31 december 2012

Fredrika Bremer, ein Pionier der schwedischen Frauenbewegung

Fredrika Bremer wurde am 17. August 1801 als Tochter des Großhändlers Karl Fredrik Bremer und dessen Frau Birgitta Charlotta Hollström im finnischen Pikis bei Åbo (Turku) geboren und starb am 31. Dezember 1865 auf dem Schloss Årsta in Haninge bei Stockholm.

Bereits 1805 zog die Familie Bremer nach Stockholm, wo der Vater das Schloss Årsta und den Hof Nynäs kaufte, die beiden Gebäude in denen Fredrika Bremer ihre Kindheit und ihre Jugend verbrachte. Wie damals üblich in der gehobenen bürgerlichen Schicht Schwedens hatte die Schriftstellerin Privatunterricht und musste vor allem die gesellschaftlichen Gepflogenheiten lernen, da das Ziel der Eltern war, dass die Tochter in eine möglichst angesehene Familie einheiraten kann.


Durch eine Reise nach Deutschland, die Schweiz, Frankreich und Holland sollte die Ausbildung von Fredrika Bremer als gebildete Dame der Oberschicht abgeschlossen werden, was zu Beginn auch seine Früchte zeigte, denn nach der Rückkehr nach Stockholm nahm Bremer aktiv am Gesellschaftsleben der Hauptstadt teil, übte sich in der Kunst der Konversation und las ihre Gedichte vor. Da Fredrika Bremer jede berufliche Tätigkeit untersagt war, das Gesellschaftsleben sie jedoch nicht auslastete, begann sich die Schriftstellerin um Arme, Kranke und sozial Ausgestoßene zu kümmern, was auch ihrer religiösen Einstellung entsprach.

Als der Vater von Fredrika Bremer im Jahre 1830 starb, führte die Schriftstellerin ihre wohltätigen Aktivitäten fort, begann aber gleichzeitig an ihrer Trilogie Teckningar utur hvardagslifvet zu arbeiten, die sie entsprechend der englischen Briefromane jener Epoche schrieb. Das in großen Zügen autobiographische Werk in das auch die beiden Teile der Familie H*** eingehen, veröffentlichte Bremer anonym. Die Trilogie gilt als das Schlüsselwerk der Autorin. Im Jahre 1844, als längst bekannt war wer das Werk geschrieben hat, erhielt sie für dieses Werk auch den großen Preis der Svenska Akadamien.

In der gleichen Epoche hatte Fredrika Bremer einen sehr intensiven Briefwechsel mit dem Pädagogen Johan Böklin mit dem sie religiöse und philosophische Fragen diskutierte. Böklin machte der Schriftstellerin mehrere Heiratsanträge, die Fredrika jedoch alle ablehnte. Als Böklin dann eine andere Frau heiratete, zog sich Fredrika Bremer weitgehend vom gesellschaftlichen Leben zurück, ohne jedoch die briefliche Diskussion mit Böklin aufzugeben.

Nachdem sich Johan Böklin kurzfristig verheiratet hatte, verließ Fredrika Bremer Stockholm und lebte überwiegend bei Gräfin Stina Sommerhielm in Norwegen, wo 1939 auch ihr Roman Grannarne entstand, ein Roman, der erneut autobiographische Züge hat, aber mit ihren persönlichen Hoffnungen auf eine veränderte Zukunft gemischt ist. Dieser Roman ist weitaus weniger moralisierend und objektiver gehalten als ihre Trilogie, was vermutlich damit zusammenhängt, dass sich die Schriftstellerin vorher  ausführlich mit Wolfgang von Goethe beschäftigt hatte und dadurch ihren Stil verändert hatte.

Sowohl bei Grannarne als auch dem Folgeroman Hemmet spürt man sehr deutlich, dass Fredrika Bremer mit ihren Werken auch ein persönliches Ziel anstrebt und sich Gedanken über die Rolle der Frau in der Gesellschaft macht, denn sowohl die Erzählerin in ihren Werken als auch die Hauptfigur ist nun in der Regel eine unverheiratete Frau, deren Leben von den Entscheidungen des Vaters abhängt, was zu jener Zeit normal war, da eine Frau nicht mündig war.

Als Fredrika Bremer im Jahre 1840 nach Stockholm zurückkehrt, ist sie auf Grund ihrer Werke international bekannt und beginnt sich erneut für das gesellschaftliche Leben Stockholms zu interessieren, wendet sich nun jedoch mehr der intellektuellen Schicht Stockholms zu, wo sie, unter anderem, Erik Gustaf Geijer, Esaias Tegnér und Malla Silfverstolpe trifft. 1842 erscheint dann Bremers erstes Werk bei dem sie sich von der schöngeistigen Literatur abwendet. Morgon-väckter ist ihr erster Werk, das unter ihrem wirklichen Namen erscheint und ist ein religiöses Bekenntnis zur damals aktuellen Debatte zur Religion.

In den 40er Jahren beginnt sich Fredrika Brenner mehr und mehr für das politische Geschehen Schwedens und die Rolle der Frau in der Gesellschaft zu interessieren und dabei zu engagieren, was ihr in großen Teilen der Gesellschaft mehr Feinde als Freunde macht, da sich die Schriftstellerin nun nicht mehr einfach der Meinung und der Dominanz der Männer beugt. In den edlen Kreisen der Stadt wird die Schriftstellerin bald sogar als streitsüchtig und uneinsichtig betrachtet.

Im Jahre 1856 erscheint dann Fredrika Bremers zukunftsweisender Roman Hertha, der den Untertitel En själs historia, teckning ur det verkliga livet trägt. In diesem Werk fordert Bremer die Anerkennung der Frau als selbständige Person mit den gleichen Rechten wie ein Mann und stellt sich dabei auch gegen die damals üblichen Zwangsehen für Frauen. Mit diesem Roman wurde Fredrika Bremer eine Symbolfigur der Frauenbewegung Schwedens und bekam über Jahrzehnte hinweg die niederschmetternde Kritik der männlichen Kritiker zu spüren, die so weit gingen, dass sie Bremer selbst als gefühlskalt bezeichneten und als eine Gefahr für die bestehenden Gesellschaft sahen. Im Gegensatz zu ihrer feministischen Vorgängerin Hedvig Charlotta Nordenflycht gelang es Bremer jedoch dadurch die politische Diskussion über die Rechte der Frau anzustacheln und erreichte, dass der Reichstag im Jahre 1858 beschloss, dass unverheiratete Frauen mit 25 Jahren mündig wurden und drei Jahre später eine Hochschule für Lehrerinnen geschaffen wurde.

Nach Erscheinen des feministischen Romans Hertha machte Fredrika Bremer eine ausgedehnte Reise durch Europa und besuchte den Orient, eine Reise, die überwiegend von der Feministin Fredrika Limnell finanziert wurde und zu Bremers ihrem Werk Lifvet i gamla världen führte. Bremer besuchte bei dieser Reise vor allem Kirchen und entwickelte die Theorie, dass man eine Zukunftskirche schaffen sollte in der die Mehrheit der Religionen der Erde vereint werden sollen. Ausgenommen waren in ihren Augen lediglich die „unverbesserlichen“ Religionen, also all jene, die nicht in ihr persönliches christliches Weltbild passten.

Zurück in Schweden setzte sich Fredrika Bremer dann für einen Zwei-Kammern-Reichstag ein dessen Entstehen sie allerdings nicht mehr erlebte, da sie 1865 nach einer kurzen Krankheit starb, ein Jahr bevor der Reichstag tatsächlich zwei Kammern bekam.

Copyright: Herbert Kårlin

30 december 2012

Sara Lidman, ein literarischer Kampf gegen den Kolonialismus

Sara Lidman wurde am 30. Dezember 1923 als Tochter von kleineren Landwirten in Missenträsk bei Jörn in Västerbotten geboren und starb am 17. Juni 2004 in Umeå, nachdem sie nach sehr vielen Auslandsaufenthalten bereits 1975 zurück nach Västerbotten gekehrt war.

In ihrem Heimatdorf ging Sara Lidman sechs Jahre in die Volksschule bevor sie wegen ihrer Tuberkulose ins Sanatorium nach Hällnäs kam, das für viele der Warteraum des Todes war. Für die 14-jährige Sara war das Sanatorium jedoch die Entdeckung einer neuen Welt, denn hier lernte sie die um vier Jahre ältere Dichterin Martina Nilsson kennen und hier hatte sie einen Zugang zu Büchern, Bildung und intellektuellen Gesprächen, die die Basis für ihr späteres Schaffen waren. Die Schriftstellerin selbst bezeichnete das Sanatorium später als die Hochschule für Kinder der nordschwedischen Dörfer und Höfe.


Die gesundheitliche Situation zwang Sara Lidman den Realschulabschluss über eine Fernschule zu machen und sich auf die Hochschulreife privat vorzubereiten. Anschließend studierte Lidman an der Universität Uppsala, allerdings immer wieder unterbrochen von Aufenthalten in Sanatorien und kurzzeitigen Anstellungen als Bedienung und einer Ausbildung zur Schauspielerin in Stockholm. In Uppsala trat sie auch dem literarischen Klub bei, wo sie die modernistische Autorin Stina Aronson und den Arbeiterschriftsteller Folke Fridell kennen lernte. Ihr Studium in der philosophischen Fakultät in Uppsala schloss Lidman im Jahre 1949 ab.

Der erste Roman von Sara Lidman erschien 1953 unter dem Titel Tjärdalen, ein Roman in dem sie erstmals das Dorf Ecksträsk verwendet und die gesamte menschliche Problematik eines nordschwedischen Dorfes in die Geschehnisse weniger Tage um Mittsommer verpackt. Das Buch wird von der Kritik und den Lesern unmittelbar als eines der besten Werke der 50er Jahre bezeichnet und macht Sara Lidman nahezu über Nacht in der literarischen Welt Schwedens bekannt. Besonders hervorgehoben wird bei Tjärdalen die Vereinigung von Gesellschaftskritik, ausgewählten Bibeltexten und der Anwendung von Dialek und Lokalausdrücken aus Västerbotten.

An ihren ersten Erfolg Tjärdalen schließen sich 1955 Hjortronlandet, 1958 Regnspiran und 1960 Bära mistel an, die alle in Västerbotten spielen und unmittelbar zum Erfolg werden, obwohl man diese ersten Bücher von Sara Lidman als jemand, der nicht in Västerbotten aufwuchs, durch die Anwendung der zahlreichen dialektalen Ausdrücke, nur etwas stockend lesen kann wenn man auch die Welt der Schriftstellerin und ihr Werk verstehen will.

