25 oktober 2012

Marika Stiernstedt und die Abwendung von der Aristokratie

Marika Stiernstedt wurde am 12. Januar 1875 als Tochter des Freiherrn Leonard Wilhelm Stiernstedt und der polnischen Gräfin Marie Pauline Victoria Ciechanowiecka in Stockholm geboren und starb am 25. Oktober 1954 im Kurhotel in Tyringe, wo sie auch ihren letzen Roman Kring ett äktenskap schrieb, der ihre Ehe mit dem Schriftsteller Lubbe Nordström (Ludvig Nordström) beschreibt.

Die Schriftstellerin Marika Stiernstedt wuchs in einer beschützten aristokratischen Gesellschaft auf in der Frauen nur den Mann zu stützen hatten und die Ausbildung nur für Repräsentationszwecke diente, weshalb die Autorin auch sehr früh sehr gute Französischkenntnisse erlernen musste. Die Mutter erzog Marika in streng katholischem Glauben, was im damaligen Schweden relativ ungewöhnlich war. Da es in Schweden auch schwierig war ein Mädchen im katholischen Sinn zu erziehen, erfolgte ein Teil der Erziehung in einer französischen Klosterschule.

Foto: Dagens Nyhetershistoria, 1952

Das beschützte Milieu in dem Marika Stiernstedt aufwuchs konnte jedoch nicht verhindern, dass sie sich sehr früh für den sozialistischen Gedanken erwärmte, sich Gedanken über die Rechte der Frauen machte und die Frauen der Bürgerschicht bewunderte, denen eine Ausbildung dazu half etwas Sinnvolles zu leisten. Sie selbst versuchte sich daher durch Schriftstellerei auszudrücken und ihrem Leben damit einen Sinn zu geben.

Wie mehrere Schriftstellerinnen jener Zeit, so veröffentlichte auch Marika Stiernstedt ihren ersten Roman Sven Vingedal unter einem Pseudonym, nämlich unter dem Namen Mark Stern. Erst 1903 entschied sie sich ihren tatsächlichen Namen zu verwenden, was in der gehoben Schicht Schwedens allerdings nicht sehr positiv gesehen wurde.

Von 1900 bis 1906 war Marika Stiernstedt in erster Ehe mit dem Freiherrn und Abenteurer Carl Cederström verheiratet, eine Ehe, die auf Grund des Charakters Cederströms von vornherein zum Scheitern verurteilt war, aber Marika neue Impulse gab und ihr nach der Scheidung den Ruf einer befreiten Frau brachte, was sie auch war, aber während einer adeligen Ehe kaum als solches betrachtet wurde.

Die Romane, die Marika Stiernstedt ab 1905 schreibt und ihr auch den literarischen Durchbruch bringen, tragen die Botschaften der Frauenrechtlerin Ellen Keys, fordern die erotische Emanzipation der Frau, gehen aber auch gegen die Doppelmoral der Männer und die Dekadenz der Adelsschicht an, die sie dem Intellekt der Mittelklasse gegenüberstellt. Die bedeutendsten Romane zu diesem Thema wurden Landshöfdingens dotter, der im Jahre 2011 erschien und Alma Wittfogels rykte aus dem Jahre 1913.

Die Kraft dieser Werke kommt mit Sicherheit auch aus der zweiten Ehe, die Marika Stiernstedt 1909 mit dem Schriftsteller Ludvig Nordström eingegangen war und die 1936 erneut mit einer Scheidung endete. Ihr Mann war verlogen, Alkoholiker, untreu und verachtete ihre Werke, da eine Frau in seinen Augen keine literarische Leistung bringen konnte. Vermutlich waren es gerade diese Erfahrungen, die Marikas Büchern die außerordentliche Stärke gaben.

Das politische Engagement von Marika Stiernstedt entdeckt man am besten in ihrem Buch Armeniernas fruktansvärda läge aus dem Jahre 1917, da dieses Werk zeigt, dass Marika mit zu den ersten Personen in Europa gehörte, die im Zusammenhang mit dem Osmanischen Reich und den Armeniern von Völkermord spricht, eine Meinung, die sie mit dem schwedischen sozialdemokratischen Politiker Hjalmar Branting teilte. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte sich die Schriftstellerin auch als Kämpferin gegen das Nationalsozialistische System Hitlers und engagierte sich in Menschenrechtsorganisationen

Marika Stiernstedt veröffentlichte insgesamt 21 Romane, mehrere Novellensammlungen und einige autobiographische Werke, wobei ihre Romane nicht nur der Belletristik angehören, sondern, vor allem während der zweiten Hälfte ihres Schaffens auch aus zeitnahen politischen Werke besteht. In ihren Büchern ab den 40er Jahren kann man auch deutlich ihre Entwicklung von der Sozialistin zur Kommunistin sehen, denn während die Schriftstellerin anfangs mehr desillusionierende Frauenromane schreibt, entdeckt man immer mehr die Darstellung einer desillusionierten westlichen Gesellschaft.

Im Jahre 1917 erhielt Marika Stiernstedt den großen Preis des Samfundet De Nio in den sie ein Jahr später gewählt wurde. Von 1931 bis 1936 und zwischen 1940 und 1943 war die Schriftstellerin auch die Vorsitzende des schwedischen Schriftstellerverbands (Sveriges författarförbund).

Copyright: Herbert Kårlin

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