7 april 2013

Sten Selander, vom Poeten zum Naturschützer Schwedens

Sten Selander wurde am 1. Juli 1891 als Sohn des Regimentsarztes Nils Edvard Selander und dessen Frau Gerda Klara Sofia Nelson in Stockholm geboren und starb am 8. April 1957 im Alter von 65 Jahren ebenfalls in der schwedischen Hauptstadt. Selander war ab 1917 mit Dagmar Elisabeth Westberg verheiratet.

Über die Kindheit und die Jugend von Sten Selander ist relativ wenig bekannt, da er in der konservativ, bürgerlichen und reicheren Schicht Stockholms aufwuchs, was sich auch während seiner Studienzeit an der Universität in Uppsala, wo er Naturwissenschaften studierte, und in seinen ersten lyrischen Werken sehr deutlich zeigte, da er um diese Zeit in extrem rechten Kreisen verkehrte und seine Gedichte vom Gedankengut des 19. Jahrhunderts inspiriert war.


Seine literarische Laufbahn begann Sten Selander im Jahre 1916 mit seiner Gedichtsammlung Vers och visor, der noch zwei weitere Lyrikbände folgen sollten bevor er 1918 literarischer Berater des Dahlbergs Verlag wurde. Mit seinen Gedichten reihte sich Selander in die Poeten der 90er Jahre ein, denn er wehrte sich gegen jede Fortentwicklung der damals modernen Poesie und sah die Kunst des Schreibens in der Vergangenheit, die von modernen Strömungen zerstört wurde.

Gerade diese konservative Einstellung führte auch dazu, dass Sten Selander 1923 literarischer Berater bei Bonniers wurde und ab 1928 als Theater- und Literaturkritiker beim Stockholms Dagbladet wurde, einer Zeit, in der er von allen modernen Autoren als Feind des Fortschritts betrachtet wurde. Auch seine Leistung als Literat wurde wegen der fehlenden Personalität des Schriftstellers noch stark kritisiert.

Gegen die 30er Jahre entdeckt man dann jedoch eine Wendung im Schaffen von Sten Selander, die sich am deutlichsten dadurch ausdrückt, dass er zur Stockholmausstellung im Jahre 1930 eine Kantate zur Eröffnungszeremonie schrieb, die zeigt, dass sich der Schriftsteller nun für die moderne Entwicklung der Stadt und der Technik entschieden hat und selbst die Wissenschaft mit der Natur in Einklang bringt. Auch durch den Erfolg seines Buches Staden och andra dikter, das Selander vier Jahre vor der Ausstellung veröffentlicht hatte, wird der Lyriker nun eine der einflussreichsten und bedeutendsten Personen des kulturellen Lebens Stockholms.

Da Sten Selander nun auch Abstand vom Faschismus und den nationalistischen Gedanken nimmt, arbeitet er ab den 30er Jahren als maßgeblicher Literaturkritiker bei den Dagens Nyheter und wechselt 1936 zum Svenska Dagsbladet.

Die Lyrik von Sten Selander nimmt ab den 30er Jahren auch immer deutlicher politische Züge an, die in jener Zeit als konservativ betrachtet wurde, aber von heutiger Warte aus der Zeit weit voraus war, denn Selander warnt in seinen Werken vor der Mechanisierung der Welt, der Zerstörung der Natur und der Arbeitslosigkeit, die eine immer höhere Mechanisierung der Welt verursacht und dem Menschen die Persönlichkeit nimmt, da nicht mehr die Natur im Zentrum steht, sondern der Konsum. Selander warnt auch davor sich heute auf Kosten der zukünftigen Generationen zu bereichern.

Diese Wendung in seiner literarischen Arbeit und seinem Denken brachte ihm nun auch Feinde innerhalb der politischen Schicht Schwedens, da um diese Zeit das sogenannte „schwedische Modell“ entstand, das darauf aufbaute, dass nur technischer und wissenschaftlicher Fortschritt allgemeinen Wohlstand schaffen kann. Für Sten Selander bedeute dies jedoch die natürlichen Ressourcen zu zerstören und die Zukunft durch kurzsichtiges Denken zu zerstören. Innerhalb dieser Debatte wandte sich Selander auch immer mehr der Naturwissenschaft zu und engagierte sich im Naturschutz Schwedens.

Vor allem in den 40er Jahren erscheinen dann immer mehr Werke zur Natur von Sten Selander, oft in Form von Essays. Den gröna jorden aus dem Jahre 1941 und Mark och rymd, ein Werk, das 1959 erschien, sind hier sehr deutliche Zeichen eines Naturwissenschaftlers, der eine immer weniger romantische Einstellung zur Natur zeigt.

Bereits ab Ende der 30er Jahre hatte sich Sten Selander auch der modernen Lyrik geöffnet und durch seine positiven Kritiken Schriftstellern wie Harry Martinson oder Artur Lundkvist die Wege geöffnet. Allerdings ging seine Öffnung nicht soweit, dass er jede Strömung als positiv sah, was natürlich zu weiteren bedeutenden Konflikten führte, insbesondere nachdem er die frühe Poesie von Gunnar Ekelöf als unverständlich bezeichnet hatte und dies erst nachträglich revidierte.

Als Sten Selander dann 1946 die Gedichtsammlung Mannen utan väg von Erik Lindegren erneut als unverständlich bezeichnete, brach eine der bedeutendsten Diskussionen zur modernen Lyrik Schwedens aus, die dazu führte, dass Selander erneut als konservativer Literat und Kulturkritiker abgestempelt wurde, der sich gegen jede moderne Bewegung wehrt. Immer mehr Kulturarbeiter begannen sich nach diesem Streit gegen Selander zu stellen.

Sten Selander wurde von dieser Reaktion überrascht und er verließ die rein schöngeistige literarische Welt. Im Jahre 1950 disputierte er mit einer Abhandlung zur Flora Lapplands und wurde Dozent in Botanik an der Universität Uppsala. Erstaunlicherweise erschien dann 1955 mit Det levande landskapet i Sverige das bedeutendste Buch Selanders in dem er wissenschaftliche Erkenntnisse und Literatur mischt ohne jedoch ein Lehrbuch zu schreiben, sondern ein hochliterarisches Sachbuch zur Natur Schwedens.

Sten Selander wurde 1953 in die Svenska Akademien gewählt und nahm dort, nach Sven Hedin, auf dem Stuhl Nummer 6 Platz. Über sein literarisches Schaffen wird im literaturwissenschaftlichen Rahmen noch heute diskutiert, da Literaturwissenschaftler seine Entwicklung nicht unter den gleichen Voraussetzungen betrachten.

Copyright: Herbert Kårlin

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