Als Sara Lidman Ende der 50er Jahre mit Ivar Lo-Johansson zusammenlebte und diesen auch heiraten wollte, was jedoch der Schriftsteller ablehnte, kam Lidman zu ihrem politischen Kampf, der sich von der 68er Bewegung gegen den Krieg in Vietnam bis zum Krieg im Irak durchzog und in Schweden zu einer wichtigen Debatte zum amerikanischen Kolonialismus wurde. Sara Lidman reiste nach Vietnam, nach Südafrika, nach Kenia und verfasste in dieser Zeit mehrere kulturkritische politische Dokumentationen und gehörte damit zu jenen Personen Schwedens, die in den 60er und 70er Jahren die Vorbilder der linken Bewegung des Nordens wurde und einen bedeutenden Einfluss auf die Meinungsbildung hatten.

Als Sara Lidman im Jahre 1975 nach Missenträsk zurückkehrte, begann sie ihr bedeutendstes Werk zu schreiben, das in mehreren Bänden die Ankunft der schwedischen Eisenbahn in Nordschweden behandelt, das letzte große Ereignis, das in ihren Augen die Welt des Nordens zerstörte, da die Kolonisation des nördlichsten Teil Schwedens durch Stockholm nicht nur einen Anschluss an den Süden des Landes brachte, sondern eine gewachsene Kultur zerstörte und den nördlichsten Teil Schwedens zur größten Baustelle Stockholms machte. Sara Lidman lässt den Leser diese Geschichte, die Ende des 19. Jahrhunderts einsetzte und dann im 20. Jahrhundert mit dem Sieg Stockholms endete, mit den Augen der Befürworter und der Gegner ihrer Heimat sehen und zeigt wie durch diese Entwicklung auch der Zusammenhalt der Dörfer zerbricht und aus Freunden Feinde werden. Auch im Jernbaneeposet, wie diese Romansuite genannt wird, versucht die Schriftstellerin ihre Leser durch die Anwendung des Dialekts die Probleme der nördlichen Dörfer näher zu bringen, eine Methode, die bereits zu Beginn ihrer literarischen Karriere zu gewissen Leseschwierigkeiten ihrer Werke führte. Im Gegensatz zu ihren früheren politischen Kämpfen ist diese Romansuite jedoch nur noch Geschichte, denn die Veränderungen in ihrer Heimat sind beim Schreiben der Romane bereits vollbracht.

Wenn man heute die rund 20 Bücher von Sara Lidman betrachtet, so stellen diese nur einen sehr kleinen Teil ihres Schaffens dar, da sie auch unermüdlich Artikel für die schwedische Presse schrieb und nur einen Teil ihrer Aufzeichnungen und unvollendeten Manuskripte veröffentlichte. Die Schriftstellerin und ihre Erben haben zwischen 1998 und 2004 das gesamte Material Sara Lidmans dem Forschungsarchiv der Universität Umeå geschenkt, wobei dieses Material insgesamt 342 Bände umfasst, wovon es sich bei 122 um verschiedene Manuskripte der Schriftstellerin handelt. Hinzu kommen die Manuskripte, die Sara Lidmans Lebenskamerad Leif Sjöberg, mit Zustimmung der Autorin, der Universität Uppsala vermachte. Das gesamte Material, ausgenommen der persönlichen Briefe Lidmans, stehen der Forschung zur Verfügung. Um die Briefe einsehen zu können, benötigt man jedoch die Genehmigung der Erben.

Copyright: Herbert Kårlin

29 december 2012

Carl-Göran Ekerwald, ein literarischer Forscher des Jämtland

Carl-Göran Ekerwald wurde am 30. Dezember 1923 als Sohn eines Försters in Östersund im Jämtland geboren, wuchs jedoch in Änge, in der Nähe von Offerdal auf, einem kleinen Dorf, das ebenfalls im Jämtland liegt. Ekerwald lebt gegenwärtig mit seiner zweiten Frau Sigrid Kahle in Lagga bei Knivsta, bei der er nach dem Tod der ersten Frau Anna, der er ab seinem 16. Lebensjahr treu geblieben war, eine neue Liebe fand.

Seine Hochschulreife machte Carl-Göran Ekerwald 1943 im Gymnasium in Östersund, wo er sich zumindest eine Zeit lang einer nazistischen Organisation angeschlossen hatte und relativ mäßige schulische Erfolge zeigte. Anschließend studierte Ekerwald Literatur, Schwedisch und Geschichte in Uppsala, ein Studium, das er mit einem Magister in Philosophie abschloss. Nach seinem Studium begann Ekerwald im Jahre 1949 als Lehrer in Svenstavik zu arbeiten. Von 1955 bis 1963 war er dann Literaturkritiker bei der Östersund-Posten.


Das erste Buch, das von Carl-Göran Ekerwald, der bereits in der Schule eine starke Neigung zu Autoren wie Vilhelm Ekelund, Søren Kierkegaard und Friedrich Nietzsche zeigte, erschien, war die Novellensammlung Elden och fågelungen im Jahre 1959, dem mehrere Romane folgen sollten, die vor allem im fiktiven Ort Kumminåker in nördlichsten Teil Schwedens spielen.

Der fiktive Ort Kumminåker, der erstmals in der gleichnamigen Novellensammlung aus dem Jahre 1962 auftaucht, leitete die humoristische Phase seiner literarischen Entwicklung ein, wobei die Orte und Personen, die er in dieser Serie an Büchern behandelt, weniger dem hohen Norden entstammen, sondern eine gewisse Ähnlichkeit mit den Bewohnern von Svenstavik im Süden Jämtlands haben.

Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller arbeitete Carl-Göran Ekerwald regelmäßig bei mehreren Zeitschriften in den kulturellen Rubriken mit. Ab 1979 war Ekerwald Literaturkritiker bei den Dagens Nyheter und 1986 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Umeå.

Unter den rund 50 Büchern, die Carl-Göran Ekerwald bisher veröffentlichte, findet man Novellen, Romane, Essays und Monografien, wobei ihm die Monographien vermutlich den größten Erfolg brachten, da sich der Autor hier rigoros zeigt und aus dem vorhandenen Material das wichtigste herausholen kann ohne auch nur in einer Zeile zur Ironie oder zur Übertreibung zu greifen. Zu den bekanntesten Monografien Ekerwalds gehören, neben jenen über Béla Bartók, William Shakespeare, François de Voltaire oder Louis-Ferdinand Céline, vor allem die Werke über Friedrich Nietzsche und Johann Wolfgang von Goethe, den beiden Personen, die den Schriftsteller immer wieder aufs Neue beschäftigen.

Wer allerdings in den beiden autobiographischen Werken Skogsvaktarns pojke - minnen aus dem Jahre 2002 oder Tabula rasa - fragment av ett liv, das 2008 erschien, den Schlüssel zu Carl-Göran Ekerwald sucht, sucht vergebens, denn der Autor bietet nur Fragmente eines Lebens bei denen man nicht immer das Gefühl hat, dass er die Erinnerung bietet, sondern teilweise eine literarische Erinnerung schafft, deren Einzelteile der Leser selbst zusammenfügen muss. Es handelt sich daher um zwei Bände, die dazu dienen sollen, dass man sich nur an die positiven Seiten des Autors erinnern soll, der sich im Leben der Außenwelt gegenüber nur selten offen zeigt. Selbst die die Beschreibung der letzten Jahre Ekerwalds mit seiner dementen ersten Ehefrau Anna sollen mehr die Größe des Autors zeigen als auch die nüchternen Probleme schildern, die mit dieser Krankheit zusammenhängen und mit Sicherheit einen großen Einfluss auf sein Leben und Schreiben in dieser Zeit hatten.

Die Gedankenwelt von Carl-Göran Ekerwald findet man am ehesten in seinen Werken Diogenes lykta aus dem Jahre 1983 und Ciceros barn von 1992, den Essays, in denen der Schriftsteller die humanistischen, klassischen Werte und die Werte der Literatur der Antike hervorhebt und seinen konservative Stil und seine Vorliebe für Monografien und deren Auswahl erklärt. Auch wenn Ekerwald zu den Gegenwartsautoren gehört, so sind seine Werke eher mit jenen zu vergleichen, die vor den 70er Jahren in Schweden erschienen sind und aus einer Vergangenheit den Weg in die Gegenwart gefunden haben.

In gewissem Widerspruch zur Mehrheit der Bücher Carl-Göran Ekerwalds stehen allerdings seine Werke zur Geschichte des Jämtland, denn hier stellt sich der Schriftsteller gegen die traditionelle Geschichtsschreibung und lässt, nicht ganz ohne polemischen Humor, die mündliche Überlieferung und die Denkweise des Jämtland in den Vordergrund dringen ohne sich unbedingt an schriftliche Dokumente zu halten, was seine große Stärke bei seinen Monographien ist.

Copyright: Herbert Kårlin

28 december 2012

Katarina Taikon, die bekannteste Roma-Autorin Schwedens

Katarina Taikon (Katarina Taikon-Langhammer) wurde am 29. Juli 1932 als Tochter der Silberschmiede Johan Taikon und Agda Karlsson in Almby in einem Zelt bei Örebro geboren und starb nach 14 Jahren im Koma am 30. Dezember 1995 in Ytterhogdal in Härjedalen. Sie war in zweiter Ehe verheiratet mit Björn Langhammer.

Wie alle Roma-Kinder hatte Katarina Taikon eine sehr schwere Kindheit und Jugend, denn die Familie durfte sich an keinem Ort länger als drei Monate aufhalten bevor die Polizei sie zwang den Ort zu verlassen. Die Mutter starb sehr früh, was bedeutete, dass Taikon erst zu einer Pflegefamilie kam, die einen Zirkus betrieb und dann in einem Kinderheim bei Umeå untergebracht wurde bis der Vater das Mädchen, nach einer zweiten Ehe, sie dort abholte. Das Verhältnis zur Stiefmutter war extrem schwierig und mit 14 wurde Katarina ohne ihre Einwilligung verheiratet.


Auch wenn der Vater von Katarina Taikon die Bedeutung von Bildung verstand, so gab es kaum eine Chance, dass seine Kinder lesen und schreiben lernten, denn Roma waren in den Schulen Schwedens nicht willkommen. Immerhin erreichte es Johan Taikon, dass Katarina innerhalb von drei Wochen in der Schule in Frösön zumindest das Alphabet lernen konnte. Wirklich lesen und schreiben lernte Katarina Taikon erst 1958 als sie die Volkshochschule in Stockholm besuchte. Diese Kenntnisse legten die Basis für ihre spätere Arbeit als Schriftstellerin.

