9 april 2013

Anna Maria Roos, vom Schulbuch zum Drama und zum Kinderbuch

Anna Maria Roos wurde am 9. April 1862 als Tochter des Generaldirektors Wilhelm Roos und dessen Frau Sophie Nordenfalk in Stockholm geboren und starb am 23. April 1938 in Bombay in Indien. Roos war nie verheiratet, spricht aber in ihren Briefen von einer unvergessenen Liebe aus dem Jahre 1885.

Über die Kindheit von Anna Maria Roos ist kaum etwas bekannt und selbst die Schilderungen, die man in ihrem Roman Marika aus dem Jahre 1901 findet, sind, nach ihren eigenen Briefen, untertrieben und treffen nicht die Realität. Roos lebte 43 Jahre lang mit ihrer Mutter, auch wenn das Verhältnis als extrem angespannt galt, eine Situation, die sie nie erklärte.


Ihre Basisausbildung erhielt Anna Maria Roos, wie üblich in diesen Kreisen, zu Hause. Erst 1874 besuchte die spätere Schriftstellerin dann die Åhlinska Skolan in Stockholm und bereits 1879, also im Alter von 15 Jahren besuchte sie anschließend das Lehrerseminar, da dies als die einzige für Frauen geeignete Ausbildung betrachtet wurde, obwohl Roos keinerlei Interesse daran hatte je Unterricht zu erteilen, sondern sich sehr früh für künstlerische Tätigkeiten und die Schriftstellerei interessierte.

Nach Abschluss ihrer Ausbildung begann Anna Maria Roos daher zu malen, zu komponieren und zu schreiben und bereits 1883 konnte man ihr Gedicht Svaloma in der zeitkritischen ironischen Zeitschrift Puck finden, ein Gedicht, das auch in ihrem Gedichtband Gryningen im Jahre 1894 aufgenommen wurde.

Noch im gleichen Jahr als Anna Maria Roos ihren ersten Gedichtband veröffentlichte, erschien auch ihr erstes Kinderbuch Lilla Elnas sagor, eine Mischung aus Gedichten für Kinder, Liedern, die sie selbst vertonte, Sagen und kurzen Erzählungen die durch ihre einfache, naive Sprache eine Neuerung im Bereich des Kinderbuchs waren, da es zur Unterhaltung geschrieben war und kein didaktisches Ziel hatte.

Bereits 1895 erscheinen zwei weitere Kinderbücher von Anna Maria Roos, die beide im Stil von Lilla Elnas sagor geschrieben waren und extrem positiv von den Kritikern bewertet wurden, die die Bücher der Autorin als das Edelste bezeichnen was man Kindern bieten kann. Ihr Buch Tysta djup übersetzte Roos selbst ins Französische, was ihr dabei half schon damals den französischen Markt mit zu erobern.

Den wahren Durchbruch brachten Anna Maria Roos dann jedoch keine Gedichtbände, keine Kinderbücher, keine Lieder und nicht ihre dramaturgischen Werke, sondern die beiden Lesebücher Sörgården und I Önnemo, die jahrelang in nahezu jeder Schule des Landes verwendet wurden und eine gesamte Generation an Schweden geprägt hat. Selbst als die Lesebücher in den Schulen ausgetauscht wurden, galten ihre Werke, auf dem gleichen Niveau wie Selma Lagerlöfs Nils Holgerssons underbara resa genom Sverige, Verner von Heidenstams Svenskarnas och deras hövdingar und Sven Hedins Från pol till pol, weiterhin als empfohlene unterrichtsbegleitende Literatur.

Eine Seite von Anna Maria Roos, die heute nahezu vergessen ist, ist ihre Rolle für das Kindertheater Schwedens, denn die Schriftstellerin verfasst in diesem Bereich nicht nur Sagen, Singspiele und Märchen,die in fernen Ländern spielen, sondern verarbeitet dabei auch sehr häufig die schwedische Geschichte, die damit den Kindern auf unterhaltsame Weise näher gebracht wurde. Auch hier überrascht die Autorin damit, dass sie keine lehrhaften Stücke schrieb, sondern die Unterhaltung mit Tatsachen in den Mittelpunkt setzte. Gerade in diesem Punkt unterscheidet sie sich sehr bedeutend von anderen Schriftstellern ihrer Zeit, insbesondere was Werke für Kinder betrifft.

Einer der Gründe, warum Anna Maria Roos nicht den gleichen Ruf errungen hat wie Selma Lagerlöf, lag an ihrer kritischen Haltung zur Staatsreligion des Landes. Insbesondere ihr Werk Fariseism i våra dagar aus dem Jahre 1902 zeigt sich als Problembuch, das die Diskussion in Schweden anregte, denn Roos kritisierte die Religionsbücher dieser Zeit, die bei Kindern die Angst vor der Hölle stützten, aber sie fordert auch weibliche Prediger und Priester, was zur Jahrhundertwende geradezu als Ketzerei betrachtet wurde.

Die letzten zehn Jahre ihres Lebens verbrachte Anna Maria Roos außerhalb Schwedens, da man ihr das Heilen durch Handauflegen, neben jeder anderen alternativen Heilmethode, verboten hatte und auch ihre Gesundheit wegen dem schwedischen Klima sehr angeschlagen war. Roos verbrachte diese Jahre in Italien, Spanien, Deutschland, den USA, Ägypten und Palästina, bevor sie mit Indien ihre letzte Lebensstation erreicht hatte.

Vieles im Leben von Anna Maria Roos sind Widersprüche, die man nicht erklären kann, denn sie verweigerte Unterricht zu geben, schrieb aber modernste Lehrbücher, sie stand für die Unabhängigkeit der Frau und lebte bis zu ihrem 43. Jahr mit ihrer Mutter, sie hatte keine Kinder, aber traf die Seele der Kinder besser als alle Autoren, die Kinder hatten. Roos liebte Schweden und seine Geschichte, aber die Unruhe führte sie immer wieder in die Ferne und sie gab das Land vor allem deswegen auf, weil man ihr eine Heilmethode nahm an die sie glaubte. Da Roos auch in keinem literarischen Kreis verkehrte, ist es ausschließlich ihren Werken zu verdanken, dass sie Bestandteil der schwedischen Literaturgeschichte ist.

Copyright: Herbert Kårlin

Vetenskapsfestivalen Göteborg 2013

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