28 april 2013

Mathilda Roos und der Kampf für die Freiheit der Frau

Mathilda Roos wurde am 2. August 1852 als Tochter des Oberst Malte Leopold Roos und dessen Frau Mathilda (Thilda) Beata Meurk in Stockholm geboren und starb am 17. Juli 1908 in Stocksund. Roos war nie verheiratet.

Nach eigenen Erzählungen wuchs Mathilda Roos in einem glücklichen bürgerlichen Heim auf in dem Bildung eine wichtige Rolle einnahm. Die Eltern zeigten sich in Fragen der Kindererziehung als liberal, was in jener Zeit eine bedeutende Rolle spielte, da in den gehobenen Kreisen auch die ersten Jahre der schulischen Erziehung zu Hause stattfanden. Erst zwischen 1867 und 1869 besuchte Roos die private Mädchenschule Åhlinska skolan in Stockholm.

Mathilda Roos, Vit Ljung, Albert Bonniers Förlag

Nach ihrem Schulabschluss hatte Mathilda Roos, wie jede Frau der gehobenen Schicht, im Grunde nur noch die Aufgabe das gesellschaftliche Leben zu pflegen und auf einen Ehemann aus ebenfalls gutem Hause zu warten. Sehr bald war Roos dieser Müßiggang jedoch nahezu lästig und sie begann sich, gemeinsam mit ihrer Schwester Anna, weiterzubilden, Kleider zu nähen und öffnete selbst eine Nähschule für arme Kinder. Roos fand auch einen zukünftigen Ehemann, Gotthard Dahlerus, zumindest kam es bis zur Verlobung, diese wurde jedoch zu Beginn der 80er Jahre aufgehoben, da der Zukünftige vermutlich mit dem Freiheitsstreben der modernen Frau jener Zeit überfordert war.

In den Jahren des Müßiggang hatte Mathilda Roos auch begann zu schreiben, aber glücklicherweise blieben die ersten der Novellen nur in der Schublade liegen und nur die besten unter ihnen wurden im Svenska familje-journalen veröffentlicht. Aber diese Beschäftigung führte immerhin dazu, dass sich Roos mit ihrem Stil beschäftigte und an sich arbeitete.

Bereits 1881 erschien dann der erste Roman von Mathilda Roos, wobei Marianne unmittelbar ein Erfolg wurde, da die Schriftstellerin hier im Stile von August Strindbergs Röda Rummet einen realistischen Roman vorlegte, der mehr an die Literatur Dänemarks und Frankreichs denken ließ als an die schwedische Literatur dieser Epoche. Auf Grund des Erfolgs von Marianne veröffentlichte das Stockholms Dagbladet dann ihren kommenden Roman Höststormar als Feuilleton und Roos wurde in einem Zug mit Max Nordau, Eduard von Hartmann und Jens Peter Jacobsen genannt.

Das Werk Höststormar, das vermutlich auch einer der Gründe war, dass ihr „Zukünftiger“ die Verlobung auflöste, sollte der letzte Roman von Mathilda Roos werden, der unter die Gruppe des realistischen Romans fiel, denn sie entblößte hier mit einer satirischen Klarheit das Stockholmer Gesellschaftsleben, inklusive ihrem erotischen Verhalten, so dass die Schriftstellerin nahezu zu einer Person non grata in der gehobenen Schicht der Hauptstadt wurde nicht zuletzt auch deswegen, weil sie als Frau nach der geltenden Gesellschaftsnorm über diese Dinge zu schweigen hatte. Der Erfolg des Feuilletons war auch, dass Roos den Roman überarbeiten musste und er erst 1887 in revidierter Form erschien.

Die beißende Kritik an Höststormar, der Tod ihres Vaters im Jahre 1882 und die damit zusammenhängenden finanziellen Probleme, die zerbrochene Verlobung und ein beginnendes schmerzhaftes Nervenleiden führten dazu, dass Mathilda Roos davon überzeugt wurde, dass die die Religion und der Glaube die Zukunft weisen müssen. Diese Überzeugung spürt man auch in allen zukünftigen Werken der Schriftstellerin, denn sie geht von einer satirischen Kritik auf ein Gefühl der Mitmenschlichkeit über.

All diese Probleme bremsten jedoch nicht die literarische Leistung von Mathilda Roos, denn sie schrieb nun einen Roman nach dem anderen und wurde Mitglied in zahlreichen literarischen und gesellschaftskritischen Vereinen, unter anderem dem Fredrika Bremer Verband, den Gesellschaften Nya Idun und Heimdal und mehreren Künstlergilden Stockholms, auch wenn die Schriftstellerei nach wie vor ihre Hauptbeschäftigung blieb.

Als Mathilda Roos ihre literarische Richtung ändert und von der Sensation zur Gesellschaftskritik wechselt, wenden sich die Kritiker von ihr ab und stufen sie als Autorin ein, die auf Grund ihres Glaubens moralisierend wird, was jedoch mehr darauf hinzuführen ist, dass sie enttäuscht davon sind keine Skandale mehr geboten zu bekommen und die Bücher der Autorin nicht mehr lesen, denn die literarische Kursänderung führt zu einigen der bedeutendsten Werke der Schriftstellerin und beweisen eine Gesellschaftskritik und eine Weitsicht, die um diese Zeit selten war, auch wenn ihre christliche Anschauung eine gewisse Rolle für die Handlungen spielt.

Als deutliche Beispiel kann man hier die Werke Hårdt mot Hårdt sehen, ein Angriff auf die Doppelmoral der Zeit mit den sexuellen Belästigungen, die Frauen im Arbeitsleben akzeptieren müssen, Hvit ljung, in dem Mathilda Roos die harte Situation der Lehreren Ende des 19. Jahrhunderts beschreibt, Familj Verle, wo die Töchter gegen die Diktatur der väterlichen Macht revoltieren oder Den första kärleken in der sie die lesbische Liebe verteidigt, ein Buch, das später ein Standardwerk der Frauenbewegung wurde.

Mathilda Roos mischte sich mit einigen längeren Artikeln auch in die Debatte um Ellen Key ein in denen sie der Schriftstellerin ihre Einstellung zur geschlechtsspezifischen Trennung von Mann und Frau vorwarf, die die Frau in ein System steckt in dem sie nur Verliererin sein kann, da die Frau dabei ihrer Freiheit und freien Entscheidung beraubt wird, da sie das Zentrum der Familie sein muss und, nach der Theorie von Keys, für die Erziehung und den Haushalt verantwortlich zeichnen muss und der Mann im Beruf steht.

Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte Mathilda Roos in ihrem Haus Furuliden in Stocksund, das sie, gemeinsam mit ihrer Schwester Anna und der Jugendfreundin Laura Fitinghoff, erbauen lassen hatte und nach ihrem Tod ein Heim für bedürftige Frauen wurde. Als sie bereits im Sterben lag, traf sie auch ihren ehemaligen Verlobten Gotthard Dahlerus wieder, der Tag für Tag an ihrem Totenbett saß.

Copyright: Herbert Kårlin

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