Als im Jahre 1963 Katarina Taikons erstes Buch Zigenerska erschien, eine persönliche Dokumentation über die Situation der Roma in Schweden und deren permanente Diskriminierung, schlug das Werk wie eine Bombe ein und spaltete die schwedische Gesellschaft. Das Buch traf einen Schwachpunkt der Gesellschaft und führte zu einer Auseinandersetzung zwischen Katarina Taikon und Ivar Lo-Johansson, der 1929 in einer Reisereportage die These vertrat, dass Roma weder in Häusern wohnen wollen noch aber eine Integration in die schwedische Gesellschaft anstreben.

Auf der anderen Seite machte das Buch Zigenerska Katarina Taikon über Nacht bekannt und sie wurde zur Sprecherin und Vorkämpferin der Bewegung der Roma Schwedens, die sich bis zu ihrem Unfall im Jahre 1982 für das Recht der Roma in Schweden einsetzte und forderte, dass Roma-Kindern eine Schulbildung garantiert werden muss und Roma als Teil der schwedischen Gesellschaft betrachtet werden müssen, die auch ein Recht auf eine Wohnung haben.

Auch wenn die dokumentarischen Bücher Katarina Taikons über die Situation der Roma einen sehr wichtigen Beitrag zum Recht der Roma liefern und einen Einblick in Probleme bieten über die man noch heute in Schweden kaum zu sprechen wagt, außer in kulturellem Rahmen, wurde Taikon in ganz Europa mit ihrer autobiographischen Kinderbuchserie über das Zigeunermädchen Katitzi bekannt, 13 Büchern, die zwischen 1969 und 1980 erschienen und eine sehr breite Schicht an Kindern als Leser anzog. Die Serie beginnt als Katitzi, die kleine Kati (Katarina), im Kinderheim bei Umeå lebt und schildert dann das Leben der schwedischen Roma mit den Augen der Schriftstellerin. 1979 wurden die Bücher über Katitzi auch für das schwedische Fernsehen verfilmt.

Trotz der Verbreitung der Bücher und des Kampfes von Katarina Taikon, sind die Vorurteile gegenüber der schwedischen Roma noch tief in manch schwedischer Seele verwurzelt, denn als die Silberschmiedin Rosa Taikon, die Schwester Katarinas, dem sehr konservativen Bonniers Verlag in Stockholm eine autobiographisches Manuskript anbot, so fand der Verlag zwar das Buch gut, aber wollte die beschriebenen Tatsachen über Roma immer noch nicht als Wahrheit betrachten, was an das Werk der Schwester aus dem Jahre 1970 erinnern lässt, das unter dem Titel Förlåt att vi stör veröffentlicht wurde.

Weniger bekannt ist die kurze Karriere von Katarina Taikon als Schauspielerin, denn 1948 spielte sie im Kurzfilm Uppbrott, den bis 1956 sechs weitere Rollen folgen sollten, unter anderem in Singoalla und Åsa-Nisse på semester. Der Beginn dieser Karriere als Schauspielerin war auch das Ende der ersten Ehe mit dem Mann mit dem sie zwangsweise verheiratet worden war und der sie permanent misshandelt hatte.

Die literarische Karriere von Katarina Taikon endete abrupt nach ihrem Unfall im Jahre 1982 bei dem sie einen Hirnschaden erlitt und ins Koma fiel. Vierzehn Jahre später starb die Schriftstellerin ohne das Bewusstsein je wieder erlangt zu haben.

Copyright: Herbert Kårlin

27 december 2012

Anna Wästberg, Dichtung und Theater im 19. Jahrhundert

Anna Wästberg, geborene Anderson, wurde am 27. Dezember 1832 als Tochter des Steuerbeamten Anders Andersson und dessen Frau Karna Olsdotter in Vittskövle bei Kristianstad geboren und starb am 7. März 1905 in Vänersborg.

Bereits im Alter von fünf Jahren entdeckte man die hohe Intelligenz von Anna Wästberg, da das Mädchen bereits um diese Zeit ohne jede Schwierigkeit lesen konnte und die Lehre des Katechismus in seinem gesamten Umfang beherrschte. Diesem Umstand verdankte Wästberg, dass sie als Mädchen eine gute Schulbildung erhielt. Als Gönner gilt der Prost der Region, der die Eltern davon überzeugte ihre Tochter in die Volksschule nach Kristianstad zu schicken.


Noch bevor Anna Wästberg dann eine einjährige Ausbildung zur Lehrerin in Karlskrona machte, unterrichtete sie bereits an Volksschulen und gab Privatunterricht. Nach der Lehrerausbildung in Karlskrona gab Wästberg in mehreren bürgerlichen Häusern in Blekinge Privatunterricht, bis sie 1857 Hans Efraim Wästberg heiratete, der als Doktor der Philosophie als Priester in Vänersborg arbeitete.

Wann genau Anna Wästberg zu schreiben begann, ist unbekannt. In jedem Fall erschien bereits im Jahre 1857, im gleichen Jahr ihrer Hochzeit, ihr erster Gedichtband mit dem Titel Styfmorsblommorna, en diktsamling, den sie unter dem Pseudonym Anna A. veröffentlichte. Das Vorwort zu diesem Band schrieb K. A. Wetterbergh, der unter dem Pseudonym Onkel Adam arbeitete.

Drei Jahre später veröffentlichte Anna Wästberg ihren nächsten Gedichtband Konst och kärlek, das, wie schon ihr erste Veröffentlichung, sehr positiv aufgenommen wurde, da Wästberg die Sprache fließen ließ und eine gewisse Originalität zeigte. Zur Zeitströmung passte auch ihr schwärmerischer und etwas abstrakter Idealismus, den sie bei ihren Gedichten zeigte.

In den Folgejahren erschienen regelmäßig weitere Gedichtbände von Anna Wästberg, die jedoch im Jahre 1885 mit dem Werk I svart och rödt nahezu abrupt endeten, im gleichen Jahr als sie ihren Mann verlor. Ein Jahr später erschient nur noch ihre Novellensammlung Slägtingar och andra noveller, die die Schriftstellerin jedoch bereits alle vor 1885 geschrieben hatte. 

Während Anna Wästberg vor 1885 auch regelmäßig Erzählungen, Aufsätze und Gedichte in mehreren Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht hatte, gab sie nach dem Tod ihres Mannes auch diese Tätigkeit vollkommen auf ohne dass sie jedoch eine Erklärung für ihr literarisches Schweigen gab.

Weniger bekannt ist auch, dass Anna Wästberg einige Theaterstücke schrieb unter denen sowohl Mareld als auch Utan rullgardiner aufgeführt wurden und durch ihre Originalität Aufmerksamkeit erregten. Insbesondere Mareld, wo die Dramatikerin die Kleinstadt als einen Herd der Lügen und des Neids beschreibt, als eine Umgebung aus der man nur fliehen kann, trifft in mehreren Punkten den Kern der Zeit. Dieses Stück kann als das kritischste Werk Wästbergs betrachtet werden, da hier der Idealismus der Intrige weichen muss.

Dass Anna Wästberg weder zu ihrer Zeit, noch heute eine wichtige Rolle in der schwedischen Literatur spielt, liegt vor allem daran, dass sie eine individuelle weibliche Autorin zum Ausklang des 19. Jahrhunderts war ohne sich politisch oder feministisch zu engagieren. Da sie nicht einmal in den „revolutionären“ literarischen Kreisen der Epoche verkehrte, war Wästberg in gewisser Weise eine Ausgestoßene, die nur mit ihrer Leistung aufwarten konnte, jedoch nicht mit der Unterstützung einer literarischen Gruppe rechnen konnte. So lange ihr Ehemann noch lebte, nahm sie zumindest eine soziale Stellung ein, die nicht zu vernachlässigen war, denn ohne diese „Stütze“ wäre sie als weibliche Schriftstellerin - ohne die Gesellschaft umstürzen zu wollen oder sie zu schockieren - um diese Zeit kaum beachtet worden.

Copyright: Herbert Kårlin

26 december 2012

Gunnar Kieri, der historische Autor des Tornedalen

Gunnar Kieri wurde am 31. Dezember 1928 in Kuivakangas in Övertorneå geboren und lebt heute in Jämtön bei Råneå, etwa 25 Kilomter nordöstlich von Luleå. Kieri gehört zur Gruppe jener nordschwedischer Autoren, die ihre Werke in finnischer Sprache schreiben, die jedoch ins Schwedische übersetzt werden und als schwedische Autoren betrachtet werden.

Wie auch andere Gegenwartsautoren, so spricht Gunnar Kieri offiziell nicht viel über seine Kindheit und seine Jugend. Als Bewohner des nördlichsten Teil Schwedens, der nach der Schule nicht in den südlicheren Teil Schwedens zog, ging Kieri sehr verschiedenen Berufen nach. Er arbeitete als Waldarbeiter, verdiente sein Geld in der Fabrik und wurde schließlich Chauffeur, Fotograf und Techniker. Der Beruf des Schriftstellers ging ursprünglich nicht in seine Pläne ein.


Erst 1972, im Alter von 43 Jahren erschien 1:a arbetskompaniet, Storsien, das Gunnar Kieri gemeinsam mit Ivar Sundström aus Piteå schrieb, eine Dokumentation über ein Internierungslager in Nordschweden in dem schwedische Kommunisten untergebracht wurden. Dieses historische Standardwerk wurde 1985 in erweiterter und vollkommen neu bearbeiteter Form erneut veröffentlicht.

Bereits zwei Jahre nach der Koproduktion erschient Gunnar Kieris historischer Roman Vi lovar att inte svika, der die Geschichte eines des wichtigsten Arbeiterstreiks in Kalix erzählt, einem Streik, dem sich 2000 Flößer anschlossen um ihre Gehälter nicht gesenkt zu bekommen und einer der ersten Siege der Arbeiterbewegung Schwedens wurde.

Auch in den bisher 15 folgenden Werken des Schriftstellers bleibt Gunnar Kieri überwiegend bei der als Roman verarbeiteten Geschichte des Tornedalen. Der Autor verarbeitet hier die sehr unterschiedlichsten Aspekte der Geschichte und geht dabei auch weiter in der Geschichte zurück, wie sein bisher letzter historische Roman Finnmarken brinner - Ruija pallaa zeigt, denn bei diesem Werk behandelt Kieri die Auswanderungswelle zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als ein Großteil der Bewohner des Tornedalen in Norwegen das Glück suchten.

