorge und nachdem ihr die finanziellen Probleme genommen waren, schrieb Hedvig Charlotta Nordenflycht die Gedichtsammlung Den sörgande Turtur-Dufwan (Die trauernde Turteltaube), die bereits 1743 erschien und  Aufsehen erregte, zumal es um diese Zeit relativ selten war, dass eine alleinstehende Frau ein Buch veröffentlichte und dann auch noch persönliche Gefühle in Gedichten ausgedrückt wurden.

Zwischen 1744 und 1750 schrieb Hedvig Charlotta Nordenflycht dann, ausser einigen Hüllungen des königlichen Hofes, vier Bände, die den Titel Qwinligit Tankespel (Weibliches Gedankenspiel) erhielten und eine einmalige Zeitkritik darstellen, da Nordenflycht hier über alle zeitnahen Probleme schreibt, angefangen von der Politik, Philosophie und Religion bis zu den Fragen der Rechte der Frauen, ein Werk, das die Rolle der Frau in der Gesellschaft neu definiert und das gesamte patriarchalische System der Zeit in Frage stellt.

Die Liebe zu einem um 20 Jahre jüngeren Mann, Johan Fischerström, für den sie auf das Land gezogen war, sollte dann zu ihrem bekanntesten Gedicht Över en hyacint (Über eine Hyazinthe) führen in dem sie über ihre einseitige Liebe spricht, gefolgt von einigen Gedichten über ein Dreierverhältnis im Winter 1762/63, das sie sehr stark belastete. Am 25. Juni 1763 stürzte sich die Autorin im Alter von 44 Jahren in den Bach, der direkt am Hause vorbeiführte. Auch wenn sie in der letzten Sekunde noch vor dem Ertrinken gerettet wurde, starb sie nur drei Tage später.

Hedvig Charlotta Nordenflycht war jedoch nicht nur die erste Schriftstellerin Schwedens, die für die Rechte der Frau aufstand und vermutlich auch die erste Lyrikerin des Landes, die vom Schreiben leben konnte, sondern sie wurde 1753 auch Mitglied der jungen Schriftstellergruppe Tenkebyggareorden, wo sie gemeinsam mit Gustaf Fredrik Gyllenborg und Gustav Philip Creutz die schwedische Literatur erneuerte und den französischen Klassizismus nach Schweden brachte, was sich insbesondere im dreibändigen Werk Våra försök ausdrückte.

Copyright: Herbert Kårlin

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