28 maj 2013

Ragnar Jändel, der religiöse Arbeiterdichter Schwedens

Ragnar Jändel wurde am 13. April 1895 als Sohn des Malers Johan August Jändel und dessen Frau Kristina Jonasdotter in Jämjö in Blekinge geboren und starb am 6. Mai 1939 in Ronneby bei Stockholm. Jändel war in erster Ehe mit Anna Eugenia Lind und in zweiter Ehe mit der Lehrerin Alice Sofia Cecilia Lie verheiratet.

Die Kindheit von Ragnar Jändel war von Armut, einem unberechenbaren Alkoholiker als Vater, einem dominanten launischen Bruder und einer Mutter, die den Trost in der Religion suchte, geprägt. Da der Vater relativ früh starb, war es für die Mutter jahrelang sehr schwierig die Familie über Wasser zu halten, was für die fünf Geschwister bedeutete, dass sie sich so schnell wie möglich selbst versorgen mussten.


Mit 14 begann Ragnar Jändel daher eine Ausbildung zum Friseur, die er jedoch nach einem Jahr beendete. Anschließend begann er als Maler zu arbeiten, erst im Heimatort, anschließend in Stockholm, wobei er noch in seiner Jugend zu einem überzeugten Sozialist geworden war und in mehreren revolutionären Arbeiterzeitungen Kampfgedichte veröffentlichte. Auf diese Weise konnte er auch während eines Winterkurses an der Brunnsviks Folkhögskolan seine Bildung verbessern, eine Voraussetzung für seine spätere literarische Leistung.

An der Volkshochschule beschäftigte sich Ragnar Jändel vor allem mit der schwedischen und der russischen Literatur. Auch wenn Jändel sehr in sich gekehrt war, so lernte er in diesem Winter Dan Andersson und Harry Blomberg kennen, die gemeinsam mit ihm an der Brunnsviks Folkhögskolan waren und sich zu guten Freunden entwickelten. In dieser Zeit reifte bei Jändel auch die Gewissheit, dass es für ihn nur einen Beruf gab, nämlich den des Dichters und Schriftstellers.

Als Literat trat Ragnar Jändel erstmals im Jahre 1917 in Erscheinung, mit seiner Gedichtsammlung Till kärleken och hatet, die zwar bereits seine Einstellung zur Gesellschaft zeigte, jedoch noch weit entfernt von seiner späteren Leistung war. Allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass dieser erste Band noch erschien bevor der Schriftsteller seine Schulbildung an der Volkshochschule ergänzt hatte.

Aber auch wenn Ragnar Jändel die ersten Jahre nur mit Mühe überleben konnte, da seine literarische Arbeit kaum etwas einbrachte und der Autor im Jahre 1919 zudem geheiratet hatte und nach Uppsala umgezogen war, so hatten seine Kampfgedichte durch die Ausstrahlung der Ehrlichkeit und eines tiefen Empfindens einen bedeutenden Einfluss auf zahlreiche Arbeiterdichter, die nach ihm an die Öffentlichkeit traten. Selbst Vilhelm Moberg war von der Lyrik Jändels so beeindruckt, dass er ihn als Wegbereiter bezeichnete.

Da Ragnar Jändel jedoch bereits mit seinem dritten Gedichtband den Kampf der Arbeiter mit starken religiösen Zügen verbindet, wird er ab 1919 von seinen sozialistischen Freunden verlassen und die revolutionären Zeitschriften Brand und Stormklocken weigern sich seine neueren Werke zu veröffentlichen. Jändel betrachtet nun den Sozialismus als einseitig, da die dominante Arbeiterbewegung dem Glauben abgeschworen hat, der Schriftsteller diesen jedoch als Quelle des sozialistischen Gedanken betrachtet.

Dieser Bruch mit dem Sozialismus ist für die literarische Leistung Ragnar Jändels sogar von Vorteil, denn zwischen 1920 und 1931 schreibt er nun neun Gedichtbände und vier Romane. Der Schriftsteller geht nun von kämpferischen Gedichten auf Naturromantik über  und beginnt Essays zu schreiben. Obwohl der Schriftsteller nun seine eigene Sprache gefunden hat, so spürt man an manchen Stellen auch die Einflüsse von Dan Andersson, Vilhelm Ekelund und Sigbjørn Obstfelder, drei Personen, die er für ihre literarischen Arbeiten bewundert und als geistige Lehrer betrachtet.

Als im Jahre 1931 die Mutter von Ragnar Jändels plötzlich stirbt und er selbst sehr schwer krank wird, bricht für den Schriftsteller eine Welt zusammen und wenige Jahre später, nach einer depressiven und verzweifelten Phase, verlässt er seine Frau und seine gewohnte Umgebung und will neue Wege gehen, denn unerklärlicherweise fühlt er sich nun von allen Freunden verraten, inklusive von seiner Frau.

Seine beiden folgenden Gedichtsammlungen Malört und Stenarna blomma sind eine Art Aufarbeitung seiner Probleme, die so langsam in neue Hoffnungen übergehen. Ragnar Jändel hat nun zu einem Naturrealismus gefunden und er legt die religiösen Tendenzen fast vollkommen ab. Bevor der Schriftsteller nun jedoch diesen neuen literarischen Weg wirklich beschreiten kann, stirbt er im Alter von nur 44 Jahren.

Ragnar Jändel gehört mit zu den ersten Arbeiterliteraten Schwedens und hat, obwohl er heute relativ unbekannt ist, sehr viele andere Autoren beeinflusst. Seine Sprache war immer sehr einfach gehalten und dadurch auch für jene verständlich, die, wie Jändel selbst, nur eine minimale Schulbildung hatten, aber die Bedeutung der Literatur verstanden hatten und Werke suchten, die auch ihrer eigenen Seele entsprachen. Einige seiner bedeutendsten Gedichte wurden ab 1982 von Björn Wikholm auch vertont.

Copyright: Herbert Kårlin

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