Kein anderer Schriftstellers Schwedens hat bisher soviel über das Tournedalen geschrieben wie Gunnar Kieri, wobei der Autor auch die Probleme der Sprache, der Arbeiterbewegung und die verschiedenen Orte unter den verschiedensten Aspekten beleuchtet und sich im Laufe seines Lebens nahezu zu einem Geschichtsforscher entwickelte, was seine Bücher bis heute aktuell erscheinen lässt.

Eine Sonderrolle im schriftstellerischen Schaffen Gunnar Kieris nehmen die vier autobiografischen Romane Av dig blir det ingenting, Jag ska ändå inte stanna, Varför skulle jag ljuga und Är han inte svensk? ein, eine Reihe in der die Probleme einer finnischsprachigen Bevölkerung von einem in Stockholm geführten Land am deutlichsten zu Tage treten, wo ein Teil der schwedischen Bevölkerung zu Ausgestoßenen erklärt wird und Stockholm die schwedische Geschichte neu schreiben will. Auch wenn die Bücher die Entwicklung der 30er und 40er Jahre beschreiben und die Geschichte der Hauptfigur Lars in den 60er Jahren endet, so haben sich bis heute nur Kleinigkeiten geändert, denn auch wenn die Minoritätensprache nun offiziell anerkannt wurde, so wird über das Land nach wie vor nur in Stockholm entschieden.

Gunnar Kieri hat während der 43 Jahre in denen er bisher als Schriftsteller aktiv ist, immer wieder Themen gewählt über die man in Schweden immer noch nicht sprechen will. Das beeindruckendste Werk in diesem Sinne ist der im Jahre 1987 erschienene Roman Var som folk, eine Erzählung, die in den Arbeitshäusern Norrbottens spielt, die erst 1978 endgültig geschlossen wurden. Kieri nennt die Organisation dieser Arbeitshäuser, die 5500 schwedische Kinder erleben mussten, als den größten organisierten Kindesmisshandlung die je in Schweden existierte, da in diesen als Schulheimen getarnten Anlagen Kinder systematisch misshandelt wurden und die Arbeit Erwachsener leisten mussten.

In den Werken von Gunnar Kieri erlebt der Leser die Entwicklung Nordschwedens vom Beginn der schwedischen Eroberung und Eingliederung des nördlichsten Teil des Landes vom 17. Jahrhundert bis heute, eine Entwicklung, die von einem freien Land zum Standardschweden führen soll. Diese Entwicklung druckt sich bei Kieri auch darin aus, dass er seine Werke in Finnisch schreibt, der ursprünglichen Sprache des Volkes des Tornedalen.

Copyright: Herbert Kårlin

25 december 2012

Carl Gustaf von Brinkman, der Dichter deutscher Seele

Carl Gustaf von Brinkman wurde am 25. Februar 1764 als Sohn des Rechtsanwalts Hans Gustaf Brinckman und dessen Frau, der Gräfin Beate Kristina Leijonstedt, in Nacka geboren und starb am 25. Dezember 1847 in Stockholm. Von Brinkman war nie verheiratet.

Die Kindheit von Carl Gustaf von Brinkman endete spätestens mit elf Jahren als ihn der extrem religiöse Vater ihn in die Missionsschule nach Niesky in Sachsen schickte um später Gottes Wort verbreiten zu können. In der klosterähnlichen Schule lernte von Brinkman vor allem die klassischen Sprachen um dann direkt im Seminar in Barby Theologie zu studieren. Erst elf Jahre später durfte er seinen Vater kurz besuchen, den er bei dieser Gelegenheit bat Barby verlassen zu dürfen um eine Universität besuchen zu können. Der Vater lehnte ab, so dass von Brinkman erneut zurück nach Barby kehren musste.

Bleistiftzeichnung von Maria Röhl, 1835

Bereits in Niesky hatte Carl Gustaf von Brinkman begonnen an seiner Berufung zum kirchlichen Leben zu zweifeln und heimlich begonnen dort verbotene Bücher zu lesen und 1778 hatte er die ersten Gedichte verfasst. Dies führte zu immer mehr Verboten von Seiten der Schule, die sehr schnell die Neigung des jungen von Brinkman entdeckt hatte. Erst mit 23 Jahren fand von Brinkman die Stärke mit seinem Vater und dem Seminar zu brechen und 1787 begann er ein Studium in Halle. 1789 besuchte er dann auch die Universitäten in Wittenberg, Jena, Leipzig, Weimar und Berlin.

Als Carl Gustaf von Brinkman im Herbst 1790 nach Schweden zurückkehrte, legte er in Uppsala das Kanzleiexamen ab und wurde Staatssekretär. Zwei Jahre später begann von Brinkman seine diplomatische Karriere in Berlin, wo er die deutschen Schriftsteller Friedrich von Gentz, Wilhelm von Humboldt und vor allem Rahel Varnhagen von Ense (Rahel Levin) kennen lernte, die damals den bedeutendsten literarischen Salon Berlins leitete und mit der von Brinkman noch viele Jahre korrespondierte.

Als die diplomatische Karriere von Carl Gustaf von Brinkman nach seinen Äußerungen über Napoleon und Alexander I. in Deutschland ein brüskes Ende nahm, da Napoleon mit seinem Einfluss Preußen dazu zwang von Brinkman 1808 auszuweisen und dieser sein Vaterland verlassen musste, wie er Deutschland in einem Brief an Ludwig Tieck bezeichnet hatte, hatte der Diplomat und Schriftsteller sich bereits seit seiner Zeit in Halle als Skalde betätigt und dadurch seine literarische Laufbahn vorbereitet.

Nach den Problem in Preußen kehrte Carl Gustaf von Brinkman zurück nach Schweden, wurde in den Adelstand erhoben und nahm seinen letzten Auslandsauftrag nach London an, wo er jedoch nur zwei Jahre verbrachte. Ab 1810 übernahm von Brinkman nur noch einzelne Aufträge am Hof und begann sich fast ausschließlich der Literatur zu widmen, was ihm als Gesellschaftsmenschen in den verschiedenen Salons Stockholms sehr leicht fiel, da er sehr bald mehrere einflussreiche Frauen zu seinen Gönnerinnen zählte, allen voran Ulla de Geer, die seine Beschützerin wurde.

Die Dichtkunst von Carl Gustaf von Brinkman folgt den absolut klassischen Formen, die er in Niesky und Barby kennengelernt hat. Einflüsse der moderneren französischen Versform lehnt er, trotz guter Französischkenntnissen, kategorisch ab, was im Prinzip auch seiner politischen Einstellung zu Frankreich entspricht.

Alle Werke, die Carl Gustaf von Brinkman zwischen 1789 und 1821 veröffentlichte, erschienen in deutscher Sprache, wobei bereits sein erstes Buch „Gedichte“ im Jahre 1789, das er unter dem Pseudonym Selmar veröffentlichte, wegen dem gewählten Versmaß die Aufmerksamkeit von Friedrich Gottlieb Klopstock auf sich zog. Während die ersten Bände von von Brinkman reine Poesie mit romantischem Einschlag enthielten, veröffentlichte er 1806 das Werk „Philosophische Ansichten“, das auch in wissenschaftlichen Kreisen Deutschlands auf Interesse stieß. In Schweden blieben all diese Werke jedoch nahezu unbekannt.

Diese Situation änderte sich radikal als Carl Gustaf von Brinkman 1821 das Gedicht Snillets verld herausgab, da er für dieses Gedicht unmittelbar den großen Preis der Svenska Akademien erhielt.

Als sich Carl Gustaf von Brinkman 1810 in Schweden niederließ, begann er eine reiche Korrespondenz mit einigen der bekanntesten Schriftstellern Schwedens, wobei er insbesondere die Literatur von Esaias Tegnér und von Erik Gustav Geijer lobte und mit beiden eine engere Freundschaft aufrecht hielt, was ihm mit Sicherheit einige der wichtigsten Türen der literarischen Welt Schwedens öffnete.

Trotz zahlreicher Veröffentlichungen betrachtete sich Carl Gustaf von Brinkman in erster Linie als Leser, in zweiter Linie als poetische Person und erst dann als Skalde. Diese Aussage kann man in gewisser Weise auch an seinem umfangreichen Werk sehen dessen Zentralpunkt die vier Bände Tankebilder ausmachen, denn auch wenn er die klassischen Versmaße zur Perfektion beherrschte, so treten bei seinen schwedischen Werken immer mehr philosophische und psychologische Betrachtungen in den Vordergrund, die auch davon beeinflusst werden, dass von Brinkman immer das Bestreben hatte, dass er für seine Meinung und seine Werke von anderen Schriftstellern geschätzt werden wollte.

Carl Gustaf von Brinkman wurde 1814 in die Vitterhetsakademien aufgenommen, übernahm 1828 den Stuhl Nummer 3 von Johan Adam Tingstadius in der Svenska Akademien, wurde 1836 in die Vetenskapsakademien gewählt und er wurde 1839 zum Ehrendoktor der Universität Uppsala ernannt.

Copyright: Herbert Kårlin

24 december 2012

Bernt Erikson, der unverstandene Dichter Schwedens

Bernt Erikson wurde am 5. Februar 1921 als Sohn eines Postangestellten in Spånga bei Stockholm geboren und starb am 24. Dezember 2009 im Alter von 88 Jahren. Erikson sprach kaum über seine Vergangenheit und bleibt daher in vielen Punkten ein Geheimnis der schwedischen Literaturgeschichte.

Über die Jugend des Dichter weiß man nur, dass er 1939 die Handelsschule abschloss und anschließend acht Jahre lang im Büro arbeitete. 1947 entschloss sich der Dichter ganz von seiner Kunst zu leben, was jedoch auf Grund der geringen Auflagen ohne bedeutenden Mäzen oder arbeitende Ehefrau kaum möglich war.


Die literarische Karriere von Bernt Erikson begann mit seinem Gedichtband Namnet är människan, der zwar nur in einer sehr geringen Auflage verkauft wurde, jedoch beachtliches Aufsehen erregte, da Erikson konsequent die Kleinschreibung benutzte, was sich auch auf seinen Namen ausdehnte, und ausdrücken sollte, dass auch er als Schriftsteller nur ein kleiner Teil im Kosmos ist und sich daher nicht durch die Anwendung von Großbuchstaben darüber hinwegsetzen will.

Obwohl Bernt Erikson ein bedeutender Erneuerer der schwedischen Lyrik war und parallel zu den Werken von Öyvind Fahlström und Store Lönnerstrand gesehen werden muss, so gelang es ihm mit seinen 18 Gedichtbänden, die er innerhalb von 70 Jahren veröffentlichte, nur eine relativ kleine Schicht an Lesern zu überzeugen. Sein Genie wurde erst mit seinem letzten Werk Finns eigentligen inte men bor i frusen musik von der literarischen Welt Schwedens entdeckt, einem Buch, das erst nach seinem Tode veröffentlicht wurde und seine gesamte Denkweise beinhaltet. Für viele Literaturkritiker bot dieser Band ein gewisses Aha-Erlebnis und brachte entsprechend gute Kritiken.

Die Lyrik von Bernt Erikson nimmt in der schwedischen Literaturgeschichte im Grunde einen eigenen Teil ein, denn seine Werke sind einzigartig und seine „lyrische Partikelforschung“, die eine Wiederentdeckung der gesamten Weltgeschichte ist, können mit keinen anderen lyrischen Werken des schwedischen Sprachraums verglichen werden. Seine Dichtung hebt die Grenze zwischen Prosa und Lyrik auf. Erikson selbst sagte einmal, dass er sich als Lyriker sieht, jedoch keine Gedichte schreibt. Er betrachtete seine Werke als unabhängige Form und bezeichnete sie als Lyrikprosa.

Auch wenn die Lyrik von Bernt Erikson als surrealistische Komposition der Weltgeschichte betrachtet werden kann, so hatten bis heute nur wenige seiner Leser einen Zugang zu seiner Parallelwelt in der die Lyrik am ehesten noch eine musikalische Komposition oder eine abstrakte Malerei mit Worten ist. Erikson macht es seinen Lesern auch nicht leicht, denn er verwandelt die Sprache, schafft neue Worte, neue Assoziationen und immer wieder neue Bilder, die oft einen schwarzen Humor zu Tage treten lassen und zu einer bewussten Reise in die Welt der eigenen Gedanken einladen.

Der Wortschöpfer Bernt Erikson sagte von sich selbst, dass er Strukturen schuf und keine Motive und dass er mit der strukturellen Suche mit der Zeit unlesbar wurde, was jedoch nur die halbe Wahrheit ist. Es war vielmehr die Verschlossenheit des Lyrikers, die ihn zu einem Außenseiter der Literatur machte und warum er nicht den gleichen Zuspruch fand wie Öyvind Fahlström, der eine ähnliche Zeitreise mit seinen Werken unternahm, aber dabei die Öffentlichkeit und die Kommunikation suchte.

Vielleicht war und ist es auch das Unzugängliche Bernt Eriksons, das den Lyriker trotz geringer Auflagen am literarischen Leben hält, denn während die Werke einiger der bedeutendsten Schriftsteller Schwedens schon seit Jahrzehnten nicht mehr aufgelegt werden, wurden immer wieder Werke von Bernt Erikson veröffentlicht und werden von der gleichen Schicht gelesen, die auch früher seine Bücher lasen, der Schicht, die die Reise des Lyrikers nachvollziehen will und die Sprache nicht nur als Kommunikationsmittel sieht, sondern als eine fließende Bewegung hinter der sich auch Geheimnisse verbergen können.

Copyright: Herbert Kårlin

23 december 2012

Lars Madsén, Radiojournalist und Schriftsteller der Dörfer

Lars Madsén wurde am 19. Juni 1904 als Sohn des Rektors Mads Peder Madsén und dessen Frau Anna Nordin in Vänersborg geboren und starb am 23. Dezember 1974 an den Folgen eines Autounfalls in Tisselskog im Dalsland. Madsén war sei dem 16. August 1931 mit Ingrid Sofia Malmqvist verheiratet.

Im Jahr nach seiner Hochschulreife, die Lars Madsén 1923 in Vänersborg ablegte, studierte er an der Universität Uppsala, wobei er in dieser Zeit, parallel zum Studium, auch in den Archiven der Universität arbeitete. Bereits 1933 wurde er als Sprecher beim schwedischen Radio beschäftigt und ein Jahr später erhielt er seinen ersten Auftrag als Regisseur für das Hörspiel När sjunger kanariefågeln von Frederick Lonsdale.


Bis Ende der 40er Jahre arbeitete Lars Madsén ausschließlich mit literarischem Material anderer bekannter und weniger bekannter Autoren. In Zusammenarbeit mit Harry Martinson, Nils Ferlin oder Alice Svensk passte er Manuskripte der Schriftsteller der Übertragung als Hörspiel im Rundfunk an. Mit Musikern wie Josef Briné schuf er parallel dazu das Gesangspiel im Radio. Während seiner 36 Jahre bei der staatlichen Rundfunkanstalt hatte er die Regie von über 450 Hörspielen, die er zum Teil durch eigene Tonaufnahmen ergänzte.

Der Erfolg des Hörspiels in Schweden war zu einem großen Teil Lars Madsén zu verdanken, da er auch langfristige Produktionen im Griff hatte und die Familienserie Ingenjör Björk zwischen 1936 und 1943 von reiner Unterhaltung in eine didaktisches und psychologisches Werkzeug verwandeln konnte und die Bevölkerung Schwedens im Zweiten Weltkrieg in gewisser Weise durch Hörspiele manipulierte.

Der Erfolg seiner Hörspiele lag aber auch daran, dass Lars Madsén immer eine existierende Umgebung in seinen Stücken sehen wollte und dabei eine Vorliebe für die Dörfer in ganz Schweden zeigte. Auf diese Weise ließ er alle Schweden eine Reise durch das ganze Land machen, was in einer Zeit ohne Fernseher und ohne Internet eine bedeutende Wirkung hatte und den Wunsch auf nationale Urlaubsreisen weckte.

Ende der 40er Jahre begann Lars Madsén seine Hörspiele mit seinen Reportagen verschmelzen zu lassen, wobei er auch begann mit den bedeutendsten Schriftsteller dieser Zeit zu arbeiten. Mit unter diesen Schriftstellern fand man Tage Aurell, Stig Dagerman, Sara Lidman und Per Olof Sundman. Das Ziel Madséns war jedoch nach wie vor das Landleben Schwedens in den Vordergrund zu bringen.

Die schriftstellerische Karriere von Lars Madsén begann 1948 mit dem Filmmanuskript Stockholm i alla väder und vor allem seinem Buch Utan klocka: smesterrapport, das ein Jahr später erschien. Diesem Ferienbericht folgte 1955 das Reportagebuch Helikopterresan: ett reportage från fjällvärldens väglösa bebyggelse, das das Ergebnis einer Reise mit dem Hubschrauber war, die Madsén im Herbst 1954 unternommen hatte um die isoliertesten Ansiedlungen Schwedens aufzuspüren, die mit keiner Straße verbunden waren, um dem Städter den Kontrast Schwedens näher zu bringen.

Nur wenige der Reportagen von Lars Madsén wurden je in Buchform veröffentlicht, obwohl sie eine nahezu 30-jährige Dokumentation über die Entwicklung Schwedens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts darstellen und vermutlich einige seiner Vorgesetzten zur Verzweiflung brachten. Madsén war der erste Reporter Schwedens, der sich nicht vom vorprogrammierten Radiosystem unterjochen ließ. Er machte lange Interviews und bearbeitete sie zu Hause und im Studio um zu vermeiden, dass das das Gespräch zu einer nüchternen Radiosendung wurde. Für Madsén war es wichtig, dass der Hörer spüren konnte wo das Gespräch stattfand, in welchem Milieu der Interviewete lebte und er wollte die Persönlichkeit des Gesprächspartners in den Vordergrund stellen. Wie lange daher ein Gespräch dauerte und wie viel Material er dafür benötigte, war Madsén gleichgültig.

Das Leitmotiv von Lars Madsén war in seinen Hörspielen, Reportagen, Filmmanuskripten und Büchern immer von einer anti-industriellen Gesellschaft geprägt, die das „Hauptstadtdenken“ aufgeben sollte, da die menschlichen Gefühle und die Humanität nur auf dem Land zu finden sind.

Ab den 40er Jahren begann Lars Madsén in seiner Freizeit zu malen und war sowohl im Kunstverein Dalsland als auch dem Künstlerklub in Stockholm aktiv, wobei er in beiden Städten auch zahlreiche erfolgreiche Ausstellungen hatte. Nach eigenen Aussagen zählte er sich zu den Amateurkünstlern, der nicht berufsmäßig malen wollte, weil nur der Amateur völlig frei ist seinen Stil zu ändern und von einem Motiv zum anderen zu springen.

Als der Fernseher für die schwedische Bevölkerung üblicher wurde, blieb Lars Madsén zwar der Reportage treu, aber er teilte seine Arbeit zwischen Radio- und Fernsehproduktion, wobei er nach seiner Pensionierung im Jahre 1969 eher noch aktiver wurde als vorher. Leider verunglückte Madsen im Jahre 1974, als er mit seinem Auto auf einer Tournee durch Schweden war, so schwer, dass er wenig später an den Folgen des Unfalls starb.

Copyright: Herbert Kårlin

22 december 2012

Carl Wilhelm Böttiger, der wissenschaftliche Lyriker Schwedens

Carl Wilhelm Böttiger wurde am 15. Mai 1807 als Sohn des Apothekers Carl Fredrik Böttiger und dessen Frau Sofia Vilhelmina Hülphers in Västerås geboren und starb am 22. Dezember 1878 in Uppsala. Böttiger war ab 1844 mit Disa Gustava Tegnér, der Tochter des Bischofs und Schriftstellers Esaias Tegnér verheiratet.

Da der Vater von Carl Wilhelm Böttiger bereits sehr früh starb und damit die Familie nahezu ruiniert war, war der Schriftsteller darauf angewiesen neben seinen Studien am Gymnasium in Västerås Nachhilfe zu geben, was bedeutete, dass er sehr wenig Kontakt mit Gleichaltrigen hatte und zum Einzelgänger wurde, was sich später auch auf seine überwiegend melancholischen Werke auswirken sollte.

Lithographie: A.J. Salmson

Nach der Hochschulreife studierte Carl Wilhelm Böttiger ab 1825 Philosophie an der Universität Uppsala, ein Studium, das er 1833 als Magister abschloss. Ein Jahr später wurde Böttiger dann als Dozent für praktische Philosophie an der Universität angestellt.

Nach seinen Studienreisen nach Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich in den Jahren 1835 und 1836, die von der Svenska Akademien finanziert wurden, und insbesondere seinem Aufenthalt von 1839 bis 1840 in Berlin, wurde Carl Wilhelm Böttiger erst Oberstufenlehrer für Deutsch und Italienisch, erhielt dann jedoch 1845 eine außerordentliche Professur in neueuropäischer Linguistik und moderner Literatur, die sich 1858 in eine feste Professur verwandelte. 1867 ließ sich der Wisschenschaftler Böttiger dann wegen einer Augenkrankheit pensionieren.

In gewisser Weise muss Carl Wilhelm Böttiger eine Person mit mehreren Gesichtern gewesen sein, denn als er 1830 seine erste Gedichtsammlung Ungdomsminnen från sångens stunder veröffentlicht, so handelt es sich dabei einerseits um sentimentale und melancholische Gedichte eines zurückgezogenen Dichters, zum anderen eine Person, die in den Salons Malla Silverstolpes verkehrt und dort mit seinen Gelegenheitsgedichten, und seinem verführerischen Aussehen, die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Mehrere dieser Gedichte werden später vertont und entwickeln sich zu Studentenlieder, die zum Teil heute noch zum ständigen Repertoire der schwedischen Studentenchöre gehören. In diesem Rahmen hat Böttiger auch das deutsche Lied „Der Maimond“ als Übersetzung nach Schweden gebracht.

Nachdem die Lyrik von Carl Wilhelm Böttiger zu Beginn sehr wenig Persönlichkeit sondern mehr stilistisches Können zeigt, beginnt er ab den 50er Jahren, als großer Bewunderer von Dante Alighieri, Sonetten nach der italienischen Reimform zu schreiben, wobei er in dieser Zeit vor allem Hüllungs-Sonetten zu Ehren schwedischer Monarchen schreibt. Auch in dieser Epoche bleibt der Dichter für den Leser eine entfernte Person und zeigt mehr technisches Können als die Gaben eines Skalden oder eines Dichters.

Erst in den letzten Jahren seines Lebens erlaubt Carl Wilhelm Böttiger dem Leser auch einen persönlichen Zugang und lässt damit seine Werke zum Leben erstehen. Im Gedicht Blad på Disas graf, in Erinnerung an seine tote Frau, spürt man erstmals Gefühle in seinen Versen entstehen, eine Leistung, die bald wieder etwas schrumpft, als sich der Dichter als höher stehend betrachtet und man das Gefühl bekommt, dass er die Menschheit verachtet und der Autor sich nur unter den literarischen und wissenschaftlichen „Göttern“ wohl fühlt.

Während man über die lyrische Leistung von Carl Wilhelm Böttiger gemischter Meinung sein kann, ist sein wissenschaftliches schriftstellerisches Werk, mit Ausnahme der gefärbten Biographie von Esaias Tegnér, eine überragende Leistung, die man bereits zu seiner Lebenszeit voll erkannte. Böttigers Spektrum reicht hier von rein wissenschaftlichen Werken wie Rhetoromanska språkets dialekter bis zu Monografien über Samuel Ödmann, Johan Henrik Kellgren, Erik Johan Stagnelius und andere Schriftsteller des 18. Jahrhunderts. Nicht vergessen darf man in diesem Rahmen auch sein Lebenswerk, eine vollständige Abhandlung über Dantes Commedia divina.

Carl Wilhelm Böttiger wurde in den Jahren 1833, 1834, 1840 und 1845 von der Svenska Akademien für seine Leistungen mit einem Preis belohnt und 1867 in die Vetenskapsakademien aufgenommen. Im Jahre 1847 war er bereits seinem Schwiegervater Elias Tegnér auf dem Stuhl Nummer 8 der Svenska Akademien gefolgt.

Copyright: Herbert Kårlin

21 december 2012

Johannes Edfelt, der zeitlose Dichter des 20. Jahrhunderts

Johannes Edfelt wurde am 21. Dezember 1904 als Sohn des Leutnants Frans August Edfelt und dessen Frau Ellen Sofia Hellner in Kyrkefalla in Västergötland geboren und starb am 27. August 1997. Seit 1938 war der Dichter, Übersetzer und Literaturkritiker, in dritter Ehe, mit der Übersetzerin Brita Silfversparre verheiratet.

Seine Kindheit verbrachte Johannes Edfelt in Edåsa, wobei er die Schule in Skövde besuchte, wo er im Gymnasium Latein und Griechisch lernte. Ab 1923, dem Jahr  an dem er auch die Hochschulreife abgelegt hatte, studierte Edfelt an der Universität Lund nordische Sprachen, Literaturgeschichte und Philosophie, ein Studium, das er bereits ein Jahr später in Uppsala fortsetzte. 1930 schloss der Dichter seine Studium mit einem Magister an der Universität Uppsala ab, den er 1952 auf ein Lizenziat in Literaturgeschichte an an der Universität Stockholm ausdehnte.


Bereits im Jahr 1923 erschien die Gedichtsammlung Gryningsröster von Johannes Edfelt, die 1925 von Unga Dagar und 1929 von Ansikten gefolgt wurden, die Edfelt vor allem unter dem Einfluss von Autoren wie Franz Werfel, Bertolt Brecht und Vilhelm Ekelund geschrieben hatte und etwas verhalten von der Kritik aufgenommen wurden und Edfelt daher nicht zum Durchbruch verhelfen konnten.

Unmittelbar nach Abschluss seines Studiums im Jahre 1930 zog Johannes Edfelt nach Stockholm, wo er sich auf Grund der ökonomischen Krise nur mit Literaturkritiken über Wasser halten konnte. Dort lernte er auch die Künstlerin Hélène Apéria kennen, die er 1932 heiratete, eine Ehe, die bereits 1936 mit der Scheidung endete. In diesen Jahren erhielt Edfelt mehrere Stellen als Aushilfslehrer und zog daher von Stockholm nach Storvik, von dort aus nach Lidingö und schließlich nach Falun. Von 1931 bis 1932 besserte Edfelt sein Einkommen zusätzlich als Mitarbeiter der Göteborgs Handelstidning und ab 1932 für Bonniers Litterära Magasin auf.

Parallel zu seiner Arbeit als Lehrer schrieb Johannes Edfelt die Gedichtsammlungen Aftonunderhållning, die er Hélène widmete, Högmässa und I denna natt sowie das Prosawerk Dostojevski: En kommentar till hans dikting. Seinen Durchbruch als Dichter brachte dabei der Band Högmässa, den er unter Anleitung von Bertil Malmberg geschrieben hatte und als ein Meisterwerk Edfelts betrachtet wird, da er hier in Gedichtform Beethovens Missa Solemnis interpretiert und Lyrik zum einem musikalischen Werk formt. Aber trotz der sehr positiven Kritiken, die dieses Werk Edfelts erhält, werden gerade einmal 3000 Exemplare des Bands, verteilt auf zwei Auflagen, verkauft.

Im Jahre 1934 und nach dem Erfolg von Högmässa entscheidet sich Johannes Edfelt ganz auf die literarische Zukunft zu setzen, wobei er ab dieser Zeit seine Tätigkeit als Literaturkritiker intensivierte, Lyrik anderer, insbesondere deutscher Dichter, zu interpretieren beginnt und er schreibt weiterhin Gedichte, die bis zu Beginn der 50er Jahre fast alle gereimt waren und einer zeitlosen Gedichtsform folgten und von Melancholie, Pessimismus und bald auch Kriegsgefühlen geprägt waren.

Nach der Scheidung von Hélène Apéria heirate Johannes Edfelt in einer Scheinehe die deutsche Gerda Wolff-Baum, die aus dem nazistischen Deutschland geflohen war damit in Schweden bleiben konnte. Aber schon 1938 ging er dann seine dritte Ehe mit Brita Silfversparre ein mit der er die Liebe zur deutschen Poesie teilte und die dann während der Kriegszeit gemeinsam mehrere deutsche Flüchtlinge bei sich aufnahmen, Bertolt Brecht kennen lernten und seine Schauspiele, unter anderem Mutter Courage, an die schwedischen Bühnen in Stockholm und Göteborg brachten. 1940 wurde Edfelt fester Mitarbeiter der Dagens Nyheter, zwischen 1941 und 1944 gab er den Kalender Horisont heraus und 1944 wurde er Mitglied im Publicistenklubben. In seiner Lyrik zeigt der Dichter nun eine absolute Desillusionierung, wobei er versucht sein antifaschistisches Gedankengut literarisch durch eine Annäherung an die griechische Tragödie und Szenen aus der Bibel in Einklang zu bringen. Seine Gedichte werden dadurch persönlicher und zeigen nahezu einen introvertierten Johannes Edfelt.

In den 50er Jahren beginnt Johannes Edfelt teilweise Prosa in seinen Gedichten einfließen zu lassen und folgt hier erneut den deutschen Strömungen, was vermutlich damit zusammenhängt, dass er ab dieser Zeit, neben seinen eigenen Gedicht- und Essaybänden, mehrere Anthologien mit deutschen Lyrikern herausgibt, deutsche Lyrik nach Schweden bringt und deutsche Lyrik interpretiert. Edfelt interessiert sich in dieser Epoche insbesondere für die Werke von Nelly Sachs, Gottfried Benn, Peter Huchel, Ingeborg Bachmann und andere zeitnahe Poeten der deutschen Szene.

Die Lyrik von Johannes Edfelt verließ nie die strengen traditionellen Wege dieser Kunstform, auch dann nicht, wenn er moderne Themen mit seinen Versen ausdrückte, da er der Auffassung war, dass eine gute Poesie nur durch den klassischen Rhythmus seine Aussage behalten kann. Typisch für seine Werke ist auch der Pessimismus mit dem er das Leben betrachtet in dem selbst Lyrik den Schmerz nicht überwinden kann, was seine bildliche Sprache in vielen Gedichten sogar noch verstärkt.

Johannes Edfelt, der mehrere bedeutende Preise für seine Werke erhielt, erhielt 1970 die Ehrendoktorwürde der Universität Stockholm, nachdem er im Jahr zuvor den Stuhl Nummer 17 der Svenska Akademien von Erik Lindegren übernommen hatte. Obwohl Edfelt eine enorme Leistung für die deutsche Lyrik in Schweden vollbrachte, wurde er selbst kaum in Deutschland beachtet.

Copyright: Herbert Kårlin

20 december 2012

Ulla Trenter, zwischen Kriminalroman und Novelle

Ulla Trenter wurde am 18. Dezember 1936 als Tochter des Bürokaufmanns Lennart Anderson und dessen Frau Elisabet Kindgren in Stockholm geboren, war in erster Ehe mit dem Schriftsteller Stieg Trenter (starb 1967) verheiratet und in zweiter Ehe mit dem Kanzleichef Jan Palm (starb 1999) und lebt heute in Mariefred.

Wie viele Autoren der Gegenwart, so spricht Ulla Trenter wenig über ihre Kindheit, so dass ihre Biographie im Grunde erst mit ihrer Hochschulreife im Jahre 1956 beginnt, der sie eine Ausbildung als Übersetzerin für Italienisch anschloss. Zwischen 1959, einem Jahr vor der Ehe, bis zum Tod von Stieg Trenter half sie ihrem Mann bei seiner Tätigkeit als Schriftsteller, mit dem sie auch drei Kinder bekam. Welche Rolle sie bei dieser Zusammenarbeit ist bis heute nicht bekannt.


Die literarische Karriere von Ulla Trenter begann mit dem Tod ihres Mannes, denn sie beendete sein kaum begonnenes Buch Rosenkavaljeren, das bereits 1967 erschien. Das Buch wurde von der Kritik sehr positiv aufgenommen und als der Verlag des Ehemannes fragte, ob sie nicht weiterhin schreiben wolle, war der Grundstein für eine reiches literarisches Schaffen gelegt.

Allerdings stand Ulla Trenter bei dieser literarischen Erbschaft auch vor einem gewissen Problem, da sie zum einen die Novelle dem Kriminalroman vorzog, sich zum anderen aber auch entscheiden musste, ob sie die Personen aus den Kriminalromanen ihres Mannes übernehmen sollte, also an den Rosenkavaljeren anknüpfen sollte. Trenter entschied sich letztendlich die Hauptpersonen zu behalten, versuchte ihnen jedoch eigene Züge zu geben, fügte andere Personen hinzu und arbeitete daran einen Unterschied zwischen der gemeinsamen Arbeit mit ihrem ersten Mann und ihren eigenen Ideen auszudrücken, was sehr gut gelang und bis 1989 dazu führte, dass die Schriftstellerin jedes Jahr ein neues Buch veröffentlichte.

Neben ihrer literarischen Tätigkeit begann Ulla Trenter sich ab Mitte der 70er Jahre auch politisch zu betätigen und trat der Zentrumspartei bei, wobei ihr in diesem Bezug insbesondere kirchliche und kulturelle Fragen wichtig war, was man auch an ihren Werken und ihren anderen Aktivitäten ab dieser Zeit feststellen kann.

Ulla Trenter beginnt in dieser Epoche ein völlig neues Leben zu führen, singt im Chor, organisiert, gemeinsam mit Kerstin Matz, Schreibkurse zum Verfassen von Kriminalromanen, geht mit dem Vortrag Bibeln i deckaren - deckaren i Bibeln (Die Bibel im Kriminalroman - der Kriminalroman in der Bibel) auf Schweden-Tournee und übersetzt Werke des britischen Autoren Peter Tremayne und des Italieners Gianrico Carofiglio.

Indem es Ulla Trenter gelingt ihren Werken ihren sehr persönlichen Stempel zu geben, der zudem im zeitnahen politischen und religiösen Trend liegt, wird die Schriftstellerin sehr bald mit heutigen Legenden des schwedischen Kriminalromans verglichen und ihre Bücher liegen neben jenen von Maria Lang und Jan Mårtenson und prägen damit maßgeblich den Krimi der 70er und 80er Jahre.

Ab den 90er Jahren nimmt die literarische Aktivität von Ulla Trenter rapide ab, denn 1991 erscheint noch ihr Kriminalroman Sköna juweler, der 1999 von der Novellensammlung Lustmord gefolgt wird, die auch Novellen von Inger Jalakas enthält und 2006 kommt das bisher letzte Werk der Schriftstellerin, der Kinderkrimi Varför dör grannarna?. In dieser Zeit engagiert sich Ulla Trenter immer mehr politisch in Mariefred und Strängnäs, sowie in gemeinnützigen Organisationen wie Rädda Barnen und Zonta.

Auch wenn Ulla Trenter neben Kriminalromanen mit Büchern wie Stieg Trenters mat, Lustmord oder Mariefred Staden Slottet Omgivningar versucht den Bann des Kriminalromans zu brechen, so ist ist ihre Stärke und ihr Erfolg der Krimi, dessen Aufbau sie meisterhaft beherrscht.

Der eigene Stil mit politischen und religiösen Einflüssen erklärt auch die Aussage Ulla Trenters, dass sie der Nachwelt ein Bild Schwedens der 70er bis 90er Jahre hinterlassen will, also eine Art Kulturgeschichte schreiben wollte. Inwieweit sie dies mit Kriminalromanen erreichen kann, ist ungewiss, auch wenn sie zu jenen Schriftstellern gehört, deren Werke , zumindest teilweise, immer wieder neu aufgelegt werden und daher nicht als simple Konsumkrimis betrachtet werden können.

Ulla Trenter ist Mitglied der Föreningen Kriminalförfattare i Stockholm und Mitglied der Svenska Deckarakademien.

Copyright: Herbert Kårlin

19 december 2012

Harry Blomberg und die religiöse Literatur des 20. Jahrhunderts

Harry Blomberg wurde am 19. Dezember 1893 als Sohn des Kaufmanns Lars Henrik Blomberg und dessen Frau Ottilia Carlsson in Strängnäs geboren und starb am 1. Februar 1950 in Borlänge. Im Jahre 1918 heiratete Blomberg Anna Hagström, die Tochter eines Fabrikanten.

Der Schriftsteller und Übersetzer Harry Blomberg besuchte von 1900 bis 1907 die Grundschule in Roslagen und Stockholm und arbeitete sich anschließend zum Typographen in Stockholm hoch. 1916 setzte er seine schulische Ausbildung in der Brunnsviks Folkhögskola in Ludvika fort, die stark mit der beginnenden freikirchlichen Arbeiterbewegung Schwedens in Verbindung gebracht wird, einer Schule, an der er, unter anderem, die Bekanntschaft mit Dan Andersson und Ragnar Jändel machte.


Da die Mutter von Harry Blomberg sehr früh starb, verbrachte Harry Blomberg den wichtigsten Teil seiner Kindheit und seiner Jugend bei einer Verwandten in Stockholm, wo er sich nie richtig wohl fühlte, jedoch eng mit der freireligiösen Bewegung Schwedens in Berührung kam, die ihn faszinierte. Als er daher 1916 die Volkshochschule in Ludvika besuchte, begegnete er der Freiheit in der Natur und wanderte durch Dalarna und durchstreifte das Lappland.

Als freikirchlicher Sozialist begann Harry Blomberg seine literarische Karriere im Jahre 1917 mit seinem ersten Gedichtband Fejd och famn, dem innerhalb der kommenden drei Jahren Sjöfolk och färdemän, Stora orons män, I revolutionstid und Kap Horn folgten. Als der vierte Lyrikband erschien, hatte Blomberg bereits ein Jahr lang für die Nya Norrland in Sollefteå gearbeitet und war eben erst Redakteur des Studiekamraten geworden, einer Volksbildungszeitschrift eines Studienzirkels des Bildungsverbands der Arbeiter.

Die Gedichte dieser ersten Jahre, wie auch die Romane Det glädjerika livet aus dem Jahre 1920 und Tiden och en människa, der ein Jahr später erschien, zeugen von einem extremen positiven Denken und hüllen die Freiheit in der Natur, das Leben des fahrenden Volkes und jenes der Seeleute in ein strahlendes Licht, zeugen aber gleichzeitig von der Verantwortung, die der Mensch gegenüber Gott und der Natur zeigen muss und sind geprägt von den Wanderungen und Erlebnissen des Dichters und Schriftstellers.

Ab den Werken, die Harry Blomberg in den 30er und 40er Jahren schreibt, spürt man deutlich, dass sich der Schriftsteller immer mehr den freireligiösen Strömungen des Landes unterordnet und das Freiheitsdenken einem christlichen Glauben Platz macht, der in geordneten Bahnen verläuft, auch wenn Blomberg weiterhin durch Schweden reist und noch drei Reisebeschreibungen veröffentlicht, wobei sein letztes Werk bezeichnenderweise im Jahre 1950 eine Landschaftsschilderung Dalarnas wird, der Landschaft, die er auch als erstes durchwandert hatte.

Auch wenn Harry Blomberg sein Leben lang der Arbeiterbewegung nahe stand, so legt er bei seinen rund 20 Werken, die er in den 30er und 40er Jahren veröffentlicht einen bedeutend größeren Wert auf die christliche Entwicklung und Bildung seiner Leser als vorher, unabhängig, ob es sich um Gedichte wie im Band Vi på jorden, einen Roman wie Paradisets port oder das Schauspiel Mikaels dag handelt, das in Helsingborg uraufgeführt und dort als eines der merkwürdigsten Theaterstücke betrachtet wurde, das dort je aufgeführt wurde. Blomberg zeigt sich bei diesen Werken als einer der bedeutendsten Befürworter der Oxfordgruppenbewegung, einer „urchristlich“ religiösen Erweckungsbewegung, die sich in den 30er Jahren in Schweden verbreitete und zur Gründung der Missionsgesellschaft Wallin (Wallinsamfundet) führte.


Eine besondere Rolle nimmt in diesem Rahmen das Buch Mannen som var kyrkorgel ein, das Harry Blomberg im Jahre 1945 schrieb und vom Wallinsamfundet veröffentlicht wurde, da diese Biografie über den Erzbischof und Dichter Johan Olof Wallin nur einen Teil der Persönlichkeit Wallins darstellt, da die Missionsgesellschaft und Blomberg dadurch eine klare Linie des konservativen Erweckungsbewegung untermauern wollten.

Neben seinen sehr zahlreichen Büchern, erschienen von Harry Blomberg auch sehr viele literarische Artikel in Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere in Ord och Bild. Zusätzlich übersetze der Schriftsteller mehrere Prosawerke des norwegischen Autors Knut Hamsun.

Copyright: Herbert Kårlin

18 december 2012

Hilma Borelius, Wissenschaft und Frauenrecht in der Literatur

Hilma Borelius wurde am 18. Dezember 1869 als die Tochter des Philosophieprofessors Johan Jacob Borelius und dessen Frau Hedvig Augusta Wilhelmina Lönbohm in Lund geboren und starb am 27. Januar 1932 ebenfalls in Lund.

Die Schriftstellerin und Literaturhistorikerin Hilma Borelius besuchte erst die Mädchenschule in Lund und bereitete sich anschließend über Privatunterricht auf die externe Reifeprüfung vor, die sie am 30. Mai 1891 ablegte. Anschließend studierte Borelius Philosophie an der Universität Lund, ein Studium, das 1902 zu einem Lizenziat führte und ihr am 31. Mai 1910 den Doktortitel einbrachte. Bereits während ihres Studiums unternahm Hilma Borelius auch mehrere Studienreisen, die sie nach Frankreich, England und Deutschland führten.


Trotz ihrer hohen Ausbildung konnte Hilma Borelius nach ihren Studienabschluss vorerst nur in einer normalen Mädchenschule unterrichten, da Frauen um diese Zeit als Dozenten in den Universitäten Schwedens nicht akzeptiert wurden. Erst 1910 gelang ihr dann der Zugang zur Universität Lund und sie begann dort moderne Literaturgeschichte zu unterrichten. Als Professor bekam sie jedoch auch Jahre später nur ein mehrmonatiges Vikariat und nie einen offiziellen Lehrstuhl. Das Problem war erneut, dass sie eine Frau war und bereits als Dozenten zur ersten Frau Schwedens wurde, die an einer Universität lehren durfte. Durch die mehrmonatige Professur war sie dann auch die erste Schwedin auf einem Lehrstuhl, auch wenn sie nur eine Vertretung war.

Die literarische Karriere von Hilma Borelius folgte mehreren Linien und begann mit Veröffentlichungen in der Zeitschrift Dagny, einer Veröffentlichung des Fredrika-Bremer-Verbands, die sich mit allen Aspekten der Frauenfragen, vom sozialen bis zum politischen Aspekt beschäftigte und im Jahre 1914 von der Zeitschrift Hertha ersetzt wurde. Borelius schrieb für beide Zeitschriften zahlreiche Artikel zum Recht der Frau, der Rolle der Frau in der Literatur und andere Themen zur Frauenbewegung dieser Epoche, wobei ihr auch religiöse Themen am Herzen lagen. Kaum einer dieser Artikel erschien je als Buch zumal die behandelten Themen zu dieser Zeit ein heißes Eisen in Schweden waren.

Einige der bedeutenderen Bücher zur Frauenbewegung veröffentlichte Hilma Borelius ab 1903. Ihr erstes Buch Varför är motståndet mot kvinnans politiska rösträtt oberättligt? war weniger ein Angriff auf die von Männern dominierte Gesellschaft, sondern behandelte die Frage auf mehr psychologische Weise und diskutierte die vorgeschobenen Argumente unter denen den Frauen Schwedens das Recht zur politischen Wahl verboten wurde.

Ab 1909 beginnt Hilma Borelius wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Werke zu schreiben, die in engem Zusammenhang mit dem Literaturgeschehens Schwedens stehen. Bekannt wurden jedoch, außer der Biographie über Hedvig Charlotta Nordenflycht, vor allem die Werke, die sie über männliche Schriftsteller verfasste, obwohl sie sich vor allem mit den Schriftstellerinnen jeder Zeit beschäftigte und damit deutlich machen wollte welchen Einfluss die Frau innerhalb der Literatur bereits ausübte. Selbst das Buch über Fredrika Bremer aus dem Jahre 1913 fand nur bei aufgeschlossenen Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts Zuspruch.

Das letzte Buch, das Hilma Borelius vor ihrem Tod durch Krebs veröffentlichte, wurde 1931 in Deutschland veröffentlicht und hatte den Titel „Die nordischen Literaturen“, ein Thema, das in Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts von großem Interesse war und von Borelius zum Teil in Schwedisch und zum Teil in Deutsch geschrieben wurde. Das relativ dünne Buch kann als Einführung in die damaligen Strömungen der nordischen Literatur gewertet werden, ist aber in keinem Fall als Literaturgeschichte zu betrachten, was auch nicht das Ziel der Autorin war.

Wenn man die Stärke der Werke von Hilma Borelius sucht, so liegt diese in ihrer Methode nach der Persönlichkeit ihrer handelnden Persönlichkeiten zu suchen, denn Borelius versuchte nie eine möglichste komplette Darstellung einer Person zu erreichen, sondern suchte nach dem psychologischen Punkt, der für die Entwicklung der Person am wichtigsten war um diese zu unterstreichen. Diese Art des Schreibens brachte ihr oft die Kritik der Oberflächlichkeit, da Schriftsteller und Literaturwissenschaftler jener Zeit mehr nach einer kompletten Darstellung suchten und die entscheidenden Momente einer Person nur als Nebensache betrachtet wurden. Durch diese psychologische Annäherung schuf Hilma Borelius eine sehr persönliche Art des Schreibens, die erst viel später auch von anderen Autoren des Landes übernommen wurden.


Copyright: Herbert Kårlin

17 december 2012

Axel Lundegård, der Gründer des dokumentarischen Romans

Axel Lundegård wurde am 17. Dezember 1861 als Sohn des Priesters Jöns Christian Evald Åkeson-Lundegård und dessen Frau Ida Bernardina Ingeborg Hallberg in Västra Sallerup in Skåne geboren und starb am 20. Dezember 1930 in Stockholm.

Der Schriftsteller wuchs in einem streng christlichen Elternhaus mit hohen moralischen Werten auf. Nachdem er am 6. Dezember 1879 die Hochschulreife abgelegt hatte, begann Axel Lundegård ein Studium in Lund, das er jedoch nie vollendete. Bereits 1983 zog er nach Stockholm wo er sich als freier Journalist und Schriftsteller durchzuschlagen versuchte und Kontakte mit der progressiven literarischen Bewegung Det unga Sverige schloss.


Bereits in seiner Jugend begann sich Axel Lundegård den traditionellen Werten und dem kirchlichen Einfluss, die seinem Vater wichtig waren, zu widersetzen, was sich später auch in nahezu allen seinen literarischen Werken ausdrückte, allerdings auch bedeutete, dass Lundegård bisweilen zu extremen Meinungen neigte, die keinen Kompromiss zuließen und ihm den Ruf eines Hitzkopfes einbrachten.

Die literarische Karriere von Axel Lundegård begann im Jahre 1885 mit seiner Novellensammlung I gryningen, der zwar in gewisser Weise revolutionär für die Denkweise der Zeit war, andererseits jedoch noch die Aufarbeitung seiner Jugend und der zerbrochenen Illusionen war und daher wenig von der literarischen Welt beachtet wurde.

Sehr bedeutend war für Axel Lundegård während seiner Zeit in Stockholm und anschließend in Kopenhagen die Freundschaft mit der elf Jahre älteren Victoria Benedictsson, der er dabei half in der literarischen Welt Fuß zu fassen und die er dem dänischen Literaturkritiker Georg Brandes vorstellte. Gemeinsam schrieben die beiden im Jahre 1885 das Schauspiel Final. Als Benedictsson nur drei Jahre später Selbstmord beging, erbte Lundegård ihre literarische Hinterlassenschaft, beendete ihren Roman Modern, ihr Theaterstück Den bergtagna und veröffentlichte auch ihre bis dahin unveröffentlichten Novellen.

Der Roman Röde prinsen, ett ungdomslif i stämningar aus dem Jahre 1889 gilt als der Schlüsselroman von Axel Lundegård, da dieses Werk nicht nur eine Art Zusammenfassung seines bisherigen Lebens und Denkens war, sondern gleichzeitig seine persönliche Idealmeinung ausdrückt, zu der er zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurückfinden will, weil ihm später die literarische moderne Entwicklung entgleitet.

Werke wie Titania, Prometheus, Stormfågeln oder auch Frau Hedvigs dagbok sind eine Auseinandersetzung Axel Lundegårds mit dem Gesellschaftssystem Ende des 19. Jahrhunderts und liegen an der Grenze zwischen Modernismus und Romantik des Bürgertums. Eine Ausnahme bildet in dieser Schaffensepoche lediglich der Roman La mouche. En roman från ett dödsläger von 1891, der erste dokumentarische Roman Schwedens, der die letzten Jahre Heinrich Heines mit seiner großen Liebe Camille Selden behandelt, da sich Lundegård hier zwar an Fakten hält, durch Phantasie jedoch Spannung erzeugen kann.

Einen Umbruch verzeichnet man bei Axel Lundegård ab 1896, als er in Göteborg die literarische Zeitschrift Vilden herausgab, die den Untertitel Veckoblad för intelligens och kultur trug, einer Zeit als sich der Schriftsteller auch mehr und mehr dem Gedankengut von Verner von Heidenstam und Oscar Levertin näherte, die er beide schon seit seiner Stockholmer Zeit kannte. Aber auch wenn seine folgenden Werke stark von den beiden Schriftstellern beeinflusst waren, so folgte er nicht in voller Linie deren Gedankengänge, denn je näher er Heidenstam kennenlernte, je mehr lehnte er den Persönlichkeitskult ab, den die schwedischen Schriftsteller der 90er Jahre pflegten.

In der gleichen Epoche wandte sich Axel Lundegård mehr und mehr von der Belletristik ab und wandte sich den historischen Romanen zu, die um diese Zeit der Zeitströmung entsprachen, allerdings auch nicht den politischen Ideen des Schriftstellers entsprachen, denn die historischen Romane sollten die Glanzzeit Schwedens in den Vordergrund rücken und Lundegård konnte mit seinem linken Gedankengut dieses Gefühl nur sehr unvollständig in seine Werke übertragen.

Dass sich Axel Lundegård in den 90er Jahren in einem rein professionellen Schriftsteller verwandelt hatte, zeigt sich am deutlichsten an seiner zweiten großen Romansuite in der er das Leben von drei Königen während der Nordischen Union beschreibt, die zwischen 1905 und 1911 erschienen. Die Romane über Margareta, Filippa und Cilla zeigen einen ausgereiften Stil und eine gute Grundlagenforschung, aber es fehlt die Persönlichkeit eines Lundegård, die im 19. Jahrhundert seine Stärke war. Der Schriftsteller wird bei diesen Werken mehr ein Berichterstatter dem die Persönlichkeit der Königinnen entgeht.

Copyright: Herbert Kårlin